Wer bezahlt das Wasserstoff-Netz? Finanzpoker um das Wasserstoffnetz
Grüner Wasserstoff ist unverzichtbar für die Energiewende – und für den Erhalt der industriellen Substanz Deutschlands. Doch wer trägt das Risiko des Netzaufbaus?
Grüner Wasserstoff ist unverzichtbar für die Energiewende – und für den Erhalt der industriellen Substanz Deutschlands. Doch wer trägt das Risiko des Netzaufbaus?
Am 22. Juli haben die Fernleitungsnetzbetreiber ihren gemeinsamen Antrag für den Bau eines deutschen Wasserstoff-Kernnetzes bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Bis zum Jahr 2032 sollen 9700 Kilometer Wasserstoffleitungen in Betrieb genommen werden. Es handelt sich um den Entwurf eines Transportnetzes, das den Zugang zu Wasserstoff ermöglicht – noch nicht um eine Verteilnetz mit regionalen Verästelungen. Dennoch ist die Politik alarmiert, denn nur ein Teil der Projekte ist mit Finanzierungszusagen unterlegt.
Das gesamte Investitionsvolumen beträgt 20 Milliarden Euro. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) ist mit ihren Fernleitungsnetzbetreiber Terranets (Stuttgart) und VNG-Ontras (Leipzig) beteiligt. Nach Auskunft von Dirk Güsewell, EnBW-Vorstand für Systemkritische Infrastruktur, sind Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro zugesagt.
Der grün-schwarzen Landesregierung ist das zu wenig. Schon das Kernnetz an sich fällt ihr für Baden-Württemberg zu dürftig aus – zudem sei das Geplante nicht durchfinanziert. Die Energiewirtschaft – auch die EnBW – pokere ums Geld, lautet der Vorwurf. Sie ziele auf eine höhere Rendite mittels umfangreicherer staatlicher Garantien. Jene Teile des Wasserstoff-Kernnetzes, die noch nicht mit Geld unterlegt seien, dienten als Druckmittel – als „Geisel“ – für mehr Unterstützung. Dem Staat indes seien wegen der Schuldenbremse die Hände gebunden.
Landes-Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) fordert die Bundesregierung und die Energiewirtschaft zu einer Einigung auf. „Es braucht einen Kompromiss aus unternehmerischem Mut und staatlicher Absicherung“, sagte sie unserer Redaktion. Wasserstoff sei der Treibstoff einer klimaneutralen Industrie. Damit er von den Häfen in die industriellen Zentren des Südens gelange, müsse eine Infrastruktur aufgebaut werden – mit anfangs spärlichem Nutzen bei hohen Kosten. Deshalb solle Berlin der Energiewirtschaft entgegenkommen. Mit einem Antrag im Bundesrat hatte die Landesregierung zuletzt aber keinen Erfolg.
Bereits im November hatten der damalige EnBW-Vorstandschef Andreas Schell und dessen Kollege Güsewell in einem Brief an Staatssekretär Jörg Kukies im Bundeskanzleramt gewarnt, das Ziel, „in möglichst kurzer Zeit ein Wasserstoff-Kernnetz als Basis für die Dekarbonisierung vieler Energieanwendungen zu etablieren“, sei gefährdet.
Im Wasserstoff-Kernnetz werden Karlsruhe und der Großraum Stuttgart angeschossen. Die Fortführung vom Kraftwerk Altbach/Deizisau über Ulm an den Bodensee ist noch nicht finanziert. Die Strecke von Karlsruhe rheinaufwärts Richtung Schweiz taucht im Plan gar nicht auf.