Die seit Sommer geplanten neue Richtlinien gegen den Rummel im Zentrum der Stadt sind vertagt, aber die Ämter erteilen trotzdem schon weniger Genehmigungen.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Das Papier ist sperrig betitelt: Sondernutzungsrichtlinien für die Innenstadt. Aber im Stadtzentrum ist es lang ersehnt. Mit Hilfe neuer Vorschriften soll der allgegenwärtige Rummel eingedämmt werden, sei es durch Informationsstände, Wahlwerbung oder Straßenmusikanten. Insbesondere die Forderung, die Veranstaltungen zur Firmenwerbung oder Verkaufsveranstaltungen auf dem Kronprinzplatz zu beschneiden, wurde über alle Parteigrenzen hinweg immer lauter.

 

Allerdings mag der Gemeinderat die neuen Richtlinien nicht beschließen. Schon im Sommer waren sie fertig und standen auf der Tagesordnung. Damals „hat es aber noch Fragen aus dem Gemeinderat gegeben“, sagt Hermann Karpf, der persönliche Referent des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer. Die Entscheidung wurde vertagt, auf den Herbst. Und sie wird weiter vertagt. Das Thema ist in den vergangenen Tagen mehrfach von den Tagesordnungen von Ratsausschüssen gestrichen worden.

Das Thema ist schlicht wegen Zeitmangel vertagt

In den nächsten Wochen stehen die erfahrungsgemäß umfangreichen Sitzungen zu den Haushaltsanträgen der Fraktionen an. Der städtische Etat wird üblicherweise zum Jahresende beschlossen. Ob die Vorschriften gegen Rummel und Reklame bis dahin noch beraten werden, ist fraglich, schlicht aus Zeitgründen. Allerdings sind die Ämter der Politik gleichsam enteilt. „Die Genehmigungspraxis hat sich schon deutlich geändert“, sagt Karpf. Was heißt: schon heute ist die Zahl der Veranstaltungen deutlich gesunken, und die Orte der Veranstaltungen konzentrieren sich nicht mehr auf die Königstraße und ihre nähere Umgebung. Gemäß jener neuen Richtlinien werden die Wünsche nach Informations- oder Werbeständen in Richtung der Einkaufszentren Milaneo und Gerber verteilt. Dabei bleibt die Zahl der Veranstaltungsplätze unverändert.

Dass die Ämter der Politik gleichsam vorauseilen, „ist einfach eine Folge der Erfahrungen in der Verwaltung“, sagt Karpf. Was im Umkehrschluss heißt: Im Rathaus sind die Beschwerden als berechtigt gewertet worden. Gleiches gilt zumindest für die Mehrzahl der Stadträte. Der Beschluss im Gemeinderat lässt eigentlich wegen eines anderen Papiers mit einem sperrigen Titel auf sich warten: wegen der Gestaltungsrichtlinien für die Innenstadt.

In denen sollen vor allem den Freiluftgastronomen sehr viel strengere Regeln für die Größe und das Aussehen ihres Mobiliars auferlegt werden. Der Inhalt beider Papiere ist allerdings miteinander verknüpft. Werden die Vorschläge der Ämter zur Gestaltung der Stadt verwirklicht, wird mancher Wirt sich im Möbelhaus neu eindecken müssen (wir berichteten). Werbung auf Stühlen oder Schirmen soll nahezu gänzlich verboten werden. Außerdem werden die Bedingungen für die Beschallung von Plätzen strenger.

„Die Fragen haben sich nur auf die Gestaltungsrichtlinien bezogen“, sagt Hermann Karpf. Zu denen hatte so gut wie jeder Stadtrat eine eigene Meinung. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten.