Wie viel Wahrheit steckt hinter den Volksweisheiten zum Wetter, wie etwa dem Siebenschläfer? Die Meteorologin Elisabeth Brunnbauer vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gibt Auskunft.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart/Braunschweig - Das Wetter schlägt oft Kapriolen. Mal ist der Winter zu warm und zu trocken, dann ist der Sommer zu kalt und zu nass. Die Meteorologie versucht die Wetterlage mit Hilfe von Technik und Wissenschaft vorherzusagen. Die alten Bauernregeln dagegen sind Erfahrungswissen, das aus der Wetterbeobachtung über viele Generationen hinweg gewonnen wurde. Wie viel Wahrheit steckt hinter den Volksweisheiten zum Wetter im Jahresverlauf? Die Meteorologin Elisabeth Brunnbauer vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gibt Auskunft.

 

Eisheilige (11. bis 15. Juni)

„Ehe nicht Pankratius, Servatius und Bonifatius vorbei, ist nicht sicher vor Kälte im Mai.“

Man nennt sie auch die Eismänner – die Heiligen Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia als einzige Frau aus dem 4. und 5. Jahrhundert.

Das sagt die Meteorologin dazu: „Bis Mitte Mai sind Kälterückfälle keine Ausnahme, allerdings finden sie nicht zwingend an den Terminen der Eisheiligen statt. In den letzten Jahren wurden Kälterückfälle immer seltener, können aber im Zuge des Klimawandels nach einem recht warmen Frühjahr verheerende Auswirkungen auf die Landwirtschaft und für den Obstbau haben.“

Schafskälte (11. bis 20. Juni)

„Ein Notfrost noch im Junius macht ohn’ Ausnahm’ viel Verdruss.“

Die Bezeichnung rührt daher, dass frisch geschorenen Schafe die arktische Kaltluft zusetzt. Nach einer sommerlichen Periode stellen sich Kälteeinbrüche von kurzer Dauer ein, verbunden mit wechselhaftem und regenreichem Wetter.

Die Meteorologin sagt: „Die Schafskälte kann regelmäßig in Daten der Wetteraufzeichnung beobachtet werden, man nennt dies eine meteorologische Singularität. Die Wahrscheinlichkeit für eine unterdurchschnittliche Lufttemperatur liegt bei 80 Prozent, für eine überdurchschnittliche Niederschlagsaktivität bei 55 Prozent.“

Siebenschläfer (27. Juni)

„Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen bestellt.“

Laut Legende wurde der Siebenschläfertag sieben christlichen Brüdern gewidmet, die wegen ihres Glaubens 251 n. Chr. im Römischen Reich verfolgt wurden.

Die Meteorologin sagt: „Statistisch liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit bei 62 bis 70 Prozent. Wie die Schafskälte gehört auch der Siebenschläfertag zu den Singularitäten, wobei sich in den meisten Jahren zwischen 27. Juni und 8. Juli bestimmte Großwetterlagen einstellen. Das Wetter ist von einer beträchtlichen Stabilität geprägt, womit der Witterungscharakter der folgenden Wochen vorgeben wird.“

Hundstage (28. Juli bis 7. August)

„Wie das Wetter, wenn der Hundsstern aufgeht, so wird’s bleiben, bis er untergeht.“

Die Hundstage bezeichnen eine Schönwetterperiode, haben aber mit Vierbeinern nichts zu tun. Diese Wetterperiode wurde nach dem Hundsstern Sirius benannt, der mit der Sonne auf- und untergeht. Zu dieser Zeit liegt häufig Hochdruckgebiet über der Mitte Europas, das die heißesten Tage des Jahres beschert.

Die Meteorologin sagt: „In diesem Zeitraum zeigen Wetterstatistiken kein Hochdruckgebiet , sondern weisen ausgerechnet für den Kernzeitraum der Hundstage in Mitteleuropa unbeständige Südwestwetterlagen aus.“

Altweibersommer (ab Ende September)

„Ist’s zu Allerheiligen rein, tritt Altweibersommer ein.“

Wenn sich der Tau auf Spinnweben sammelt, glänzen die silbrigen Fäden wie silbergraues Haar. Einer Sage zufolge nahmen die Schicksalsgöttinnen die Haare alter Weiber, um daraus die Lebensfäden der Menschen zu spinnen.

Die Meteorologin sagt: „Der Altweibersommer ist, wie die Schafskälte, eine ausgeprägte Singularität. Es handelt sich um eine beständige frühherbstliche Hochdrucklage über Mitteleuropa, die besonders häufig Mitte September bis Anfang Oktober auftritt und mit sommerlichen Temperaturwerten am Tag und kühlen Nächten einhergeht, also starke Taubildung und oft Strahlungsnebel aufweist.“

Martini-Sommer (Mitte November)

„Bringt der Sankt Martin Sonnenschein, tritt oft ein kalter Winter ein.“

Wenn sich um den Martinstag am 11. November herum noch einmal eine relativ stabile Hochdrucklage mit außergewöhnlich milden Temperaturen einstellt, sprechen Meteorologen von einem Martini-Sommer. Die Temperaturen können dann frühlingshaft werden.

Die Meteorologin sagt: „Gemäßigte Temperaturen im November statt winterlichem Schneefall, konnte im Zuge des Klimawandels zuletzt häufiger beobachtet werden. Ein Wärme Schub von über 15 Grad blieb jedoch die Ausnahme. Auch kann man den Zeitraum nicht am Martinitag festmachen.“

Weihnachtstauwetter (24. Dezember bis 5. Januar)

„Ist’s an Weihnachten kalt, ist kurz der Winter, das Frühjahr kommt bald.“

Glaubt man den Bauernregeln ermöglicht das Weihnachtswetter Rückschlüsse auf das Frühjahr. Ist das Weihnachtsfest frostig, so folgt in fast 70 Prozent der Fälle ein zu warmer Februar und damit ein schnelles Ende des Winters. Aber genauso gilt: Ist es an Weihnachten zu warm, folgt die nächsten Wochen Frostwetter.

Die Meteorologin: „Das Weihnachtstauwetter zählt zu den Singularitäten und ist – je nach Region - mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 70 Prozent jährlich zu erwarten.“

Wetter und Klimawandel

Bauernregeln: Die in Reimform gefassten Volkssprüche ziehen aus bestimmten Wetterlagen Rückschlüsse auf spätere Ereignisse und die Folgen für Landwirte und Gärtner. Als regionaler Erfahrungsschatz werden sie über Generationen weitergegeben. Es handelt sich allerdings mehr um grobe Orientierungshilfen als um feste Regeln.

Meteorologische Singularitäten: Damit sind ungewöhnliche Wetterlagen gemeint, die zu bestimmten Zeitabschnitten immer wieder auftreten und vom konstanten Wetterverlauf abweichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie eintreten, liegt bei 50 bis 90 Prozent. Ursache sind die Auswirkungen von Hoch- und Tiefdruckgebieten, die jedes Jahr zu dieser Zeit auftreten.

Klimawandel: Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass Wetterphänomene wie die Eisheiligen oder die Schafskälte auftreten, immer weiter ab. Ein Grund für diese Veränderungen könnte der Klimawandel sein. Mit der stetigen Erwärmung der globalen Atmosphäre würden auch die Kaltlufteinbrüche im Frühjahr immer weniger frostig ausfallen. So war der April 2018 der wärmste bisher gemessene April in Deutschland.