Designerin Stefanie Hering aus Warmbronn Keramik für Lenny Kravitz und Nicole Kidman

Stefanie Hering stammt aus Warmbronn, wo sie ihre Liebe zu Keramik entdeckte. Heute versorgt sie Sterneköche und Privatiers mit toller Keramik. Foto: Sonja Müller

Promis und Sterneköche schwören auf Geschirr von Stefanie Hering. Mittlerweile versorgt die gebürtige Schwäbin Feinschmecker auf der ganzen Welt mit ihren stilvollen Kreationen.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Helga Mieze von der Volkshochschule Warmbronn, einer kleinen Ortschaft zwischen Sindelfingen und Stuttgart, ist schuld. Sie erkennt, dass Stefanie Hering, der Ton und die Töpferscheibe ganz wunderbar zusammenpassen: „Du hast ein Talent, du musst das machen“, sagt Helga Mieze damals. Auch die Eltern, die die Tochter gerne bei Daimler gesehen hätten, überzeugt Mieze. Das ist schon ein paar Jährchen her. Heute ist Stefanie Hering der Star der Keramikbranche.

 

Prada statt Birkenstock, große Desingmessen statt Töpfermärkte

Für die Teenagerin ist nach dem Realschulabschluss klar: Handwerkerin, etwas mit Keramik muss es für sie sein. Doch sie will schon immer lieber „Prada statt Birkenstock tragen“, denkt eher an große internationale Designmessen als an Töpfermärkte.

Einige Jahre später im Sommer 2023: Stefanie Hering empfängt einen in der neuen Villa Hering, einer stilvollen Eingangshalle mit einem eigens designten Leuchtobjekt an der Decke, in der Ecke ist eine kleine Teeküche eingerichtet: „Kaffee, Tee, Wasser?“

Was für eine eindrucksvolle Villa

Es ist eine sagenhafte Villa in Zehlendorf, Hortensien im Garten, eine Lohberger Küche im Erdgeschoss für die Küchenchefs, die gerne vorbeikommen, um dann auch mal zu kochen. Tom Sellers aus London, Gal Ben Moshe aus Berlin etwa waren schon da. Die Renovierung des prachtvollen, denkmalgeschützten Anwesens aus dem Jahr 1905 war ein Coronaprojekt, rund 100 Fenster mussten gestrichen, der Garten neu angelegt werden.

Ein mutiger Schritt in einer Zeit, in der Hering von einem Tag auf den anderen 40 Prozent ihrer Kundschaft, nämlich die Gastronomen, verliert. „Da habe ich viele Businesspläne geschrieben, wie es weitergehen könnte“, so Hering.

Stefanie Hering, kurze, weißblonde Haare, markante schwarze Brille, gießt sich Tee aus der goldenen Kanne ein. Es ist ein Design von ihr, klar. Das Ziel: eine Teekanne zu erfinden, die nicht tropft. Sie lacht. „Unsere ist nah dran.“ Ihre Räume sind Büro und zugleich Showroom, hier wird im großen Stil eingekauft. Von Profis wie auch Privatiers.

Ihre Teller sind die Rahmen für die Kunstwerke der Köchinnen und Köche, wenn man so möchte

„Ich bin ja nur die Bühne für die Künstler“, sagt Stefanie Hering. Ihre Teller sind die Rahmen für die Kunstwerke der Köchinnen und Köche, wenn man so möchte. „Unser Geschirr ist auf der ganzen Welt vertreten. Und es ist so schön zu beobachten, wie jeder anders damit umgeht, es immer wieder anders aussieht.“ Die Kundenliste liest sich wie ein bester Gelbe-Seiten-Mix aus Michelin-Sterne-Restaurants und 50-Best-Liste: bei Thomas Keller, Shoji Natsuko, Hélène Darroze, Tom Sellers, Andreas Caminada, im Restaurant Jordnær in Kopenhagen, im Mirazur von Mauro Colagreco und bei Christian Bau werden die feinen Speisen auf Hering-Geschirr serviert. „Wir funktionieren da wie ein Chamäleon“, sagt Hering. Aber eines, das man dennoch immer frappant wiedererkennt. Ein Hering-Teller ist optisch und haptisch besonders.

Gulasch, Spätzle, Schmorgerichte

Aufgewachsen ist sie mit einfacher Kulinarik: Gulasch, Spätzle, Schmorgerichte und vor allem frische Ware aus dem eigenen Garten. Der eine Opa ist leidenschaftlicher Obstbauer, der andere Bauer, er hat geschlachtet und Gemüse geerntet. „Wir hatten immer genial gute Lebensmittel zu Hause“, schwärmt Hering. Das bedeutet aber eben auch stets viel Arbeit. So muss sie nach der Schule und den Hausaufgaben noch Kartoffeln auf dem Feld ernten oder Kirschen pflücken. „Aber die Erinnerung daran ist schön“, so Hering. Im Garten baut sie sich an einem Sommertag eine Werkbank auf und knetet ihr erstes Geschirr aus Ton. So ging das los – mit Stefanie und den Gefäßen. Ihre Lehre macht Hering in einer Töpferei in Besigheim, anschließend geht sie nach Dänemark und Irland (um ihr Englisch zu verbessern), eben auf Wanderschaft wie eine Handwerkerin. „Ich habe in den Betrieben viel gelernt, konnte denen aber auch viel geben“, so Hering.

Drei Oberflächen, die heute weltweit bekannt sind

Dann macht sie in der Werkstatt bei Frank Ludwig in Pfäffingen, ein Spezialist für Gefäße mit Kristallglasuren, Station. Hering aber will herausfinden, was sie selbst möchte, wohin die Reise geht – und so studiert sie in Höhr-Grenzhausen im Westerwald, „einem Schlaraffenland mit allen Öfen und Laboren, ein geradezu gigantisches Experimentierfeld“. Hier kann sie sich drei Jahre lang ausleben, vertiefen und macht sich Porzellan als Material zu eigen, „um zu schauen, wie weit kann man gehen, wenn man das frei Hand dreht. Da habe ich mir Tricks und Kniffe erarbeitet.“

Und damals entstanden schon die drei Oberflächen, die heute weltweit bekannt sind. Die Namen: Velvet, Pulse und Cielo. Die Optik: schlichte, leicht samtige, weiße Flächen. Dann jene mit feinen, von Hand gezogenen Streifen und natürlich das berühmte Lochmuster, das mit dem Handbohrer in das noch feuchte, ungebrannte Porzellan gebohrt wird.

Das Material nennt sich Biskuitporzellan

Alle Teile sind erstaunlicherweise spülmaschinenfest und mikrowellentauglich. Das Material nennt sich Biskuitporzellan, das bei Hering Berlin aus einem Hartporzellan, gebrannt bei knapp 1400 Grad, hergestellt wird. Als Biskuit bezeichnet man die unglasierten matten Stellen aus reinem Porzellan. Hering erklärt: „Man benutzt Biskuitoberflächen, die gegen Säure und Lauge resistent sind, in der chemischen Industrie. Da geht niemals etwas rein.“ Die nächste Härte sei der Diamant. Nicht ohne Grund bezeichnet sich Hering selbst als „Materialfetischistin“. Sie ist eine, die die Qualitätsmesslatte verdammt hoch ansetzt. „Porzellan wurde früher nicht umsonst das weiße Gold genannt. Und es war eben weiße Erde. Mir widersprach es, diese Erde wieder zu glasieren, überzudekorieren und ihren Charakter zu verdecken“, erklärt Hering die Schlichtheit ihrer Objekte.

Als sie in Berlin ankommt in den 1990er Jahren, findet sie sich im kulinarischen Nirwana wieder: „Ich habe mir meine Würste und Schäufele aus dem Remstal nach Berlin schicken lassen.“

Ihre Arbeit kommt gut an. Sodass die Auftragsbücher voll sind, mit namhaften Kunden wie etwa dem Nobelkaufhaus Bergdorf Goodman aus New York. Das Museum of Modern Art veröffentlicht ein Heft mit Designklassikern und packt eine Heringsche Kumme, ein henkelloses Gefäß, aufs Titelblatt. Und da sind dann so viele Anfragen, dass ihr Ofen nicht mehr ausreicht.

Oprah Winfrey und Nicole Kidman lassen sich ausstatten, über viele andere darf man nicht sprechen

Seit 1999 arbeitet Hering mit der Manufaktur Reichenbach in Thüringen zusammen, um ihr Porzellan in Serie zu bringen. Und auf ihre Teller schwören fortan auch allerlei Prominente. Oprah Winfrey und Nicole Kidman lassen sich ausstatten, über viele andere darf man nicht sprechen. Hering entdeckt in Zeitschriften immer wieder Objekte von sich. Etwa als Lenny Kravitz in einem Architekturmagazin abgebildet wurde.

Und es sind eben die Köchinnen und Köche, die ihre Gerichte auf Hering-Geschirr präsentieren. Seit Mitte der Nullerjahre sind die Herren am Herd die neuen Stars, die nicht nur sich, sondern vor allem ihre Kreationen inszenieren. Hering dachte nicht, dass die um die 100 Euro für einen Teller ausgeben: „Doch auf einmal hatten Küchenchefs eine ganz andere Anerkennung. Die ersten kauften unser Geschirr und versteckten es vor den Kollegen, damit sie es nicht nachmachten“, so Hering. Zu ihren ersten Kunden gehören Santi Santamaria, Johannes King, Thomas Bühner und Heinz Winkler. Alles Hochkaräter.

„It’s bloody expensive, but it’s damn good.“

Der amerikanische Koch Thomas Keller sagte einmal: „It’s bloody expensive, but it’s damn good.“ Günstig ist das Geschirr wahrlich nicht: Wer bei Hering einkauft, sich eine Komplettausstattung für daheim gönnen möchte, kann da pro Person ab 700 Euro rechnen. Viele staunen über die Langlebigkeit. „Die Bruchrate liegt in der Gastronomie bei zwei bis drei Prozent“, sagt Hering und fügt lachend ein „leider“ an.

Neulich war sie in Taiwan, um große Gefäße zu entwerfen, in denen man Tee altern lassen kann. Danach saß sie selbst wieder an der Töpferscheibe: „Man verlernt es nicht, das ist wie Fahrradfahren.“ Helga Mieze wird es freuen.

Gut und teuer

Kosten
Der Gesamtpreis einer Keramikausstattung von Stefanie Hering liegt bei 700 Euro aufwärts – pro Person.

Langlebigkeit
Einmal angeschafft hält das Design-Geschirr oft lebenslang und wird als Erbstück an die nächste Generation oder die Enkel weiter gegeben. (mic)

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