Wenn die Besitzer krank sind oder eine Haftstrafe verbüßen müssen, bleibt für das Haustier oft nur der Aufenthalt im Tierheim. Manchmal muss jedoch das Amt für öffentliche Ordnung ein Machtwort sprechen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Jackie kann wieder hoffen. Die betagte Yorkshireterrier-Dame war ein Dreivierteljahr im Stuttgarter Tierheim, weil ihre Besitzerin krank war. Damit ist sie nicht alleine: Wenn Herrchen oder Frauchen verunglücken, überraschend ins Krankenhaus oder vielleicht eine Haftstrafe absitzen müssen, gibt es für das Haustier oft keine andere Lösung als den Aufenthalt im Tierheim. Häufig findet sich niemand aus der Verwandtschaft oder dem Bekanntenkreis als geeignete Pflegestelle.

 

Mehrere Operationen im Tierheim

So war es auch bei Jackie. Ihre ebenfalls betagte Besitzerin konnte sich aus gesundheitlichen Gründen schon lange nicht mehr adäquat um den Hund kümmern. Auch finanziell war es eng. Deshalb ging sie erst gar nicht mehr zum Tierarzt, denn die Kosten konnte sie nicht stemmen. „Wir mussten mehrere Operationen an dem Hund machen“, berichtet Tierheimleiterin Marion Wünn. Das Gesäuge war entzündet und die Zähne völlig marode. Beide Behandlungen sowie die Kosten des Aufenthalts hat das Tierheim der Besitzerin in Rechnung gestellt. Eine vierstellige Summe kam so zusammen.

Aber nach ihrem Krankenhausaufenthalt und der Reha war klar, dass die Frau sich nun gar nicht mehr um einen Hund – sei er noch so klein – wird kümmern können. „Weder gesundheitlich noch mental war sie dazu noch in der Lage“, sagt Marion Wünn. Aber sie wollte ihr Tier dennoch nicht zur Vermittlung freigeben. Das hätte bedeutet, dass Jackie den Rest ihres Lebens im Tierheim hätte verbringen müssen und dieses seinerseits womöglich lange auf den Kosten sitzengeblieben wäre. Dabei braucht der Verein jeden Cent und ist auf Spenden angewiesen.

„Falls der Eigentümer die Kosten für das Tierheim nicht bezahlen kann, besteht bei der Stadtkämmerei die Möglichkeit, Ratenzahlung zu vereinbaren“, besagt eine städtische Verordnung. Aber diese geht von ganz anderen Zeiträumen bei solchen Notfällen aus: Je nach Situation könne das Tier bis zu 14 Tage oder natürlich auch länger – je nach Einzelfall – im Tierheim verbleiben.

Egoismus verhindert die Vermittlung

Im Fall von Jackie sprach das Amt für öffentliche Ordnung vergleichsweise rasch ein Machtwort zum Wohle des Tieres: Es gab im April den Yorkshire-Terrier zur Vermittlung frei. „Wir haben im Jahr etwa 300 solcher Verwahrtiere“, berichtet die Tierheimleiterin, „oft sind sie über Jahre hier.“ Das Amt prüft jeweils, ob der Halter oder die Halterin in der Lage ist, das Tier wieder zu sich zu nehmen. Die Verhandlungen ziehen sich manchmal über Jahre hin – wegen des Egoismus mancher Eigentümer, die ihr Tier nicht hergeben wollen, es aber auch nicht mehr versorgen können oder wollen. „Oft muss der Richter entscheiden“, weiß Marion Wünn. „Bevor aber ein Tier weggenommen wird, muss viel passiert sein.“ Mancher Halter macht unrealistische Versprechungen und bekommt das Tier zurück, aber nach kurzer Zeit landet es wieder im Tierheim.

Im Falle von Jacky hatten die Tierheimmitarbeiter mehrfach bei der Besitzerin nachgefragt, was aus dem Hund werden solle. „Sie hat uns jeweils erst Wochen später geantwortet und machte unzureichende Angaben“, berichtet Marion Wünn. Das Einschreiten der Stadt war somit ein Segen für den Hund. „Für die Besitzerin ist es sicher tragisch“ – das versteht die Tierheimleiterin. Aber sie weiß auch um den Starrsinn vieler Tierbesitzer, die ihr Haustier lieber im Tierheimzwinger lassen wollen, als ihm ein neues Zuhause gönnen.