Diese Kurve macht Hoffnung: In Deutschland sterben gerade weniger Menschen an und mit dem Coronavirus. Machen sich bereits die Impfungen bemerkbar?

Berlin - Zugegeben, im internationalen Vergleich gehört Deutschland nicht zu den Musterschülern, was das Impfen gegen Corona angeht. Israel, Großbritannien und die USA sind uns weit voraus. Doch auch hierzulande geht es voran, vor allem bei den besonders gefährdeten Senioren. Von den Pflegeheim-Bewohnern haben bereits rund zwei Drittel die 2. Dosis erhalten. Bezogen auf alle Menschen in Deutschland sind zwar erst einige Prozent geimpft, die hohen Raten bei den Senioren könnten aber schon Wirkung zeigen - nicht nur bei der Zahl der Todesfälle.

 

So fällt auf, dass die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete 7-Tage-Inzidenz bei den Menschen ab 80 Jahren mittlerweile deutlich niedriger ist als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Trotz stagnierender oder sogar steigender Fallzahlen in der Gesamtbevölkerung steckten sich unter den Hochbetagten zuletzt immer weniger nachweislich mit dem Virus an. RKI-Präsident Lothar Wieler wertete diese Entwicklung kürzlich als wahrscheinliche Folge des Impfens.

Weniger Patienten auf der Intensivstation

Eine weitere prägnante Entwicklung gibt es bei den Schwerkranken und Toten. Auf den Intensivstationen sank die Zahl der Covid-19-Patienten in den vergangenen zwei Monaten deutlich: Hier werden aktuell 2865 von ihnen behandelt (Stand 8.3.) - Höchststand waren rund 5700 Anfang Januar 2021. Allerdings ist die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten nach langem Sinken gerade an zwei aufeinander folgenden Tagen gestiegen. Die Corona-Todeszahlen gehen weiter zurück. So meldeten die Behörden in den Bundesländern 34 Todesfälle binnen 24 Stunden, wie aus den RKI-Zahlen von Montag hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit 1. November (29 Fälle), wobei die Montagswerte generell niedriger sind als an anderen Wochentagen.

Mittlerweile sehe man den Effekt der Impfungen, ist Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, überzeugt. Er verweist auf die sinkenden Fallzahlen bei den über 80-Jährigen und die hohen Impfraten in Pflegeheimen. Senioren in Gemeinschaftsunterkünften gelten als besonders gefährdet für schwere und tödliche Verläufe.

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Auch Uwe Janssens, Präsidiumsmitglied der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), glaubt, dass die Impfungen Wirkung zeigen - allerdings nicht so deutlich, wie die aktuell niedrigen Todeszahlen suggerieren könnten. „Wir sind bei den Impfungen - vorsichtig gesagt - relativ weit hinten“, sagt Janssens. Da Deutschland erst vor etwa zwei Monaten mit dem Impfen begonnen habe und die Zahl der verimpften Dosen erst jüngst deutlich stieg, könne die Auswirkung auf die Todeszahlen noch nicht so stark sein. Tatsächlich sind auch viele Hochbetagte noch gar nicht geimpft. Bei Menschen ab 80 Jahren haben erst etwas mehr als ein Drittel eine erste Impfdosis bekommen.

Der niedrige Wert bei den Corona-Toten ist laut Janssens eher auf den Lockdown und die dadurch über Wochen gesunkenen Infektionszahlen zurückzuführen. Wichtig zu wissen hierbei: Die Zahl der Toten hinkt der Entwicklung bei den Fallzahlen stets erheblich hinterher. Das RKI zitiert Forschungsergebnisse, denen zufolge zwischen Symptombeginn und Tod mehr oder weniger zwei Wochen vergehen. Die Zahl der Neuinfektionen hatte Anfang 2021 über mehrere Wochen abgenommen und Mitte Februar die tiefsten Werte erreicht. Es war also zu erwarten, dass auch die Todeszahlen fallen.

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Auch wenn die Corona-Todeszahlen derzeit vergleichsweise niedrig sind: Die Zahl gemeldeter Neu-Ansteckungen stagnierte zuletzt und scheint nun wieder merklich zu steigen, was auch an der zunehmenden Verbreitung der ansteckenderen britischen Variante liegen dürfte. Watzl geht davon aus, dass die Fallzahlen bis zum Sommer weiter nach oben gehen: „Wir werden uns aus dieser Welle nicht rausimpfen können.“ Wichtig sei aber, nicht nur auf die Inzidenz zu schauen. „Wir machen keinen Lockdown, weil die Inzidenz hoch ist, sondern weil die Leute sterben und das Gesundheitssystem überlastet ist“, erklärt Watzl. Auf Sicht werde das mit dem Impfen unter Kontrolle zu bekommen sein.