Wengertermännle in Esslinger Warum der flotte Winzer aufgehübscht wurde

Das Wengertermännle an der Rüderner Straße in Esslingen ist wieder da. Foto: Roberto Bulgrin

Das Wengertemännle ist heimgekommen. Die Holzfigur hatte auf der Neckarhalde in Esslingen lange als nostalgischer Wegweiser gedient. Doch der Zahn der Zeit hatte auch an der Skulptur genagt. Sie musste restauriert werden.

Seine Kleider sind nun wieder genauso fesch wie sein flotter Schnauzbart. Das Wengertermännle hat ein neues, aufgehübschtes Outfit erhalten und wurde auch sonst auf Vordermann gebracht. Die Holzfigur, die einen Winzer im Festtagsgewand darstellt, hatte jahrzehntelang ihren Dienst als nostalgischer Wegweiser auf der Neckarhalde in Esslingen versehen. Dann hatten ihr Wind, Wetter, Regen, Schnee, Frost und schlechte Witterung so stark zugesetzt, dass eine Rundumerneuerung dringend notwendig geworden war. Nach einer Restaurierung wurde der schmucke Bursche nun wieder auf seinem Stammplatz an der Rüderner Straße angebracht.

 

Edwin Niessner blutete das Herz. Als Fußgänger, als Radfahrer, als Esslinger sei er regelmäßig an der Figur vorbeigekommen, berichtet der 83-Jährige. Und jedes Mal fiel ihm bei Sichtkontakt auf, wie verwahrlost der ursprünglich so aparte Holzwengerter aussah. Holz blätterte ab, die Farben verblassten, in den Ritzen nistete sich Moos ein, die Tragestele war gespalten. Dabei war das Weinbergmännle für Edwin Niessner ein kleines Stück Esslingen. Gegen Ende der 1930er Jahre noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde das erste Männchen seinen Informationen zu Folge von dem Esslinger Albert Scherrieble geschnitzt und an der Wegkreuzung in der Rüderner Straße angebracht.

Männle wurde gestohlen

Denn viele Bewohner der Heimstätte, wie die Neckarhalde früher geheißen habe, hätten sich von hier aus auf den Weg zu ihren Arbeitsplätzen gemacht. Zwei Wegweiser an der Stele unterhalb der Holzfigur zeigten ihnen und auch Arbeitern aus der weiteren Umgebung die richtige Richtung nach Esslingen und hin zum Stadtteil Mettingen: „Es ging 500 Meter die Stichstraße hinunter und anschließend rund 300 Stäffele runter nach Mettingen zum Hauptarbeitgeber – dem Automobilhersteller Daimler Benz“, weiß Edwin Niessner. In den 1950er Jahren jedoch war die Holzfigur plötzlich verschwunden: „Vermutlich war sie gestohlen worden“. Engagierte Esslinger haben damals für Ersatz gesorgt. Der Lehrer Eberhard Bitzer schnitzte eine zweite Figur und brachte sie wieder am gewohnten Platz an. 2003 wurde das zweite Männle letztmals restauriert.

Nach mehr als 20 Jahren ununterbrochener Open-air-Tätigkeit hatte sein Erscheinungsbild gelitten. Edwin Niessner konnte den Anblick nicht mehr ertragen und tätigte darum im Herbst letzten Jahres einen Anruf beim städtischen Tiefbauamt. Leiter Uwe Heinemann sagte ihm Unterstützung und 1500 Euro für eine Aufhübschung der Figur zu. Zusammen mit anderen engagierten Bürgern machte sich Edwin Niessner an die Mission „Das Wengertermännle soll wieder schön werden“. Fast 4000 Euro kamen an Spenden zusammen, freut sich der rüstige Senior. Restauratoren, Handwerksbetriebe und Mitbürger machten sich um das Männchen verdient.

Ein Winzer mit viel Weiß

Die Skulptur erstrahlt nun in neuem Glanz, und Mitarbeiter der Stadt Esslingen konnten sie am Freitagmorgen wieder auf ihren Stammplatz stellen. Die blütenweiße Schürze allerdings scheint für die harte Knochenarbeit im Weinberg nicht ganz optimal zu sein. Doch für die Farbauswahl weiß Edwin Niessner einen guten Grund: Normalerweise trugen die Winzer blaue Schürzen, sagt er. Doch an Fest-, Sonn- und Feiertagen putzten sie sich mit einer weißen Schürze besonders heraus. Daher hat auch das Wengertermännle einen solchen Schmuck erhalten. Seine Gesichtszüge sind ebenfalls nicht willkürlich gewählt. Sie sollen an den Weinbauern Zweigle erinnern. Doch egal, ob gut getroffen oder nicht, der flotte Winzer ist nun wieder da.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Esslingen Winzer Wengerter Mettingen