Der Betriebsrat in Untertürkheim erhöht den Druck und will ab Juli keine Überstunden mehr genehmigen. Frank Deiß, Leiter des Motorenwerks von Daimler in Untertürkheim, hat auf der außerordentlichen Betriebsversammlung Zugeständnisse gemacht.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Frank Deiß, der Leiter des Motorenwerks von Daimler in Untertürkheim, ist auf der außerordentlichen Betriebsversammlung am Donnerstag ein Stück auf die Mitarbeiter zugegangen. Unterbrochen von Pfiffen der 5250 gereizten Mitarbeiter in der Schleyerhalle hat er den Vorschlag zurückgenommen, eine Batteriemontage in Form einer gesonderten Gesellschaft am Standort aufzubauen. Die Betriebsräte hatten massiv gegen diesen Plan protestiert, weil sie eine tariffreie Zone auf dem Werksgelände befürchteten.

 

Arbeit kann ausgehen

In Untertürkheim sind mehr als 19 000 Männer und Frauen beschäftigt. Die meisten von ihnen arbeiten am klassischen Verbrennungsmotor. Sollten in einigen Jahren keine Benziner oder Dieselautos mehr verkauft werden, geht den Beschäftigten die Arbeit aus. Darum drängen die Betriebsräte mit Macht darauf, dass das Motorenwerk an der Elektrostrategie des Konzerns beteilgt wird. Bislang hat Untertürkheim nur den Zuschlag für wenige Komponenten des elektrifizierten Antriebsstrangs erhalten.

Nun kämpfen die Betriebsräte für die Ansiedlung einer Batteriemontage. Bislang fertigt Daimler seine Batterien im sächsischen Kamenz. Das Unternehmen fordert aber Zugeständnisse. „Selbst, wenn keine neue Gesellschaft gegründet wird, ist immer noch nicht klar, zu welchen Konditionen die Menschen in der Batteriemontage dann beschäftigt werden“, sagte eine Mitarbeiterin unserer Zeitung. Der Betriebsrat will daher nun den Druck erhöhen. Ihm geht es dabei nicht nur um die Batteriemontage: „Wir sehen das Unternehmen in der Verpflichtung, die Weichen so zu stellen, dass der Standort Untertürkheim und seine Belegschaft eine langfristige Zukunftsperspektive haben“, sagte Wolfgang Nieke, Betriebsratschef in Untertürkheim. „Auch im Zeitalter alternativer Antriebe.“

Tonfall verschärft

Der als pragmatisch geltende Arbeitnehmervertreter verschärft in der Sache zunehmend den Tonfall: „Wenn das Unternehmen dazu keine Zusagen macht, wird der Betriebsrat ab dem 1. Juli Überstunden in der Produktion absagen.“ Dies könne auch zu Produktionsausfällen in den Fahrzeugwerken führen. Da am Donnerstag nicht alle Mitarbeiter auf der Rednerliste zu Wort gekommen sind, hat er die Betriebsversammlung auch nicht beendet, sondern lediglich unterbrochen.

„Wir haben die außerordentliche Betriebsversammlung genutzt, um unsere Position gegenüber der Belegschaft nochmals klarzustellen“, sagte Werkleiter Deiß. „Wir wollen im Mercedes-Benz Werk Untertürkheim den Einstieg in die Elektromobilität schaffen und gemeinsam mit der Belegschaft gestalten.“ Er bekräftigte jedoch, dass dazu wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen gehören. „Wir halten unser Angebot für fair und ausgewogen. Wir sind uns aber auch darüber im Klaren, dass dies nicht einfach wird.“ Den Dialog mit dem Betriebsrat wolle er fortsetzen.