Wie der Schulstart in Baden-Württemberg geklappt hat Wer zu spät zur Schule kommt, muss klingeln

Endlich die Freunde wieder sehen, sagen die Schüler – endlich wieder unterrichten, sagen die Lehrer. Am Tag nach der Corona-Zwangspause gestaltet sich der neue Alltag von Schule zu Schule unterschiedlich.
Stuttgart - Viele Schüler sind froh, endlich wieder im geordneten Unterricht zu sein, zuhause raus zu kommen und die Freunde und Schulkameraden wiederzusehen.“ Roman Jauch vom Landesschülerbeirat betont am ersten halbwegs normalen Schultag nach langer Coronapause das Positive und das Soziale.
Vereinzelt hätten Schüler im Rahmen bei einer Umfrage des Landesschülerbeirats zwar auf Probleme mit den Abstandsregeln hingewiesen. Aber das werde meist schulintern geregelt – durch „Einbahnstraßensysteme“ oder Markierungen am Boden. Auch die Lehrer freuen sich überwiegend wieder halbwegs normal unterrichten zu können. Das berichten Doro Moritz, die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), und Michael Gomolzig, vom Landesverband Bildung und Erziehung (VBE). Dass die Schulen ab jetzt einen Neustart hinlegen, wollen die Verbandschefs aber nicht gelten lassen. In den vergangenen Wochen seien etwa die Abschlussklassen bereits in den Schulen gewesen. „Wir sind noch weit von normalem Schulleben entfernt und unterrichten in Schichten“, betont Gomolzig, der Rektor an einer Grundschule in Remshalden (Rems-Murr-Kreis) ist.
Nicht nur „Balgen und Fangerlesspielen“ auf dem Schulhof seien weiter Tabu. Alles was Schülern in aller Regel Spaß mache – etwa Musik- und Sportunterricht – finde meist nicht statt, weil nicht genügend Lehrer zur Verfügung stünden. Dass Kinder klingeln müssen, wenn sie zu spät kommen, was Werner Weber vom Verband der Schulleiter berichtet, ist für die Schüler auch noch gewöhnungsbedürftig. Und GEW-Chefin Moritz berichtet von einer Schule im Land, „wo gespenstische Ruhe herrschte, weil es mit den Schulbussen nicht geklappt hat, so dass teilweise nur drei Schüler in der Lerngruppe saßen.
Tatsächlich fällt das Unterrichtsangebot von Schule zu Schule unterschiedlich aus, wie sowohl die Schüler- als auch die Lehrervertreter darlegen. „Manche haben einen Tag in der Woche Unterricht, manche wenige Stunden am Tag, manche haben einen nahezu vollen Stundenplan“ erzählt Roman Jauch vom Landesschülerbeirat. Was in Elternkreisen Ratlosigkeit und Kritik auslöst, erklärt Werner Weber vom Rektorenverband am Beispiel seiner eigenen Gemeinschaftsschule in Heidenheim. Für seine Grundschüler stehen von zwölf Lehrern vier nicht für den Unterricht zur Verfügung, weil sie einer Risikogruppe angehören. Daher fällt der Unterricht deutlich kürzer aus als bei den Fünft- bis Zehntklässlern, wo von 30 Lehrern immerhin 22 da sind. „Da kann ich viel besser sicherstellen, dass jede Klasse in drei Lerngruppen unterteilt werden kann.“ Auch Doro Moritz von der GEW erklärt, dass die Stundentafel an jeder Schule davon abhängt, wie viele Räume und Lehrer einsetzbar sind. Kollegien, die den Generationswechsel schon hinter sich hätten, täten sich da generell leichter. Das vom Kultusministerium gewünschte rollierende System im Wochenrhythmus könne nicht funktionieren, fügt sie als weiteres Argument hinzu. Laut einer Umfrage müsse jede Klasse im Durchschnitt in 2,2 Gruppen eingeteilt werden, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können. „Um beim Ansteckungsrisiko nichts zu riskieren, brauchen wir drei Gruppen pro Klasse – da klappt der Zwei-Wochen-Rhythmus nicht.“
Laut Ralf Scholl von Philologenverband versuchen die meisten Gymnasien, möglichst alle Fächer zu unterrichten. Er findet, sein Stundentafelplaner „hat den Nobelpreis verdient“, weil das wegen der Teilung in Lerngruppen so kompliziert sei. Das Kultusministerium meldet, dass Lehrer und Rektoren, die vergangenen Wochen gut genutzt hätten, „um eine reibungslose Wiederaufnahme des Unterrichts zu ermöglichen. „Für die Arbeit vor Ort sind wir den Schulleitungen, Lehrkräften und Schulträgern sehr dankbar“ so Ministerin Susanne Eisenmann (CDU).
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