Die Cotta-Schule im Stuttgarter Osten ist Elite-Schule des Sports, mehr als 60 Leistungssportler gehen dort zur Schule. Gute Sportergebnisse und gute Noten schaffen sie nur, wenn sie ihre Tagesabläufe bis ins Detail organisieren. Ein Vorbild für ihre Mitschüler wollen sie aber nicht sein.

S-Ost - Trainingslager in Südafrika. Tag für Tag absolviert Marie-Laurence Jungfleisch Tausende Kilometer entfernt von zu Hause ihr Trainingsprogramm. Sie hat sich viel vorgenommen. In diesem Jahr hat sie bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Zürich 1,97 Meter geschafft, persönliche Bestleistung. Im kommenden Jahr peilt sie die zwei Meter an. Und 2016 will sie bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro in den Endkampf kommen. Während die 24-Jährige in Südafrika trainiert, büffeln ihre Mitschülerinnen und Mitschüler in der Cotta-Schule im Stuttgarter Osten Mathe, Englisch, Deutsch. Zwei Unterrichtswochen lang ist die junge Hochleistungssportlerin weg – und verpasst trotzdem nichts.

 

Die Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule ist eine der Stuttgarter Eliteschulen des Sports, zahlreiche Leistungssportler drücken hier die Schulbank. Für ihre Fehlzeiten durch Trainingslager oder Wettkämpfe bekommen sie eine Sonderbehandlung: Ihre Lehrer stellen die verpassten Unterrichtsinhalte samt Materialien in die Dropbox, so kann auch im südafrikanischen Stellenbosch oder sonst wo auf der Welt gelernt werden. Und die verpassten Arbeiten werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeschrieben.

Der Tag muss gut geplant sein

Bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen Olympischen Gesellschaft in der Cotta-Schule haben fünf junge Spitzensportler und Schüler jetzt Einblicke in ihren täglichen Spagat zwischen Klassenzimmern und den Sportarenen rund um die Erde gegeben. Die Judoka Alessa Sommer zum Beispiel glaubt, dass die Sportlerinnen und Sportler unter den Schülern ihren Tagesablauf viel besser planen müssten, um alles hinzubekommen. „Anders geht das gar nicht“, sagt die Einser-Schülerin.

Auch der Sportschütze André Link ist davon überzeugt, dass sein Sport ihm in der Schule hilft. „Ich glaube, dass es vor allem im Konzentrationsbereich von Vorteil ist. Man setzt sich im Sport ein Ziel und arbeitet darauf hin. In der Schule sollte es ähnlich sein.“ Und wenn man dann auch noch gut durchtrainiert sei, falle es einem auch unter schwierigen Bedingungen leichter, sich zu konzentrieren. Dem Turner Felix Pohl hilft, dass er durch den Sport gelernt hat, klar zwischen wichtigen und weniger wichtigen Dingen zu unterscheiden. „Ein hohes Maß an Disziplin“ sei die Grundvoraussetzung, bringt Marie-Laurence Jungfleisch das Thema auf den Punkt.

Eliteschulen helfen dem Leistungssport

Ein Vorbild für ihre Mitschüler wollen die Cotta-Sportler nicht sein. Viele sind ohnehin in eigenen Sportlerklassen sozusagen unter sich. Da sei es normal, dass mal jemand fehle oder einen Titel gewinne. Aber auch in gemischten Klassen gebe es keine besondere Aufmerksamkeit. André Link zum Beispiel sagt: „Ich bin da eher ein ganz normaler Schüler.“ Und seine erst kürzlich gewonnenen Weltmeistertitel seien in der Klasse kein Thema gewesen. Der Wasserballer Marco Watzlawik hat die Schule nach seinem Abitur inzwischen verlassen – und stellt gerade im Studium fest, um wie viel schwieriger der Spagat jetzt geworden ist. Watzlawik: „Solche Eliteschulen sind maßgebend für den Leistungssport in Deutschland.“