Die Berliner Verkehrsbetriebe sind bekannt für ihren beißenden Spott in Werbekampagnen. Bei der Reklame fürs Deutschlandticket bekommen wieder mal die Schwaben ihr Fett weg – doch der Südwesten kontert.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Das Verhältnis zwischen Berlin und Stuttgart darf als hart und doch herzlich beschrieben werden. Die eine Seite ist rau, und die andere Seite bezahlt in den Länderfinanzausgleich ein. Dieses Arrangement erfreut sich seit Jahren einer konstanten Beliebtheit. Doch auch dieser offensichtlich für alle Beteiligten erträgliche modus vivendi verhindert nicht gelegentliche landsmannschaftliche Scharmützel.

 

Berliner Bus rollt über den Schlossplatz

Im aktuellen Fall haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vorgelegt. Das Nahverkehrsunternehmen macht immer wieder mit originellen Kampagnen von sich reden. Das von 1. Mai an geltende Deutschland-Ticket – vormals 49-Euro-Ticket – bewerben die Berliner mit einem Bild des in der Sonne daliegenden Stuttgarter Schlossplatzes, über dessen Gehweg nicht ganz vorschriftsgemäß ein Berliner Bus rollt. Für den Slogan hat man in der Hauptstadt all sein Wissen über Dialekte zusammengekratzt. „Liebe Schwaben, ihr könnt günschtig nach Hause fahren“, lassen die BVG wissen.

Drohbrief aus dem Südwesten. Foto: VVS

Der Platzhirsch in Sachen Nahverkehr, der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS), kann solche Despektierlichkeiten keinesfalls unkommentiert lassen und kontert. Vor der Kulisse einer Collage aus Brandenburger Tor,Siegessäule, Berliner Fernsehturm und Reichstag steht eine offenkundig mit der Raumpflege befasste Frau und formt ihre in rosa Gummihandschuhe streckenden Händen zu einem Herz, das im Kontrast zur übermittelten Botschaft steht: „Jetzt gangad m’r denne Berliner mal so richtig auf d’Nerva.“ Der VVS garniert die unverhohlene Drohung mit „Grüße aus dem Ländle“.

Dass es um des Berliners Nervenkostüm nicht zum Besten bestellt ist, weiß der Südwesten spätestens seit Weckle-Gate. Der damalige Bundestags-Vize Wolfgang Thierse bemängelte Anfang 2013, dass wegen der schwäbischen Unterwanderung am Prenzlauer Berg immer häufiger Weckle statt Schrippen feilgeboten würden. Bereits 2006 mussten sich die Hauptstädter sagen lassen, Stuttgart sei viel schöner als Berlin. Diese Binsenweisheit brach sich Bahn, als die Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft am Neckar um Platz 3 spielen durfte, statt in Berlin im Finale antreten zu müssen.

Schwierige Zeiten für Werber

Mit dieser Kappelei zwischen den Berliner und Stuttgarter Nahverkehrsexperten neigt sich eine Woche zu Ende, in der Werbekampagnen für den Nahverkehr und das Deutschlandticket in Stuttgart für einigen Wirbel sorgt haben. Die S-Bahn Stuttgart hatte wegen eines verunglückten Slogans um Entschuldigung gebeten. Nicht wenige fühlten sich an eine Liedzeile erinnert, die von der nationalsozialistischen Arbeitsfront verwendet wurde. Die Verantwortlichen bei der S-Bahn gingen in Sack und Asche und gelobten, fürderhin auf die kritisierte Passage zu verzichten. Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) wiederum rückten gar von einer Kampagne ab, bei der in der Stadt Autos am Straßenrand eingepackt wurden. Auf denn SSB-gelben Folien prangten Sprüche, die zum Umsteigen hätten bewegen sollen.