Im November verleihen die Filmakademie Baden-Württemberg und eine englische Filmschule wieder die Porsche Awards. Die Übungs-Werbefilme von Filmstudenten, die es auf die Shortlist geschafft haben, sind schön, witzig, provokant – oder eine Mischung daraus.

Ludwigsburg - Schwärme von Fischen, die sich mit mathematischer Präzision durch azurblaues Ozeanwasser schlängeln, durchsichtige Quallen, die in den Tiefen wabern – so elegant und bezaubernd wirken die Animationen des Ozeans, die Studenten des Animationsinstituts der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg in ihrem Spot „The Beauty“ vorgelegt haben, dass man auf den ersten Blick gar nicht bemerkt, dass hier gar keine Tiere dargestellt werden. Denn die Fische sind Flip-Flops, die Quallen Plastiktüten, und auch alle anderen Tiere des Ozeans haben ein Pendant aus Abfall bekommen. In sehr cleverem Design macht der Regisseur Pascal Schelbli auf die Vermüllung der Ozeane aufmerksam.

 

THE BEAUTY / Shortlist 2019 from PORSCHE AWARD on Vimeo.

„The Beauty“ ist einer von zehn kurzen Spots, die es auf die Shortlist des Porsche Award geschafft haben – und er fällt auch ein wenig aus der Reihe, denn in diesem Clip wird kein Produkt beworben, sondern ganz allgemein Umweltschutz. Bei den anderen Streifen handelt es sich um so genannte Spec Spots. Das bedeutet, dass die angehenden Werbefilmer einen Spot über ein Produkt oder eine Marke machen, ohne von dieser Firma konkret einen Auftrag zu haben. Sie spekulieren also darauf, dass sie durch Preisauszeichnungen bei Werbefilmfestivals oder virale Aufmerksamkeitserfolge im Internet die Macher davon überzeugen können, ihnen einen Auftrag für einen autorisierten Spot zu geben.

Perlweiss kaufte sogar einen Spec Spot ein

Das kann besonders gut laufen, wie im Falle des Regie-Duos Dorian Liebherz und Daniel Titz, die mit ihrem rührenden Whisky-Werbespot „Dear Brother“ zu Weihnachten 2015 Millionen Menschen auf Youtube rührten. Oder es kann nach hinten losgehen, wie bei dem Spot „MCP“, in dem ein intelligentes Bremssystem von Mercedes-Autos beworben wird, indem es bei Adolf Hitler als Kind nicht bremst. „Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen“, war damals der Slogan. Daimler gefiel das ganz und gar nicht und setzte durch, dass die Macher rund um den Regisseur Tobias Haase nachträglich Hinweise in das Video einfügen, dass Daimler mit dem Spot nichts zu tun hat. Einen Nachwuchs-Preis gewann der Film dann trotzdem.

Ein Spec Spot eines Filmakademie-Abschlussprojekts schaffte es sogar ins Fernsehen: Perlweiss kaufte den Streifen über zwei Mafia-Gangster, die sich in einer dunklen Straßenecke in New York treffen und etwas Geheimes besprechen. Dabei halten sie sich die Hände vor den Mund – weil das FBI mithören könnte, aber eben auch, weil sie verfärbte Zähne haben.

Spec Spots sind also, weil sie Aufmerksamkeit brauchen, oft besonders provokant oder witzig – oder eben einfach sehr gut gemacht und eine Freude, anzusehen.

E-Autos als Fettnäpfchen im Small Talk

So zum Beispiel „Small Talk“ von den Berliner Werbefilmern Magali Herzog und Miguel Schmid. In dem Film, der es auf die Shortlist des Porsche-Awards 2019 in der Kategorie Mobility geschafft hat, plaudern Geschäftsmänner auf einer Privatfeier, bis der Neffe des Gastgebers seinen Onkel peinlich berührt, indem er in das Fettnäpfchen E-Autos als Gesprächsthema tritt.

SMALL TALK / Shortlist 2019 from PORSCHE AWARD on Vimeo.

Auch eindrücklich, weil anders als die anderen Spots, ist das Werk „Aura“ von Timm Völkner, der an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert. Hier wird in beklemmenden Zeichentrickbildern ein ständiger, persönlicher Begleiter beschrieben, mit assoziativen Schnitten und Überblendungen, wie sie nur der Trickfilm hinkriegen kann. Eine Erzählerin umschreibt wie ein sphinxsches Rätsel diesen Begleiter, ohne ihn zu benennen. Am Ende ahnt man es schon und dennoch ist es ein erhellender Aha-Effekt, wenn es stumm eingeblendet wird.

AURA / Shortlist 2019 from PORSCHE AWARD on Vimeo.

Der letzte Streifen aus Ludwigsburg – insgesamt sind es drei von zehn Nominierten – ist von Josia Brezing und trägt den Titel „DaVinci´s Greatest Work“. Man sieht den genialen Renaissance-Erfinder, wie er hektisch sucht, kritzelt, schafft. Um ein Feuer anzufachen, ist ihm nicht einmal die Mona Lisa zu schade. Als er am Ende seine neue Erfindung ausprobiert, ist man überrascht, dass es sich um ein profanes (und auch recht klobiges) Sexspielzeug für Männer handelt – eine Produktkategorie, in der das beworbene Unternehmen natürlich viel bessere Geräte hat. Geräte, von denen man bislang womöglich gar nicht wusste, dass sie existieren. Werbung kann eben auch allgemeinbildend wirken . . .

DAVINCI'S GREATEST WORK / Shortlist 2019 from PORSCHE AWARD on Vimeo.

Die Porsche Awards werden seit 2004 jährlich von der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg sowie seit 2016 auch von der National Film and Television School in Beaconsfield bei London vergeben. Der Veranstaltungsort wechselt zwischen London und Ludwigsburg. Hauptsponsor des Non-Profit-Wettbewerbs ist Porsche – daher wird auch ein Schwerpunkt auf das Thema Mobilität gelegt. Die Preisgelder reichen von 3911 Euro für den ersten Platz bis zu 1911 Euro für den dritten Platz – die Zahlen sind eine Anspielung auf ein Porsche-Modell. Wichtiger als das Preisgeld ist für die Gewinner aber die Aufmerksamkeit, die ihren Übungswerken zuteil wird.

92 Nachwuchsarbeiten aus elf Ländern wurden in diesem Jahr eingereicht. Eine achtköpfige Jury hat nun zehn davon auf die Shortlist gesetzt. Verliehen werden die Preise am 21. November im Curzon Soho Kino in London.

Alle Videos gibts hier.