Viola Eigenbrodt kann sich noch gut erinnern: Der Tag, an dem das Haus in Perouse abbrannte, in dem sie mit ihrem Ehemann Werner Nakelski lebte, war ein eisiger. Im Keller des rund 300 Jahre alten Hauses im Perouser Ortskern hatte es einen zusätzlichen Ofen gegeben, den ihr Mann wegen der tiefen Temperaturen angefeuert hatte. Komisch roch es, fand die 64-Jährige damals, dachte dann aber, dass der Geruch von eben jenem Ofen stammen musste. Bis ihr Mann rief: Renn raus, die Küche brennt. „Ich habe dann nach ihm gerufen und ihn nicht mehr gehört“, erinnert sich Eigenbrodt. „Da sind die Flammen schon runtergeschlagen.“ Ein furchtbarer Moment, erzählt sie heute.
Fast vier Jahre ist das her. Passiert ist dem Ehepaar, von einer Rauchvergiftung abgesehen, damals nichts – Werner Nakelski konnte sich von der brennenden Küche auf den Balkon flüchten, goss einen Eimer eiskaltes Wasser über sich. „Die Hitze war enorm“, erinnert er sich. Die Feuerwehr konnte ihn schnell retten. Für das historische Haus, in dem Nakelski elf Jahre, davon eines mit seiner Frau, gelebt hatte, war es zu spät. Der Giebel stand offen, das obere Stockwerk brannte komplett aus, die Wassermassen der stundenlangen Löscharbeiten taten ihr Übriges. „Eine Katastrophe“, sagt das Ehepaar heute. „Das Haus war Heimat“, ergänzt Nakelski.
Andenken, Dokumente und Fotos sind verbrannt
Und es beherbergte auch so einige persönliche Wertgegenstände, die den Flammen zum Opfer fielen. „Das erste was ich dachte, war: Mein Computer!“, erinnert sich Viola Eigenbrodt. Die Buchautorin hatte am Vortag das letzte Wort ihrer neusten Geschichte getippt, und keine Datensicherung gemacht. Der Rechner blieb unversehrt, eine „große Erleichterung“, wie ihr Mann sagt. Den Flammen zum Opfer fielen aber etwa die Kinderzeichnungen ihres inzwischen erwachsenen Sohnes. Nakelski, der bekennender Tüftler ist, verlor durch das Feuer etwa jahrelange angesammeltes Werkzeug, Teile von drei verschiedenen VW-Käfern, Antiquitäten, das Sparbuch, die Fahrzeugpapiere und andere wichtige Dokumente. Durch das viele Löschwasser war damals auch die Garage eingebrochen. „Da war meine ganze Vergangenheit drin“, sagt Nakelski.
Inzwischen leben die beiden in einer Wohnung in Leonberg. Ein Schnäppchen, sagt Viola Eigenbrodt, zum Großteil finanziert mit der Zahlung der Versicherung. Die hätte einer Entschädigung stattgegeben, nachdem klar geworden sei, dass ein Kurzschluss am Herd und keine Selbstverschuldung die Brandursache war, sagt Viola Eigenbrodt. Glück im Unglück, so ihr Mann, sei auch gewesen, dass das Haus bereits abbezahlt war. Über den Schicksalsschlag zu reden, geht den beiden trotzdem noch nah, trotz der vier Jahre, die inzwischen verstrichen sind. Und dieser Tage erinnert sie auch ein Blick in den Fernseher an den Brand ihres Hauses, wenn dort Bilder von den verheerenden Bränden in Los Angeles gezeigt werden.
Am stärksten war die Existenzangst
Dabei werden weniger Erinnerungen an den Brand an sich wach, berichtet Werner Nakelski, sondern vielmehr an alles, was danach kam. „Die Ängste“, sagt der 64-Jährige. „Was passiert jetzt, wie schaut die Zukunft aus? Das waren sehr unsichere Monate.“ Seine Frau ergänzt: „Die stärkste Emotion war bei uns die Existenzangst.“ Wie es den Menschen in Los Angeles geht, könne sie deshalb nachvollziehen. Glimpflich davongekommen sind die beiden nicht nur wegen einer enorm großen Nachbarschaftshilfe, sondern auch wegen der Versicherung. Das Glück haben in Los Angeles nicht alle. „Das Sozialsystem in den USA ist alles andere als gut“, so Nakelski. „Und an politischer Unterstützung fehlt es auch.“
Als zynisch beschreibt Viola Eigenbrodt die aktuelle Debatte, besonders rund um die Berichterstattung über Prominente, die ihr Haus in den kalifornischen Bränden verloren haben. Andenken, Erinnerungsstücke, Dokumente, eben Dinge mit emotionalem Wert sind auch in diesen Häusern verbrannt. „Auch, wenn man sich das alles neu kaufen kann“, sagt sie. Die beiden sind sich einig: „Wünschen würden wir das niemandem.“