Südwestmetall lehnt nach dem Vorstoß von Gesamtmetall-Präsident Dulger eine Tariflösung für die Werkverträge ab. Einig zeigen sie sich darin, die Mitbestimmung nicht auszuweiten. Die IG Metall fordert Verhandlungen darüber noch vor der Tarifrunde 2015.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Metallarbeitgeber haben momentan erhöhten Erklärungsbedarf: Es ist der Eindruck entstanden, als seien sie in Baden-Württemberg dem Chef des Dachverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger, in die Parade gefahren. Die Südwestmetaller „lehnen eine tarifliche Regelung von Werkverträgen strikt ab“, ließen sie jüngst verlauten. Kurz zuvor hatte Gesamtmetall-Präsident Dulger im StZ-Interview überraschend angekündigt, mit der IG Metall über eine „Friedenslinie“ zu dem jahrelang umstrittenen Thema reden zu wollen. „Da müssen wir uns auf der tariflichen Ebene einigen“, betonte der Heidelberger Unternehmer. Sie würde von Öffnungsklauseln geprägt sein, weil jedes Unternehmen anders sei. „Das muss ein ganz modernes Vertragswerk werden, das viele betriebliche Regelungen zulässt“, sagte Dulger. Dass dies für beide Seiten mit Opfern verbunden sein werde, liege in der Natur der Sache.

 

Die IG Metall in Frankfurt reagierte vorsichtig: „Wir begrüßen, wenn nach der Ankündigung auch die Tat folgt“, ließ ihr Vorsitzender Detlef Wetzel lediglich twittern. In Stuttgart nahm der neue Bezirksleiter Roman Zitzelsberger das von Dulger offerierte Konsensangebot offensiver auf: „Wir freuen uns, dass die Arbeitgeber ihre Blockadehaltung zu diesem wichtigen Thema scheinbar aufgegeben haben“, äußerte er. Nun sollten sie sich zeitnah auf Gespräche einlassen, um möglichst noch vor der Tarifrunde 2015 Lösungen zu finden. Das Ziel der IG Metall sei, die Arbeitnehmervertreter beim Einsatz von Werkverträgen zu beteiligen. „Insbesondere der massenhafte Einsatz in Unternehmens-Kernfeldern wie Entwicklung, Produktion und Logistik bedarf einer klaren Regelung“, so Zitzelsberger. Nach Einschätzung der Gewerkschaft arbeiten in der Metall- und Elektroindustrie bundesweit mehr als eine Million Menschen als Zeitarbeiter oder mit Werkverträgen. Dies entspreche fast einem Drittel aller Beschäftigten in der Branche. In der Autoindustrie stünden etwa 770 000 Stammbeschäftigten ungefähr 100 000 Leiharbeiter und 250 000 Werkvertragsbeschäftigte gegenüber.

Südwestmetall: „Nicht in den Rücken gefallen“

Die erste Reaktion Zitzelsbergers, so stellt es ein Verbandssprecher dar, habe Südwestmetall dazu veranlasst, der Gewerkschaft rasch die Grenzen aufzuzeigen: Er sei „auch an einer Befriedung des Themas Werkverträge interessiert“, so Südwestmetall-Chef Stefan Wolf, doch „eine tarifliche Ausweitung der Mitbestimmung kommt für uns nicht infrage“. Darin sei er sich mit Dulger einig: Mehr Mitsprache der Betriebsräte bei der Vergabe von Werkverträgen werde es nicht geben, weil dies verfassungswidrig wäre. Die Gewerkschaft müsse sich von der Maximalforderung verabschieden; eine Friedenslinie müsse woanders liegen.

Im Übrigen sei Südwestmetall von dem Vorstoß Dulgers keineswegs überrascht worden. Der Eindruck, man sei ihm in den Rücken gefallen, treffe daher nicht zu. Es sei nur notwendig gewesen, für Klarheit zu sorgen.

Dass sich der Dachverbandschef hoch motiviert zeigt, mit der Gewerkschaft einen Tariffrieden in der Sache zu schließen, hat nicht nur mit der für die Arbeitgeber unerfreulichen Kampagne der IG Metall zur Mitbestimmung zu tun, sondern auch mit der neuen Regierung. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag beim Thema Werkverträge detaillierter Absichtserklärungen weitgehend enthalten. Die große Koalition sprach sich lediglich gegen den Missbrauch zu Lasten der Arbeitnehmer und für verstärkte Überprüfungen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus. Die IG Metall reagierte enttäuscht und kündigte an, ihre Kampagne zur Mitbestimmung auszuweiten.

Einsatz für die Tarifautonomie

Dies geht dem Gesamtmetall-Präsidenten gegen den Strich. Mit Nachdruck setzt er sich für ein eigenständiges Handeln der Tarifpartner ohne ein Dazwischenfunken des Gesetzgebers ein – auch am vorigen Donnerstagabend wieder auf einem Branchenforum im Beisein von Kanzlerin Angela Merkel. Dulger stört, dass die Gewerkschaft immer wieder die Politik einschalte – zum Beispiel beim Mindestlohn oder eben bei den Werkverträgen. Tarifregelungen müssten von Politik und Tarifvertragsparteien wieder als abschließende Kompromisse akzeptiert werden, mahnte Dulger vor einem hochkarätigen Zuhörerkreis. „Wer aber kurzsichtig nach dem Staat ruft, statt seine grundgesetzlich zugewiesene Aufgabe zu erfüllen, gefährdet die Grundlagen der Tarifautonomie.“ In diesem Sinne haben die Arbeitgeber den Regierungspartnern offenbar schon während der Koalitionsverhandlungen versprochen, den Streit mit der IG Metall über Werkverträge auf der Tarifebene zu schlichten – was die dürren Zeilen im Koalitionsvertrag erklärt.