Beim Towerrun in Rottweil am Sonntag sind auch zwei Korntal-Münchinger Feuerwehrleute an ihre Grenzen gegangen. Fabian Schmidt (25) und Fabian Hahl (29) starteten in voller Montur. Und die hat es in sich.

Rottweil/Korntal-Münchingen - Der Schweiß läuft, der Kopf glüht, die Beine schmerzen, der Körper ist erschöpft: Als Fabian Schmidt (25) und Fabian Hahl (29) die 1390 Stufen bis zur Aussichtsplattform in 232 Metern Höhe erklommen haben, sind sie erleichtert. Endlich können sie sich aus der Ausrüstung schälen. Statt in Sporthose und T-Shirt hechteten die jungen Männer beim ersten und zugleich höchsten Treppenlauf Westeuropas im Rottweiler Thyssen-Testturm am Sonntag in voller Feuerwehrmontur gen Aussichtsplattform. Volle Montur heißt: Schutzkleidung inklusive Stiefel, Handschuhe, Helm und angeschlossenem Atemschutzgerät. Alles zusammen wiegt 20 Kilogramm. Und als wäre das zusätzliche Gewicht bei sommerlichen Temperaturen nicht schon genug, kostet die Männer das Atmen mit Sauerstoffgerät auch noch mehr Kraft als ohne.

 

Warum nehmen sie solche Strapazen auf sich? „Um für unsere Arbeit fit zu bleiben, aus Spaß und weil es eine Herausforderung für einen selbst ist“, sagt Fabian Schmidt. Der 25-Jährige arbeitet bei der Berufsfeuerwehr Stuttgart und ist wie Fabian Hahl Mitglied der Abteilung Münchingen der Freiwilligen Feuerwehr Korntal-Münchingen. Fabian Hahl ist bei der Daimler-Werkfeuerwehr in Sindelfingen (Kreis Böblingen) tätig. Mit 700 Extremsportlern, Amateuren und Feuerwehrangehörigen haben sie am Sonntag den zylindrischen Betonturm bezwungen. Sonst werden dort Aufzüge getestet, die etwa mit Magnetschwebetechnologie – also ohne Seile – funktionieren.

Für das erste Mal schneiden die Korntal-Münchinger gut ab

80 Teams starteten in der Kategorie mit Atemschutz. Einigen ging die Luft aus, andere kollabierten. Schmidt und Hahl holten den siebten von 64 Plätzen. Was der Aufzug in 30 Sekunden schafft und das Siegerduo von der Feuerwehr Konstanz in 13 Minuten und 57 Sekunden stemmte, gelang Schmidt und Hahl in 18 Minuten und 30 Sekunden. Oben auf der Terrasse genossen sie erst einmal die Aussicht über den Schwarzwald und die Schwäbische Alb. „Fürs erste Mal sind wir zufrieden“, sagt Fabian Hahl.

„Hart und anstrengend“ sei der Treppenlauf gewesen. „Ich habe gemerkt, dass meine Kräfte schwinden und war froh, als ich oben ankam“, sagt der 29-jährige Hahl. Die größte Herausforderung sei es gewesen, die Atmung ruhig zu halten. Denn je mehr Gas man gebe, desto mehr Luft benötige man. Doch die war begrenzt. „Wir mussten uns sehr konzentrieren, unsere Luft einzuteilen“, sagt Schmidt. Im Einsatz reiche der Sauerstoff für 20 Minuten.

Beim Training „schauten uns die Leute komisch an“

Mehr als ein Jahr trainierten die Feuerwehrmänner, die beruflich wie privat regelmäßig Kraftausdauertraining machen. Neben dem Treppenlauf stand dieses Jahr erstmals auch die Firefighter Combat Challenge auf dem Plan. Dabei handelt es sich um einen Wettkampf aus den USA, bei dem ein Feuerwehreinsatz simuliert wird. Die Teilnehmer schleppen einen Schlauch über der Schulter oder retten einer rund 80 Kilogramm schweren Puppe das Leben. Um den Treppenlauf zu trainieren, hatten sich Schmidt und Hahl den Engelbergturm ausgesucht. Weil das Wahrzeichen der Stadt Leonberg (Kreis Böblingen) nur 123 Stufen hat, sind sie immer wieder hoch- und runtergerannt. In Einsatzkleidung. „Die Leute haben uns komisch angeschaut“, sagt Fabian Schmidt. Er schmunzelt angesichts der für Außenstehende kurios anmutenden Szene. „Als wir erklärt haben, warum wir das tun, zollten sie uns Respekt.“

Damit spart auch Thomas Bräuner nicht. „Ich bin richtig stolz und bewundere die zwei“, sagt der Korntal-Münchinger Kommandant. Da er etwa bei der Arbeit täglich sieben Stockwerke zur Kantine laufe, könne er die Leistung der Kameraden nachvollziehen. „Es versteht sich aber von selbst, dass man sich als Feuerwehrangehöriger fit hält“, sagt der 50-Jährige. Zwar gebe es in Korntal-Münchingen keine Hochhäuser. Jedoch komme es oft genug vor, dass die Feuerwehr bei Einsätzen mehrmals hintereinander in die obere Etage hoch- und runterlaufen müsse.

Für Fabian Schmidt und Fabian Hahl ist das längst kein Problem mehr – im Gegenteil: Die zwei Wettkämpfe waren für sie erst der Anfang. Und geht es nach ihnen, schließen sich weitere Feuerwehrkameraden an.

Der Testturm ist ein Gigant

Im Thyssenkrupp-Testturm bei Rottweil – Baden-Württembergs ältester Stadt – prüft der Industriekonzern Thyssenkrupp auf 246 Metern Expressaufzüge und Hochgeschwindigkeitsfahrstühle auf Herz und Nieren. Der weltweit höchste Testturm für Aufzugsanlagen ist das landesweit höchste Gebäude mit Deutschlands höchster Aussichtsplattform (232 Meter). Er wurde zwischen 2014 und 2017 gebaut, wiegt 40.000 Tonnen und ragt wie eine Geburtstagskerze in die Luft. Thyssenkrupp investierte rund 40 Millionen Euro in die Forschungseinrichtung.