Alle reden übers Wetter. Zu Recht! Sollen die Meteorologen doch sagen, dass alles ganz normal und eher guter Durchschnitt sei. Den Sonnenhungrigen im Land stinkt der Regen. Aber so richtig!

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart - Das ist ein Manifest! Dass es reicht! Mit dem Dauer-Piss-Schiet-Wetter! An wen soll sich der tropfnasse Bürger wenden? An die Meteorologen? Oje! An den Wettergott? Haha! Oder an die Bundesregierung? Naja!

 

Jahrhundertsommer? Was ist denn das?

Wie Sommer ausfallen, sei durch den Zufall bedingt, erklären die Meteorologen. Die müssen’s wissen, schließlich haben sie das mit dem Wetter studiert. Die mediterranen Sommermonate in den 1990er Jahren, 2003 und 2006 (WM-Sommermärchen) waren Jahrhundertsommer. Sonne und Hitze bis zum Abwinken.

2016 scheint’s wie 2012 Durchschnittsware zu geben und gleich fangen die Leute an zu motzen. Wenn man Emotionen und Psychologie beiseite ließe, hätte man eben Durchschnittsware im Sommer mitsamt den Auswirkungen des Klimawandels, meint ein Meteorologe.

Erinnerung an den großen Rudi Carrell

Wenn der Blick nach draußen nur zu Trübsinn führt, muss man sich anderswo die Sonne ins Herz holen. Beispielsweise mit Schlagern, denen weder der Zahn der Zeit noch musikalische Moden etwas anhaben können. Der Hit von Rudi Carrell (1934-2006) aus dem Jahr 1975 ist so ein zeitloser Ohrwurm.

„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer – ein Sommer wie er früher einmal war? Ja, mit Sonnenschein von Juni bis September und nicht so nass und sibirisch wie im letzten Jahr.“

Nun war Rudi der Große Niederländer und ein begnadeter Entertainer, aber eben kein Wetterfrosch. Er hat in seinem Sommer-Song auf geniale Weise die Sehnsüchte der Menschen nach Hitze, Freibad und eiskalten Drinks bedient, die unbestreitbaren Fakten des mitteleuropäischen Wetters jedoch geflissentlich verdrängt.

Wetter weckt Emotionen

„Die objektive Wetterwirklichkeit und die subjektive Wahrnehmung klaffen oft weit auseinander“, stellt Peter Walschburger, Professsor für Biopsychologe an der Freien Universität Berlin, fest. „Das Wetter ist oft nicht so schlimm, wie wir es empfinden. Ein vermeintlich verregneter Sommer weckt Emotionen.“

Das Wetter muss also als Prügelknabe herhalten, wenn der Mensch unzufrieden und gestresst ist.

„Wenn es ein paar Tage 30 Grad ist, kommen Klagen. Wenn die Temperaturen sinken, wird gemeckert“, sagt der Professor aus Berlin (wo’s gerade mal wieder regnet). Wenn es den ganzen Tag regnet, empfänden wir dies als einen „Störimpuls“, auf den wir unsere ganze Aufmerksamkeit lenken. „Diese Wahrnehmung verstärkt sich und bleibt eine Zeit lang in unserem Bewusstsein hängen.“

Wetter und Psyche

Zurück zu Rudi’s Schlager. Er suggeriert, dass früher alles besser war. Aussagen übers Wetter hätten zu 30 Prozent mit Meteorologie und 70 Prozent mit Psychologie zu tun, sagen Meteorologen. Das stimmt. Sonne und Wärme üben bekanntlich einen überaus positiven Einfluss auf die Psyche aus und hellen die Stimmung auf. Wenn die Sonne strahlt, sind die Menschen glücklich. Wenn’s dagegen schüttet wie aus Eimern, ist die Stimmung im Keller. Nicht zu vergessen: der weit verbreitete Erinnerungsoptimismus. Die Menschen erinnern sich lieber an die wenigen Hitzefrei-Tage als an die vielen verregneten.

Bleibt also nur der Regen. Und die Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt. „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer – ein Sommer wie er früher einmal war? Ja, mit Sonnenschein von Juni bis September und nicht so nass und sibirisch wie im letzten Jahr.“