Nach erneuten Angriffen von Stadtrat Heinrich Fiechtner gegen Sozialbürgermeister Werner Wölfle hat die Stadt Anzeige wegen Hausfriedensbruchs eingereicht. Der wegen seiner Rolle im Klinikskandal umstrittene Wölfe wird wohl ohne offizielle Würdigung aus dem Amt scheiden.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Kurz vor dem Ende der Amtsperiode des alten Gemeinderats und dem Abschied von Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) ist es zu einer weiteren Eskalation im Streit des ebenfalls scheidenden BZS23-Stadtrats Heinrich Fiechtner (Ex-AfD) mit dem krankgeschriebenen Bürgermeister gekommen. Seit längerem überzieht Fiechtner Wölfle mit schweren Vorwürfen wegen dessen noch immer nicht völlig geklärter Rolle im Stuttgarter Klinikskandal.

 

Von der Polizei eskortiert

Nachdem Fiechtner im vorigen Sozialausschuss erneut auch Wölfles Referentin und Ehefrau in den Fokus genommen und vehement ihre Entfernung aus der Sitzung gefordert hatte, verwies Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) den Stadtrat des Saales. Fiechtner aber blieb. Daraufhin ließ Fezer, die in Vertretung Wölfles den Ausschuss leitet, den Stadtrat von herbeigerufenen Polizeibeamten aus dem Raum eskortieren (wir berichteten). Nun hat die Verwaltung gegen Fiechtner in der Sache Strafanzeige gestellt wegen des „Verdachts auf Hausfriedensbruch.“

Der Stadtrat habe die Sitzung „in ungebührlicher Weise gestört“, erklärt die Verwaltung dazu. Sitzungsleiterin Isabel Fezer habe Fiechtner „mehrfach zur Ordnung gerufen und ihm das Wort entzogen“. Dennoch habe der Stadtrat „einen ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung verhindert“. Die Durchsetzung des Hausrechts sei erst mittels „polizeilicher Aufforderung“ gelungen.

Vorwurf der Vetterleswirtschaft

Der jüngste Vorgang ist kein Einzelfall. Seit Monaten nutzt Heinrich Fiechtner den Sozialausschuss sowie die Meinungsseite der Ratsfraktionen im Amtsblatt für seine Angriffe gegen Wölfle. Stets wirft Fiechtner Wölfle „Vetterleswirtschaft“ vor, weil seine Ehefrau seine Büroleiterin ist. Im jüngsten Amtsblatt zieht der Stadtrat auch OB Fritz Kuhn (Grüne) in die Schusslinie. Fiechtner schreibt: „Der OB und seine Gang“ gleiche immer mehr „einer kriminellen Vereinigung“, der „Pate und seine Camarilla“ habe den Akteneinsichtsausschuss zum Klinikskandal „kastriert“, es gebe eine „Omertà“ (Schweigepflicht von Mafia-Mitgliedern, d. R.), Wölfle wolle doch nur seine „üppige Pension“ sichern.

Angesichts der Wortwahl fragt man sich, warum die Stadt den Artikel in ihrem Publikationsorgan veröffentlicht hat. Stadtsprecher Sven Matis sagt, man habe „den eingereichten Artikel medienrechtlich prüfen lassen“. An der Urfassung sind auch Änderungen verlangt worden. Dennoch ist der jetzt veröffentlichte Beitrag gedeckt durch den Hinweis, die Artikel der Fraktionen „geben allein die Auffassung des jeweiligen Verfassers wieder“.

Kritik gab es schon vor Jahren

Falsch ist im Übrigen die Behauptung Fiechtners, die Beschäftigung von Wölfles Ehefrau als Büroleiterin verstoße gegen den Kodex der Stadt. Einen solchen Kodex gebe es nicht, sagt Sven Matis. Allerdings gab es schon 2011, als Wölfle Krankenhausbürgermeister wurde, öffentlich Kritik an der Konstellation. Damals hieß es in dieser Zeitung, seine Büroleiterin, die zuvor für Vorgänger Klaus-Peter Murawski gearbeitet hatte, werde nach Wölfles „Einarbeitungsphase auf einen anderen Arbeitsplatz in der Stadtverwaltung wechseln“. Und: Der damalige OB Schuster habe es Wölfle und seiner Frau „überlassen, den passenden Zeitpunkt für diesen Wechsel selbst festzulegen“.

Einstweilen dürfte das aktuelle Scharmützel eines der letzten in der Sache gewesen sein. Heinrich Fiechtner wurde trotz etlicher medienwirksamer Tumulte dieser Art nicht wieder in den Gemeinderat gewählt. Stattdessen haben die Grünen die Kommunalwahl klar gewonnen.

Nicht zurück ins Rathaus

Werner Wölfle, der am Montag 66 wird, wollte zunächst nochmals kandidieren. Nun läuft seine Amtszeit am 14. August aus. Und es sieht danach aus, dass der als Sozialbürgermeister geschätzte Wölfle nach jahrzehntelangem Engagement in der Kommunalpolitik (seit 1994) das Rathaus sang- und klanglos verlassen wird. „Bürgermeister Wölfle ist noch krankgeschrieben“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Und: „Im Anschluss nimmt der Bürgermeister seinen Jahresurlaub.“ Auch eine offizielle Verabschiedung und Würdigung Wölfles durch die Stadt scheint vom Tisch zu sein. „Eine städtische Abschiedsfeier ist bisher nicht geplant“, erklärt der Stadtsprecher. Am 15. August jedenfalls wird Wölfles Nachfolgerin, die auf Vorschlag der Grünen bereits zur neuen Sozialbürgermeisterin gewählte Alexandra Sußmann, die Amtsgeschäfte aufnehmen.