Josef Dirr wurde jüngst zum Deutschen Meister der Floristik gekürt. Auf Blumen hat der 43-Jährige aus Stuttgart-Süd, der auf den Fildern arbeitet, einen fast schon philosophischen Blick.

Huch, hier sieht man ja doppelt. Wer das kleine Fachgeschäft Blumen Koch in Filderstadt-Sielmingen betritt, dem begegnet Josef Dirr gleich zweimal – einmal in echt, und ein weiteres Mal hängt er als übergroßes Poster unter der Kassentheke. Das Plakat soll die Leistung des 43-jährigen Mitarbeiters würdigen. Mitte August wurde er feierlich zum neuen Deutschen Meister der Floristik gekürt. Zuvor hatte er sich als als baden-württembergischer Landesmeister bei einem zweitägigen Wettbewerb in Berlin mit acht weitere Blumenkünstlerinnen und -künstlern aus dem gesamten Bundesgebiet gemessen – und schließlich die Fachjury überzeugt. Der Wettkampf wird vom Blumenversandhändler Fleurop ausgerichtet und soll dazu beitragen, das Handwerk für den Nachwuchs interessanter zu machen.

 

Denn in der Tat, die dufte Branche schwächelt seit geraumer Zeit. Fachpersonal wird landauf, landab händeringend gesucht, Nachwuchs kommt kaum nach. Die dreijährige Ausbildung kann man unter anderem an der Landwirtschaftlichen Schule in Hohenheim machen. Für die Inhalte – Umgang mit Pflanzen und deren Pflege, Gestaltung von Blumenschmuck, betriebliche Abläufe, Kundenberatung, Verkauf – interessieren sich aber immer weniger junge Leute, bestätigte die Rektorin Dorothea Gärtner bereits im Jahr 2018 gegenüber unserer Zeitung. „Die Auszubildendenzahlen sind extrem eingebrochen in den vergangenen Jahren“, sagte sie damals, viele Schulen hätten Probleme, die Klassen vollzubekommen. Laut dem Statistikportal Statista setzt sich dieser Trend ungehindert fort. Demnach gab es im Jahr 2022 nur 1875 Floristik-Azubis in ganz Deutschland. 20 Jahre zuvor waren es noch mehr als 8000 gewesen.

„Die Vorbereitungszeit ist wie beim Sport“

Dirr weiß um die Krise. „Ich kenne die Probleme mit der Ausbildung sehr stark“, gleichzeitig betont er, den Beruf zu lieben. Es sei eine Branche, in der man Abwechslung habe und viel gestalten könne. Wie viel Kreativität im Handwerk steckt, das konnte er bei der Deutschen Meisterschaft beweisen. Dort musste er mehrere Arbeiten zum Thema Frieden anfertigen, einen gebundenen Strauß etwa oder einen geschmückten Tisch. „Die Vorbereitungszeit ist wie beim Sport“, sagt er, ein gutes Vierteljahr habe er am Auftritt gefeilt. „Es geht ja auch um Inhalte“, betont er. Bewertet worden seien die Idee, das Handwerkliche, Farben und Komposition.

Auf Blumen hat der preisgekrönte Floristmeister aus Stuttgart-Süd einen fast schon philosophischen Blick. „Man kann mit einer Blüte mehr ausdrücken als mit einem ganzen Buch“, findet er. Ob rote Rose oder weiße Lilie, Blumen gehörten einfach zu unserer Kultur, und dies schon seit Urzeiten. „Die Blume ist das letzte Geschenk, das wir jemandem geben“, sagt Josef Dirr, sie spende Trost. Und freilich, er beschäftige sich auch einfach gern mit Floralem. Haptik, Geruch, Aussehen, „dieser Werkstoff ist so unterschiedlich“. Auch sein Zuhause schmücke er gern mit damit.

In der Vergangenheit hat Josef Dirr schon an mehreren Branchenwettbewerben teilgenommen und war nach eigenen Angaben immer gut dabei. Dass er nun einen Durchmarsch vom Landes- zum Deutschen Meister hingelegt hat und sich bester Florist Deutschlands nennen darf, macht ihn schon stolz, wie er sagt. „Das ist für mich eine Wahnsinnsauszeichnung. Das ist schon was Besonderes.“