Die Marktforschung spricht für Markus Lanz. 76 Prozent der Deutschen kennen ihn nach einer Umfrage von Emnid. Mit einer Note von 2,5 schneidet er zwar bei weitem nicht so gut ab wie Günter Jauch (1,9), aber immerhin ein bisschen besser als sein Vorgänger Gottschalk (2,6). Doch die nackten Zahlen, das ist das eine – und die Frage der Chemie eine andere. Jauch, Gottschalk oder auch Bohlen sind ja auch deshalb so beliebt, weil sie einzigartig sind. Typen, die für etwas stehen.

 

Aber Markus Lanz? Irgendwie bekommt man ihn nicht so recht zu fassen. Ein Typ, der es allen recht machen will und bemüht ist, nirgendwo anzuecken. Als größten Streber im deutschen Fernsehen, so hat ihn der „Spiegel“ einmal genannt. Es ist kein schmeichelhaftes Etikett, er hat sich maßlos darüber geärgert, daraus macht er keinen Hehl. Er sagt, er sei dünnhäutiger geworden. Und da ahnt man zum ersten Mal, dass es vielleicht noch einen anderen Markus Lanz gibt. Einer, der sich hinter seiner Rolle als Baumeister der optisch und dramaturgisch überarbeiteten Sendung versteckt.

Da sind die gedrechselten Sätze, denen man anmerkt, wie sehr er sich das Hirn verrenkt hat, um sie bei nächstbester Gelegenheit scheinbar ganz zufällig aus dem Ärmel zu zaubern. Sätze wie: „Das ist hart, aber es geht noch härter: Hertha BSC.“ Und da sind seine Gesten, die immer wie einstudiert wirken. Zum Beispiel der Zeigefinger.

Immer wieder dieser Zeigefinger

Es war der Komiker Max Giermann, dem aufgefallen war, dass dieser Zeigefinger sein Markenzeichen ist. Lanz stochert damit in der Luft herum, wenn er nach einer Antwort sucht. Er legt ihn sich auf die Lippen, wenn er in den Modus „nachdenklich“ schaltet. Es spricht für Lanz, dass er Szenen mit Giermann aus der Satire-Sendung „Switch Reloaded“ in den Image-Trailer schneiden ließ, den ihm das ZDF zum Amtsantritt spendiert. Nie war Lanz authentischer als in der Lanz-Parodie.

Ein Verlegenheitskandidat für einen Job, den keiner wollte

Markus Lanz, ein Mann vom Boulevard, knallhart in der Sache, geschmeidig im Auftreten, 43 Jahre alt. Sein Handwerk hat er bei RTL gelernt, als Moderator eines Magazins, das „Explosiv“ heißt. Der Name ist Programm. Lehrer mit Schülerin auf der Liebesflucht, die verrücktesten Lady-Gaga-Fans, das sind so Themen. Markus Lanz hat die Redaktion fünf Jahre lang geleitet. Seine Kollegen von früher wollen nicht über ihn sprechen. Sie werden wissen, warum. Es ist noch gar nicht lange her, da galt dieser Mann als Verlegenheitskandidat für einen Job, den kein anderer machen wollte, nicht Jörg Pilawa, nicht Johannes B. Kerner und Hape Kerkeling, der Mann, den sich alle als künftiges Zugpferd des Unterhaltungsklassikers gewünscht hätten.

Die Suche nach Ersatzkandidaten wurde immer absurder. Man hatte sich insgeheim schon mit der Vorstellung arrangiert, dass die mopsfidele Cindy aus Marzahn gar nicht so eine schlechte Lösung sei, da schob das ZDF einen Mann ins Rampenlicht, den niemand auf dem Schirm gehabt hätte, wenn er sich nicht schon vorher selber ins Gespräch gebracht hätte.

Es war im Dezember 2011. Lanz hatte die bekannte Astrologin Elisabeth Teissier zu Gast in seiner Talkshow. Da saß er wieder in der typischen Lanz-Haltung, das linke Bein angewinkelt, das rechte ausgestreckt, den Oberkörper weit vorgebeugt. Das versteht Lanz unter zugewandt. Ob sie ihm nicht mal sein Horoskop für 2012 vorhersagen könne, fragte er Madame. Er stehe vor einer „wichtigen Wende in seinem Leben“, orakelte Teissier. Möglicherweise bekomme er 2012 eine neue Sendung. „Meinen Sie irgendwas mit Wetten?“, entfuhr es dem Moderator da. Man war sich nicht ganz sicher, ob er überrascht war oder nur auf die richtige Gelegenheit gewartet hatte, um sich selber als Nachfolger ins Gespräch zu bringen.

Lanz überlässt nichts dem Zufall. Daraus macht er keinen Hehl, auch nicht aus seiner Talkshowphilosophie, über die er in Köln offen spricht. Er hat seine Tricks den Amerikanern abgeschaut, Kollegen wie Jay Leno oder Larry King. Er sagt, deren Gäste wüssten, worauf es in der Talkshow ankomme, nämlich auf eine gute Performance, eine knackige Story. Ob die wahr sei oder nicht, sei ihm egal. „Lieber erstunken und erlogen, aber dafür lustig.“

Thomas Gottschalk würde das wohl unterschreiben. Aber da hören die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden auch schon auf. Der Mann, der im kalifornischen Malibu lebt, erlag ja dem verhängnisvollen Irrtum, er selber sei das Programm. Le show, c‘est moi. Und das entbinde ihn von solch lästigen Aufgaben wie der, die Namen seiner Gäste zu googeln. So vermessen ist Markus Lanz nicht. Davor bewahrt ihn die RTL-Schule. Quoten, das ist seine Währung, Knalleffekte sein Instrument. Sie zu produzieren, ist Arbeit, harte Arbeit. Und vielleicht ist Lanz deshalb genau der richtige Mann bei „Wetten, dass . .?“ Er ist ein richtiger Workaholic. Schon jetzt fragt man sich, wie er sein Pensum schafft. Er arbeitet in Hamburg, lebt aber in Köln. Vor einem Jahr hat er geheiratet, auf einem Berg in seiner Südtiroler Heimat. Howard Carpendale hat auch mitgefeiert. Lanz spielt Klavier, die Liebe zur Musik verbindet ihn mit dem Schlagerstar.

Ein Sohn aus einer früheren Beziehung

Seine Frau Angela ist dreizehn Jahre jünger als er, eine Deutsch-Japanerin, die als Betriebswirtin für einen Medienvermarkter arbeitet. Einen Bauernhof in seiner Tiroler Heimat hat er sich auch schon gekauft. Und seitdem spekuliert die Yellow Press über Nachwuchs. Lanz hat bereits einen zwölfjährigen Sohn aus einer früheren Beziehung mit der Moderatorin Birgit Schrowange. Sie haben sich bei RTL kennengelernt, dem Sender, bei dem er auch die Tricks gelernt hat, mit denen man das Publikum herumkriegt.

Es wird sich zeigen, ob sie auch bei „Wetten, dass . .?“ funktionieren. Von Gottschalk zu Lanz, das ist, als würde das ZDF vom Rolls-Royce auf den Opel Zafira umsteigen, von der Limousine auf die Familienkutsche. Es geht nicht mehr um den Moderator, es geht um die Kandidaten. Sie sind die Stars. Lanz lässt ihnen gerne den Vortritt. Ihm bleibt dennoch genug Raum, um sich zu profilieren. Er wird künftig in jeder Sendung gegen einen Zuschauer antreten. Riesenslalom, das wäre eine Wette nach seinem Geschmack. Schlag den Raab? Nein, schlag den Lanz.

In den Umfragen kommt Lanz gut weg

Die Marktforschung spricht für Markus Lanz. 76 Prozent der Deutschen kennen ihn nach einer Umfrage von Emnid. Mit einer Note von 2,5 schneidet er zwar bei weitem nicht so gut ab wie Günter Jauch (1,9), aber immerhin ein bisschen besser als sein Vorgänger Gottschalk (2,6). Doch die nackten Zahlen, das ist das eine – und die Frage der Chemie eine andere. Jauch, Gottschalk oder auch Bohlen sind ja auch deshalb so beliebt, weil sie einzigartig sind. Typen, die für etwas stehen.

Aber Markus Lanz? Irgendwie bekommt man ihn nicht so recht zu fassen. Ein Typ, der es allen recht machen will und bemüht ist, nirgendwo anzuecken. Als größten Streber im deutschen Fernsehen, so hat ihn der „Spiegel“ einmal genannt. Es ist kein schmeichelhaftes Etikett, er hat sich maßlos darüber geärgert, daraus macht er keinen Hehl. Er sagt, er sei dünnhäutiger geworden. Und da ahnt man zum ersten Mal, dass es vielleicht noch einen anderen Markus Lanz gibt. Einer, der sich hinter seiner Rolle als Baumeister der optisch und dramaturgisch überarbeiteten Sendung versteckt.

Da sind die gedrechselten Sätze, denen man anmerkt, wie sehr er sich das Hirn verrenkt hat, um sie bei nächstbester Gelegenheit scheinbar ganz zufällig aus dem Ärmel zu zaubern. Sätze wie: „Das ist hart, aber es geht noch härter: Hertha BSC.“ Und da sind seine Gesten, die immer wie einstudiert wirken. Zum Beispiel der Zeigefinger.

Immer wieder dieser Zeigefinger

Es war der Komiker Max Giermann, dem aufgefallen war, dass dieser Zeigefinger sein Markenzeichen ist. Lanz stochert damit in der Luft herum, wenn er nach einer Antwort sucht. Er legt ihn sich auf die Lippen, wenn er in den Modus „nachdenklich“ schaltet. Es spricht für Lanz, dass er Szenen mit Giermann aus der Satire-Sendung „Switch Reloaded“ in den Image-Trailer schneiden ließ, den ihm das ZDF zum Amtsantritt spendiert. Nie war Lanz authentischer als in der Lanz-Parodie.

Man würde gerne wissen, warum er sich das antut. „Wetten, dass . .?“ – das ist zwar noch der größte Unterhaltungsdampfer, doch die Sendung gilt als Auslaufmodell. Wenn er Glück hat, gewinnt er einige junge Zuschauer dazu. Wenn er Pech hat, bleibt die Niederlage an ihm hängen.

Lanz kann die Frage nicht beantworten, woher er rührt, sein enormer Hunger nach Anerkennung. Vielleicht findet man den Schlüssel in seiner Kindheit. Er war vierzehn, als sein Vater an Leukämie starb. Seine Mutter vermietete Fremdenzimmer, um sich und die drei Kinder über Wasser zu halten. Markus, ihr Ältester, erhielt ein Stipendium und kam in einem Internat unter. Er sagt: „Wir waren kurz davor, zum Sozialfall zu werden.“

Der Moderator sucht Grenzerfahrungen

Es muss ein traumatisches Erlebnis gewesen sein. Der Verlust des Vaters. Das Leben in dünner Luft. Kein Mensch, der ihn tröstete. Seither sucht er die Grenzerfahrung selber, auf Reisen ans Ende der Welt , zum Beispiel an den Südpol, ins ewige Eis. Vielleicht findet er sich selber nur dort. Er sagt: „Das ist gelebte Physik.“

Bei seinem letzten Trip in die Antarktis verlor er sein Fingerspitzengefühl, bei minus 35 Grad. „Das war das Härteste, was ich je in meinem Leben gemacht habe“, sagte Lanz nach der Tour. Man kann sich darüber streiten, ob das eine gute oder eine schlechte Voraussetzung ist, um den nächsten Gipfel zu erklimmen.