Die Natur freut sich über den Regen, doch viele sehnen Sonnenschein und Wärme herbei. Wir erklären, ob das Frühjahr in Deutschland tatsächlich so verregnet und kalt ist.

Regen, Regen, nichts als Regen. Das Frühjahr scheint in diesem Jahr vor allem kalt und nass zu sein. Die Meldungen über Dauerregen, Hochwasser und Gewitter häufen sich, die über strahlenden Sonnenschein und Hitzetage dagegen sind rar gesät. Und auch in letzten Tagen des Wonnemonats Mai dürfte es in Baden-Württemberg wechselhaft und unbeständig werden.

 

Ist das Frühjahr wirklich zu kalt?

Auf viele Menschen wirkt das Frühjahr 2023 deutlich zu kühl. Die Heizungen laufen weiterhin, und draußen ist die Luft ist im wahrsten Sinne des Wortes sehr frisch.

Allerdings bestätigen die Daten des Deutschen Wetterdiensts diese gefühlte Wahrheit nicht wirklich. Wir werten sie kontinuierlich für unser Projekt „Klimazentrale Stuttgart“ aus.

Was ist der Hundertjährige Kalender?

Vielleicht haben Sie schon vom Hundertjährigen Kalender gehört. Es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung von Wettervorhersagen aus den Jahren 1652 bis 1658, die der Abt des Klosters Langheim Mauritius Knauer (1613/1614-1664) als „Calendarium oeconomicum practicum perpetuum“ verfasste.

Ursprünglich sollte dieses „Calendarium“den Mönchen ermöglichen, das Wetter in Franken vorherzusagen und so die klösterliche Landwirtschaft zu verbessern. Abt Knauer griff auf das damals bekannte (und durchaus umstrittene) astrologische Wissen zurück.

Demnach beeinflussen Mond, Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus und Merkur in einem festem Turnus jeweils ein Jahr lang von Frühlingsbeginn bis Winterende das Wetter. So glaubte der Klostervorsteher über jeden beliebigen siebenjährigen Zeitraum präzise Wetterbeobachtungen machen zu können.

Aus meteorologischer Sicht sind die Vorhersagen des Kalenders kulturgeschichtlich interessant, aber wissenschaftlich nicht haltbar.

Was sagt der Hundertjährige Kalender über das Wetter 2023?

Laut dem Hundertjährigen wird das Wetter in diesem Jahr vom Planeten Mars bestimmt.

Frühling: Das Frühjahr in Mars-Jahren ist in der Regel zu trocken, kalt, regnerisch und grau.

Sommer: Der Sommer wird dagegen sehr heiß. Es besteht erhöhte Waldbrandgefahr. Der Wasserstand in Flüssen und Seen nimmt auf Grund der großen Trockenheit stark ab.

Herbst: Auch in der dritten Jahreszeit ist es meist mehr trocken als feucht. Im Oktober kann es starken Frost geben. Der November ist dann wieder wärmer.

Winter: Der Winter wird ziemlich kalt und mehr trocken als feucht. Insgesamt ist die Wetterlage wie im gesamten Jahr 2023 sehr unbeständig.

Was sagen die Meteorologen?

Der April 2023 ist deutlich zu kühl gewesen. Um 1,8 Grad, hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) errechnet. Nur an sechs Tagen war die Tageshöchsttemperatur höher als im Mittel der zurückliegenden 30 Jahre, an 21 Tagen gleich oder darunter.

Der Grund dafür sind die Wetterlagen, die in diesem Jahr häufiger aus nördlicher und westlicher Richtung auf Baden-Württemberg einwirkten. Das erklärt die kühle Witterung. „In den letzten Jahren war der März kälter und der April meist wärmer“, erklärt der DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller.

Wie waren die Monate Januar bis März 2023?

Die Monate Januar bis März waren dagegen deutlich milder als üblich – und nasser. Dass der Frühling gefühlt nicht in die Gänge kommt, kann auch mit dem häufigen Wetterwechsel zu tun haben.

Auf einzelne wärmere Tage folgen regelrechte Wetterstürze, in denen das Thermometer auf klar einstellige Werte fällt. Der ständige Wechsel zwischen mild und kühl lässt keinen Eindruck von stabilem Frühlingswetter entstehen.

Inwieweit wirkt sich der Klimawandel aus das Wetter 2023 aus?

Insofern ist das Frühjahr 2023 ein gutes Beispiel dafür, wie sich Klimaerwärmung nicht zwingend in Dauer-Wärmestress ausdrückt. Vielen kommt die Witterung seit Wochen eher zu kühl vor. Für den April trifft diese Wahrnehmung zu, insgesamt ist 2023 aber bislang deutlich zu mild.

Womöglich hat die Wahrnehmung vor allem damit zu tun, dass wir uns in den vergangenen Jahren an sehr milde Temperaturen im Frühjahr gewöhnt haben. Normal sind sie dadurch noch lange nicht.

Was hat der Dauerregen mit El Niño zu tun?

Nach einer Prognose der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf muss sich die Welt wegen des nahenden Klimaphänomens El Niño bereits in diesem Jahr auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen. Schon jetzt sei das Oberflächenwasser im zentralen und östlichen Pazifik höher als im langjährigen Durchschnitt, und dies gehe immer mit höheren Temperaturen an Land einher, berichtet die WMO.

Die WMO-Experten sind sich sicher: Zusätzlich zum Klimawandel durch menschengemachte Treibhausgase kommt nun das Wetterphänomen El Niño mit bis zu 80 Prozent Wahrscheinlichkeit auf die Welt zu.

Mit Blick auf 2024 und 2025 seien wegen El Niño sogar Temperaturrekorde zu befürchten, warnt WMO-Chef Petteri Taalas. „Die Entwicklung eines El Niño erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Temperaturrekorde gebrochen werden.“

Info: El Niño, La Niña und das Wetter in Deutschland

El Niño und La Niña
El Niño und das Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf. Bei beiden verändern sich die Meeres- und Luftströmungen im und über dem süd-südöstlichen Pazifik. Je nach Weltregion erzeugt dies vermehrte Niederschläge oder Dürren. Weil die Erwärmung der Küstengewässer vor Peru immer zum Jahresende besonders hoch waren, nannten Fischer das Phänomen El Niño (das Christkind).

Klima-Zyklen
El Niño steht für eine Phase, in der eine bestimmte Region im Pazifischen Ozean besonders warme Wassertemperaturen aufweist. La Niña für die besonders kalte Phase. Die beiden Zyklen wechseln sich durchschnittlich alle drei Jahre ab.

Deutschland-Wetter
El Niño hat Einfluss auf das Wetter weltweit, weil er Hoch- und Tiefdrucksysteme, Winde und Niederschläge beeinflusst – auch in Deutschland. Aufgrund der größeren Energiemenge, die El Niño weltweit liefert, sind auch neue und extremere Hitzerekorde und möglicherweise besonders heftiger Starkregen von den Alpen bis zur Nordsee wahrscheinlich.