Auch im Kreis Ludwigsburg wächst der Widerstand in den evangelischen Gemeinden: Sie wollen entgegen dem Beschluss der Synode schwule und lesbische Paare trauen. Einige kündigen kirchlichen Ungehorsam an.

Kreis Ludwigsburg - Auch im Kreis Ludwigsburg wächst unter den evangelischen Kirchengemeinden die Kritik am Herbstsynoden-Ergebnis der Landeskirche. Diese hatte Ende November gegen eine öffentliche Segnung und Trauung gleichgeschlechtlicher Paare votiert – durch Blockade der Minderheit. Seitdem ist überall unter den württembergischen Protestanten eine teils heftig und emotional geführte Debatte entbrannt.

 

Nachdem viele Dekane aufbegehrt haben, proben nun auch viele Kirchengemeinden den Aufstand gegen die Entscheidung der Synode. Einige Pfarrer haben bereits angekündigt, trotz des Beschlusses die Verbindungen gleichgeschlechtlicher Paare öffentlich in der Kirche zu segnen. Kritische Worte kommen auch beispielsweise von der evangelischen Friedenskirchengemeinde in Ludwigsburg.

Die Pfarrerin Gisela Vogt betont: „Wir sind offen für Schwule und Lesben.“ Sie wirbt sogar für Stellen für homosexuelle Pfarrer. Ihre Kirchengemeinde sehe die Kirche als einen Ort der offenen Türen. „Wir gehen in diesem Punkt nicht mit der Landeskirche konform“, betont die Pfarrerin.

Ein Riss geht durch die Gemeinden

Aus der evangelischen Martinskirche in Ludwigsburg-Grünbühl sind ähnliche Worte zu hören. Die Pfarrerin Dorothea Schlatter sagt: „Ich finde es bedauerlich, dass so ein Riss durch unsere Kirche geht und dass Menschen, die sich sehr wohl zur Kirche zugehörig fühlen, von einem Teil so vehement abgelehnt werden.“ Ihrer Überzeugung nach sei das nicht die Botschaft der Kirche, sagt sie weiter.

Eine landesweite Protestaktion gegen den Synodalbeschluss hat der Ditzinger Pfarrer Burkhard Frauer gestartet: Er hat einen Brief an den Landesbischof Ottfried July aufgesetzt, in dem Pfarrer offenen Ungehorsam gegen das Kirchenrecht ankündigen: Sie wolle entgegen der Beschlusslage eine „Amtshandlung“ für gleichgeschlechtliche Paare in der Kirche vollziehen: „Wir fühlen uns durch die Heilige Schrift an unser Gewissen gebunden.“

Bereits 181 Pfarrer aus Württemberg haben unterzeichnet. „Wir haben bislang nur eine Eingangsbestätigung des Bischofs erhalten und warten auf seine Antwort“, sagt Burkhard Frauer. Aus seiner Sicht diktiere „eine Minderheit der Mehrheit“ das Verhalten.

Bemerkenswert ist, dass diese Pfarrer sogar disziplinarrechtliche Schritte riskieren, sollten sie tatsächlich eine amtliche Zeremonie für schwule und lesbische Paare abhalten. „Es haben sich alle vier Prälate und auch 40 von 50 Dekanen in Württemberg dem Protest angeschlossen“, sagt Burkhard Frauer dazu.

Viele Gemeinden sind in der Initiative Regenbogen organisiert

Viele protestantische Gemeinden haben sogar beschlossen, der Initiative Regenbogen beizutreten. Die darin vereinten Kirchengemeinden zeigen sich offen für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Zur Initiative Regenbogen gehören etwa die evangelische Kirchengemeinde in Kornwestheim und die im Ludwigsburger Stadtteil Grünbühl, ebenso haben sich im Landkreis die Gemeinden Hoheneck, Ingersheim und Freiberg-Heutingsheim der Initiative angeschlossen. In der Region sind zudem noch Gemeinden aus Böblingen, Geislingen/Steige und 15 aus Stuttgart in der Regenbogengruppe aktiv.

Es gibt auch eine Stellungnahme des Kirchenbezirks Ludwigsburg, dem sich zahlreiche Pfarrer angeschlossen haben. „Kann nur dort unter dem Schutzmantel der Verschwiegenheit geschehen, was nicht öffentlich sein darf?“, fragen sie in ihrem Aufruf, das Handeln der Kirche sei unglaubwürdig, sie werben für einen Kompromiss in der Sache.

Die Kornwestheimer Protestanten haben das Abstimmungsergebnis der Landessynode inzwischen sogar in einem offenen Brief kritisiert. Das Schriftstück, das vom Kirchengemeinderat verabschiedet worden ist, haben die Pfarrerin Elserose Haug und der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Klaus Schaldecker, gemeinsam unterzeichnet.

Das Ergebnis der Synode habe „enttäuscht und empört zugleich“, schreiben Haug und Schaldecker in dem Brief, der an Synodalpräsidentin Inge Schneider, Landesbischof Otfried July und die Prälatin Gabriele Arnold adressiert ist. „Wir nehmen dazu Stellung, weil uns das Thema und vor allem die Situation, die entstanden ist, umtreibt“, heißt es darin. In ihrem Schreiben heißt es, man könne nicht akzeptieren, dass die Segnung eines schwulen oder lesbischen Paares weiterhin ins stille Kämmerlein abgeschoben werde: „Man scheut das Licht der Öffentlichkeit.“ Das sei eine absurde Situation angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen und des Reformationsjubiläums.

Offener Protestbrief in Kornwestheim

Sie sehen darin eine engstirnige Haltung: „Was Nicht-Diskriminierung ist, kann nicht einseitig verfügt werden von denen, die in der Mehrheit sind und die Macht haben zu entscheiden.“ Zudem lehne der konservative und bei der Abstimmung in der Synode federführende Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ Trau- oder Segnungsgottesdienste mit der Begründung ab, Bibel und Bekenntnissen der Reformation zu entsprechen: „Damit verwehren sie kategorisch die Möglichkeit, eine andere Überzeugung zu leben.“