Als „Übergangspapst“ wurde er gewählt, doch er prägte die Kirche wie kaum ein anderer: Leo XIII. begründete die katholische Soziallehre. Kann sein Nachfolger daran anknüpfen?

Digital Desk: Michael Maier (mic)

Mit der Wahl des Namens Leo XIV. knüpft der neue Papst an einen bedeutenden Vorgänger an: Leo XIII., der von 1878 bis 1903 die katholische Kirche führte. Als Vincenzo Gioacchino Pecci geboren, prägte dieser über 25 Jahre lang das Papstamt und öffnete die Kirche für die moderne Welt – trotz ambivalenter Haltung zur Demokratie.

 

Mit 68 Jahren wurde er körperlich angeschlagen ursprünglich als Übergangspapst gewählt. Doch Leo XIII. überraschte alle: Er wurde 93 Jahre alt und nutzte seine lange Amtszeit für wegweisende Reformen. Nach der Abschottungspolitik seines Vorgängers Pius IX. suchte er den Ausgleich mit der modernen Gesellschaft.

Leo XIII. und „Rerum Novarum“

Seine wichtigste Errungenschaft war die erste päpstliche Sozialenzyklika „Rerum novarum“ von 1891, die als Grundstein der katholischen Soziallehre gilt. Er erkannte die drängenden sozialen Fragen seiner Zeit und setzte sich für die Rechte der Arbeiter ein, was ihm den Beinamen „Arbeiterpapst“ einbrachte.

Als geschickter Diplomat suchte Leo XIII. den Ausgleich mit verschiedenen politischen Systemen. Er beendete den Kulturkampf in Preußen und strebte eine Versöhnung mit der französischen Republik an. Der antiklerikale Politiker Leon Gambetta nannte ihn deshalb einen „geweihten Opportunisten“.

Auch wissenschaftlich setzte Leo XIII. Zeichen: Er öffnete die Vatikanischen Archive und die Bibliothek für Forscher aller Konfessionen. Seine ökumenischen Initiativen waren für die damalige Zeit revolutionär.

Alle Päpste mit dem Namen Leo

  • Leo I. (der Große) - 440-461
  • Leo II. - 682-683
  • Leo III. - 795-816
  • Leo IV. - 847-855
  • Leo V. - 903
  • Leo VI. - 928
  • Leo VII. - 936-939
  • Leo VIII. - 963-965
  • Leo IX. - 1049-1054
  • Leo X. - 1513-1521
  • Leo XI. - 1605 (nur 27 Tage im Amt)
  • Leo XII. - 1823-1829
  • Leo XIII. - 1878-1903
  • Leo XIV. - seit 2025

„Demokratie nicht die einzige Option“

In seinen späten Jahren in Rom gewannen allerdings konservative Kräfte mehr Einfluss. Seine letzte große Enzyklika „Graves de communi“ von 1901 befasste sich mit dem Verhältnis von Kirche und Demokratie. Er sah die Demokratie als eine mögliche Staatsform unter vielen, deren Bewertung keine Glaubensfrage sei.

Leo XIII. hinterließ das Erbe eines Reformers, der die Kirche behutsam in die Moderne führte. Seine Balance zwischen Tradition und Fortschritt, sein diplomatisches Geschick und sein soziales Engagement machen ihn offenbar zum Vorbild und Namensgeber für den neuen Papst Leo XIV.