In welchem Lebensalter eines Kindes werden die entscheidenden Weichen für dessen Spracherwerb gelegt?
Scharff Rethfeldt: Die aktuelle Forschung zeigt, dass die ersten beiden Lebensjahre für die kindliche Entwicklung entscheidend sind. Zudem wird deutlich, dass die soziale Herkunft der Familie die Zukunft des Kindes entscheidend mitbestimmt. Am wichtigsten scheint dabei der Bildungshintergrund der Mutter. So sind bereits im Alter von drei Jahren bei Kindern starke Unterschiede in ihrem Wortschatz zu erkennen.
Ab welchem Kindsalter spielt Sprache eine wichtige Rolle?
Scharff Rethfeldt: Schon vor der Geburt eines Kindes. Eltern sollten möglichst immer mit ihren Kindern reden, auch, wenn diese auf der Wickelkommode liegen. Vor allem alleinerziehende Eltern sind im stressigen Alltag mit all diesen Ansprüchen und Erwartungen jedoch oft überfordert.
Was und vor allem wer beeinflusst, ob ein Kind mehr als eine Sprache spricht?
Scharff Rethfeldt: Die Sprache eines Kindes wird von seinen Bezugspersonen und vom Umfeld beeinflusst, in dem es lebt. Wenn es in einer Grenzregion aufwächst, nimmt es Wörter aus dem benachbarten Sprachraum auf. Wächst ein mehrsprachiges Kind mit älteren Geschwistern auf, dann erwirbt es das Deutsche meist früh, selbst wenn die Eltern wenig Deutsch sprechen. Der Einfluss von Geschwistern auf den Spracherwerb eines Kindes wurde lange Zeit unterschätzt.
Wenn ich Sie richtig verstehe, ist der Spracherwerb bei Kindern ein entscheidender Schlüssel für deren weiteres Leben.
Scharff Rethfeldt: Wenn die Sprachfähigkeit eines Kindes wesentlich schlechter ist als die seiner Altersgenossen, hat es auch schlechtere Chancen für die Zukunft. Kinder neigen dann öfter zu Verhaltensauffälligkeiten und Problemen in der Schule. Anschließend sind sie häufiger von Erwerbslosigkeit und Armut bedroht.