Originale aus fünf Jahrtausenden beherbergt das weltweit einzigartige Schmuckmuseum Pforzheim. Jetzt bietet es der bekanntesten deutschen Schmuckmanufaktur Wellendorff eine Bühne. Für Wellendorf ist es auch eine Leistungsschau.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Wie die Ausschläge eines Kardiogramms hebt und senkt sich die längste Goldkordel der Welt auf dem Weg durch die 19 Meter lange Vitrine, für die das Pforzheimer Schmuckmuseum bekannt ist. Es ist ein gemeinsamer Superlativ, den das weltweit renommierte Museum mit der kaum weniger anerkannten Pforzheimer Schmuckmanufaktur setzt: Seht, was die Goldstadt auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten noch zu leisten vermag!

 

Im Schmuckmarkt positioniert sich Wellendorff als feinsinniger Underdog

Bis 29. September läuft „Das Geheimnis von Luxus“, das am Freitag eröffnet wurde, im Rahmen der Ornamenta – der Pforzheimer Schau, die alle fünf Jahre stattfindet. Der Untertitel „Juwelierkunst von Wellendorff“ macht die Ausstellung zur Leistungsschau des in fünfter Generation geführten Familienbetriebs. Der positioniert sich seit langem als kunst- und feinsinnige Manufaktur in einem von Luxuskonzernen dominierten Markt. „Wir konzentrieren uns auf die Goldschmiedekunst, auf den Schmuck“, sagt Marketingchefin Claudia Wellendorff.

Ein weiterer Bestandteil des Wellendorffschen Narrativs ist, dass man Schmuck nicht nur durch das Design und seinen Wert definiere, sondern „die dritte Dimension des Gefühls“. „Man sagt über unsere Schmuckstücke, dass man sie mit geschlossenen Augen erkennen kann. Entscheidend ist nicht allein, was man sieht, sondern auch, was man spürt“, sagt Claudia Wellendorff. Zumindest kann die innovative Manufaktur mit einigen Entwicklungen belegen, die Möglichkeiten der Goldschmiedekunst ausgereizt zu haben, auch was die Haptik betrifft.

Legendär ist der Ruf der Goldkordel, die den Ruf als „weichstes Collier der Welt“ genießt. Zuletzt meldete man ein 18-karätiges Armband zum Patent an, das wie eine Feder wippt und sich schlangenartig wie verschlussfrei um das Handgelenk wickeln lässt. Zumindest die Kordel lässt sich in der Ausstellung auch erfühlen, wenn im Rahmen einer Führung ein Tresor aufgeschlossen wird.

Nur Gucken heißt es bei den übrigen Exponaten. Darunter sind blaue und gelbe Saphire, große Smaragde und Brillanten in einzigartiger Qualität, die Claudia Wellendorffs Schwiegervater Hanspeter Wellendorff sammelte. Ein Höhepunkt ist auch die komplette Sammlung der Jahresringe – jene drehbaren Ringe, die die Schmuckmanufaktur seit 1997 jährlich unter ein Motto stellt und bei Sammlern begehrt sind.

Die Kundschaft ermöglichtet mit Leihgaben die Schau

Der Großteil der Exponate liehen Wellendorf-Kundinnen und -Kunden. Das Unternehmen hatte sie angeschrieben, nachdem es mit dem Museum die Archive durchforstet hatte. Namen und damit die Geschichten hinter den leihweise nach Pforzheim zurückgekehrten Preziosen möchte Wellendorff bis auf zwei Fälle nicht nennen, die Kundschaft, vor allem Unternehmerinnen aus aller Welt, wollten anonym bleiben. Vielleicht auch aus Sorge, Einbrecher könnten Interesse am heimischen Schmuck finden.

Das japanische Kaiserhaus schickte zwei Armbänder, die sich zu einem Collier zusammenfügen lassen. Foto: Wellendorff

Wobei sich die Wertbestände der kaufkräftigen Klientel wohl ohnehin kaum der Öffentlichkeit entziehen dürften. Apple-Manager Phil Schiller – unter anderem Chef des App-Stores – schickte ein Amulett mit einem blauen Saphir, das er anlässlich seines dreißigsten Hochzeitstages seiner Frau mit einer persönlichen Innengravur schenkte. Das japanische Kaiserhaus, das seit drei Generation auch Schmuck von Wellendorff trägt, sandte zwei Armbänder, die sich zu einem Collier zusammenfügen lassen.

Ob die Ausstellung nicht auch den Aspekt einer Verkaufsschau habe? Die Frage weist Wellendorff zurück. „Da der Großteil der ausgestellten Exponate Leihgaben von unseren Kunden sind, kann man sie auch nicht käuflich erwerben.“

Die Schau eines weltbekannten Unternehmens

Die Schau
Die Ausstellung im Schmuckmuseum Pforzheim ist bis 29. September geöffnet - dienstags bis sonntags und feiertags von 10 bis 17 Uhr. Infos zu Führungen und Rahmenprogramm im Zusammenhang mit der Ornamenta gibt es unter www.schmuckmuseum.de.

Das Unternehmen
Wellendorff wird als Familienunternehmen in fünfter Generation geführt und beschäftigt in Pforzheim 100 Menschen, 140 sind es weltweit. Der Schmuckhersteller kooperiert mit 100 Juwelieren und 15 Boutiquen. Neben den deutschsprachigen Ländern spielen vor allem die Märkte in den USA und Asien eine wichtige Rolle.