Eigentlich ist der Vaihinger Haspelturm für Neugierige verschlossen. Doch der Geschichtsverein will das ändern und reinigte dafür jetzt das Gemäuer. Dabei stießen die Hobbyhistoriker auf einen wertvollen Schatz.

Vaihingen/Enz - Beinahe hätte Alexander Danz den Schatz einfach übersehen. Und beinahe hätte er ihn nach der Entdeckung als wertlosen Plunder abgetan. Dass beides nicht so kam, freut nun Alexander Danz – und die ganze Stadt Vaihingen.

 

Die gefundene Goldmünze stammt aus dem 17. Jahrhundert. Foto: privat
Im Haspelturm, verborgen unter zentimeterdickem Dreck, entdeckte der Hobbyhistoriker aus dem Stadtteil Enzweihingen vor wenigen Tagen einen barocken Golddukaten. Erst habe er nicht geglaubt, wirklich etwas Wertvolles in der Hand zu halten, sagt Danz. Doch die Schrift auf den 3,5 Gramm Gold brachte ihn dann auf die richtige Fährte: Geprägt wurde die Münze zur Zeit des Kaisers Leopold I im Jahr 1693. Sie hat etwa die Größe eines Eurostücks und ist definitiv aus Gold, so viel wissen Danz und seine Kollegen vom Vaihinger Geschichtsverein. Was sie nicht wissen ist, wie der Schatz in den Haspelturm kam – und vor allem: wann. Wahrscheinlich ist, dass er seit rund 300 Jahren in der Ecke hinter einer schweren Holztür lag, wo Alexander Danz ihn in die Hände bekam.

Mehr als 3000 Euro erlösen vergleichbare Golddukaten unter Sammlern, doch daran, den seltenen Fund zu verkaufen, denken die Mitglieder des Geschichtsvereins nicht. Inzwischen wird der Schatz sicher im Rathaussafe verwahrt, er ist, genau wie der Fundort im Turm, städtisches Eigentum. Der Oberbürgermeister Gerd Maisch will die wertvolle Münze beim Maientag an diesem Wochenende den Besuchern präsentieren.

Das größte Vaihinger Stadtfest war auch der Anlass, warum Alexander Danz und seine Kollegen vom Geschichtsverein überhaupt den Haspelturm betreten haben – als erste seit Jahrzehnten. Denn seit die Stadt eine Treppe hinauf zur Eingangstür in sechs Metern Höhe abreißen ließ, waren die einzigen Gäste des ehemaligen Kerkers Tauben, Fledermäuse und, ganz selten, die Mitarbeiter des Bauhofs. Sie flickten das Dach oder stellten Nistkästen auf. Wirklich genutzt wurde der Turm aber seit Langem nicht, bis der Geschichtsverein auf die Idee mit Führungen kam.

Der Wert der Goldmünze: mehrere Tausend Euro

Gemauert haben Arbeiter den Haspelturm um das Jahr 1400, als östlichste Befestigung der Stadtmauer. Er wurde damals für die Bewohner der reichen Stadt an der Enz aber nicht nur zur Verteidigung gebraucht. Hier sperrten die Einwohner auch jene ein, die Unrecht begangen hatten. Diebe und Taugenichtse wurden an einer Winde, der sogenannten Haspel, in einen fensterlosen Kerker gelassen, oft nur bei Wasser und Brot. Dass nicht alle lebendig dieses Loch verließen, gehört zu den Geschichten, die die Ortshistoriker am Maientag ihren Besuchern erzählen wollen.

Um das Gemäuer fit für Publikum zu machen, haben die Hobbyforscher alle Stockwerke von Dreck befreit, haben ein Gerüst aufgebaut, damit Besucher zur Eingangstür in sechs Metern Höhe gelangen. Und Edwin Dasdrow, wie Danz ein Mitglied im Geschichtsverein, hat Leitungen und Lampen installiert, damit kein Tourist auf den schmalen Stufen zu Fall kommt.

Einige Genehmigungen hat der Verein einholen müssen, um endlich zu den Besichtigungen einladen zu können. Jeweils sieben Personen dürfen am Wochenende gleichzeitig den Gefängnisturm erkunden, bevor sich nach dem Maientag die Tür wieder schließt – auf unbestimmte Zeit.

Nur zum Maientag geöffnet

Der Haspelturm an der Ecke der Grabenstraße mit der Turmstraße ist nur während des Maientags 2017 begehbar. Führungen finden am Samstag, 3. Juni, zwischen 10 Uhr sowie zwischen 13 und 17 Uhr statt, am Sonntag in der Zeit von 11.30 bis 17 Uhr, am Montag zwischen 13 und 17 Uhr und am Dienstag zwischen 10 und 12 sowie von 13 bis 17 Uhr. Karten gibt es bei der Vaihinger Touristeninformation.


Der diesjährige Maientag steht unter dem Motto „Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen“, einem Zitat von Hermann Hesse. Eröffnet wird das Fest, das eines der ältesten Heimatfeste im Land ist, am Sonntag um 8.30 Uhr auf dem Marktplatz, der Festzug mit 87 Gruppen zieht von 9 Uhr an durch die Straßen. Höhepunkt ist die Feier im Rondell, die um 11.30 Uhr beginnt. Die Festrede hält in diesem Jahr Julien Gergen vom Friedrich-Abel-Gymnasium.