Wie im Kalten Krieg Lässt Trump Atombomben testen?
US-Präsident Donald Trump droht mit neuen Atomwaffentests. Die bisherige Geschichte solcher Versuche hinterlässt immense Schäden und zahllose Opfer.
US-Präsident Donald Trump droht mit neuen Atomwaffentests. Die bisherige Geschichte solcher Versuche hinterlässt immense Schäden und zahllose Opfer.
„Ich hasse das, doch ich habe keine Wahl.“ Mit diesen dramatischen Worten hat US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche neue Tests der amerikanischen Atomwaffen angekündigt. Er verwies auf die Testprogramme anderer Länder und nannte ausdrücklich Russland und China. „Russland nimmt Tests vor, China nimmt Tests vor, aber sie sprechen nicht darüber“, sagte Trump in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS.
Tage zuvor hatte Kremlherrscher Wladimir Putin von einer neuen angeblichen Wunderwaffe gesprochen: einem atomgetriebenen Marschflugkörper, genannt „Sturmvogel“, für den die „entscheidenden Tests“ eben beendet seien. Die Rakete lässt sich auch mit nuklearen Sprengköpfen bestücken.
Beides deutet auf einen heiklen Kurswechsel hin: Die USA hatten seit 33 Jahren keine Atomtests mehr durchgeführt, Russland seit dem Untergang der Sowjetunion 1990 angeblich nie wieder.
Allerdings ist unklar, welche Art von Tests Trump nun plant. Der amerikanische Energieminister Chris Wright sagte dem Sender Fox News: „Die Tests, über die wir gerade sprechen, sind Systemtests, keine nuklearen Explosionen.“
Die erste Atombombe zündeten die Amerikaner noch in der Endphase des Zweiten Weltkriegs: testweise am 16. Juli 1945 auf einem Militärgelände in der Nähe der Stadt Alamogordo in New Mexico. Zwei Wochen später richtete eine Bombe gleicher Bauart in der japanischen Stadt Nagasaki furchtbare Verheerungen an. Die über Hiroshima abgeworfene Bombe war von anderer Bauweise.
Bei jenem sogenannten Trinity-Test sollte die Funktionstüchtigkeit der damals neu entwickelten Waffe ausprobiert werden. Die Sowjetunion testete ihre erste Atombombe am 29. August 1949 in Semipalatinsk, was heute in Kasachstan liegt. Fortan gab es weltweit mehr als 2000 solcher Tests in der Atmosphäre, unterirdisch oder unter Wasser. Dabei wurden Unmengen an radioaktivem Material freigesetzt. Die Sprengkraft aller Atomwaffenversuche entspricht nach Angaben des Aktionsbündnisses „atomwaffenfrei jetzt!“ der von 67 000 Hiroshima-Bomben.
Der radioaktive Niederschlag nach solchen Tests verteilte sich nicht nur vor Ort, sondern weltweit. Die Versuche haben nach Einschätzung von Experten auch die Strahlenbelastung messbar erhöht. Laut einer Studie der Initiative Internationaler Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs führte dies „allein bis zum Jahr 2000 zu etwa 430 000 zusätzlichen Krebstoten“. Langfristig sei „aufgrund der Langlebigkeit vieler radioaktiver Isotope mit mindestens zwei Millionen zusätzlichen Krebstoten zu rechnen“, so heißt es in einem Bericht von 2023. Der Münchner Strahlenbiologe Roland Scholz rechnet sogar mit drei Millionen Test-Opfern.
Wegen der Sicherheitsrisiken haben die meisten Atomwaffenversuche auf weiträumig abgeriegeltem Militärterrain, abgelegenen Inseln oder in unbesiedelten Wüstengebieten stattgefunden. Zu diesen Orten zählen zum Beispiel das Mururoa-Atoll, wo die französischen Armee 194 Atombomben versuchsweise gezündet hat, oder die russische Doppelinsel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer, welche die sowjetischen Streitkräfte ab 1957 für Tests genutzt haben.
Doch es gab auch Versuche in besiedelten Regionen, etwa in der algerischen Sahara, in der südaustralischen Wüste oder auf dem nordkoreanischen Testgelände Punggye-ri. Nach Informationen der Organisation zur Vorbereitung eines umfassenden Verbots von Nuklearversuchen (CTBTO), deren Arbeit von 187 Staaten unterstützt wird, gab es bisher 2058 Atomtests weltweit. Davon gehen 1032 auf das Konto der USA, 715 hat die Sowjetunion betrieben, 210 Frankreich, je 45 China und Großbritannien, die übrigen elf Indien, Pakistan und Nordkorea. Drei Viertel waren unterirdisch.
Laut einem Bericht der Bundeszentrale für politische Bildung führen sowohl die USA als auch Russland weiterhin sogenannte subkritische Tests aus. Dabei werde eine geringe Menge waffenfähigen Materials unter der Erde gezündet. Es komme zu keiner Kettenreaktion und es gebe keine messbare radioaktive Freisetzung. Zudem berichtet die ARD über sogenannte Systemtests, bei denen die Funktionstüchtigkeit von Nuklearwaffensystemen mittels Supercomputern simuliert werde.
1963 hatten die damaligen Atommächte einen Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser abgeschlossen. Großbritannien zündete den letzten oberirdischen Test 1958, die Russen 1962 und die USA 1963. Frankreich führte bis 1974 noch weitere 41 Versuche oberirdisch aus, China bis 1980 insgesamt 22 solcher Tests. Nach internationalen Protesten erklärte der französische Präsident Jacques Chirac 1996 das Ende der französischen Atomversuche. Wenige Wochen zuvor hatten auf Mururoa die letzten Tests stattgefunden.
Im gleichen Jahr haben die UN einen Vertrag ausgearbeitet, der weltweit das Ende aller Versuche mit Atomwaffen besiegeln sollte. Deutschland hat diesen Vertrag 1998 unterschrieben. Von 44 Staaten weltweit, die über Kerntechnik verfügen, haben ihn 41 unterschrieben und 36 ratifiziert. Die Atommächte China, Indien, Israel, Nordkorea und Pakistan zählen noch nicht dazu. Die USA haben den Vertrag unterschrieben, aber nicht ratifiziert. Russland hat ihn unterzeichnet und im Jahr 2000 auch ratifiziert. Laut CTBTO hat im 21. Jahrhundert bisher nur ein Staat gegen den Vertrag verstoßen und weitere Atomtests durchgeführt: Nordkorea.