Immer mehr junge Städter leben heute alleine. Wenn es um die Liebe geht, haben wir so viele Freiheiten wie nie zuvor: Zu viel Auswahl, zu viele Möglichkeiten und ja nichts verpassen? In unserer Serie "Wie liebt Stuttgart" begeben wir uns auf Liebesspurensuche. Diesmal waren wir beim Single-Treff im Eumel und haben Fred und Klaus kennengelernt.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Single-Parties haftet ja seit eher das Image der Reste-Rampe an. Dorthin geht nur, wer wirklich sonst gar nirgends fündig geworden ist. So denken viele. Erst Recht seit der zeitgemäße Single-Markt sich ins Internet verlagert hat. Warum auch die Jogginghose gegen ein schickes Outfit tauschen, wenn man die Partnersuche inzwischen bequem zu Hause vom Sofa aus erledigen kann? Alles viel zu anstrengend. Doch irgendwie scheint auf Tinder, Parship, Friendscout irgendwas nicht ganz so richtig zu laufen. Warum sonst laden sämtliche Dating-Anbieter ihre Mitglieder seit neuestem zu ganz realen Veranstaltungen ein.

 

Die Einladungen versprechen romantische Spaziergänge in der Gruppe, gemütliche Sonntags-Brunchs oder lockere Kneipenabende – immer ganz wichtig in „ungezwungener Atmosphäre“. Der Trend scheint tatsächlich wieder zu realen Treffen zu gehen, reale Treffen mit echten Menschen, mit denen man sich dann tatsächlich von Angesicht zu Angesicht unterhalten kann, muss, darf.

Durchschnittsalter: 50+

Aber so richtig scheint das neue Konzept noch nicht anzukommen. Bei der zweiten Friendscout-neu.de-Single-Party im Eumel im Stuttgarter Westen kommt die Flirt-Stimmung irgendwie nicht so recht auf. Laut Veranstalter haben sich 50 Singles angemeldet. Wer unter 50 Jahre alt ist, wird gleich beim Betreten der Kneipe herbe enttäuscht. Durchschnittsalter: 50+! Die Männer sind in der Überzahl und bleiben auch gerne in Zweiergrüppchen mit dem Kumpel für sich.

Fred und Klaus (Namen geändert) sind extra von der Alb gekommen, um ihr Glück zu versuchen. „In echt ist doch besser als über so eine Plattform“, sagt der 61-jährige Fred. Er selbst habe es im Internet noch nie versucht, Klaus schon. Der hatte aber auch die Idee, mal zu dieser Party zu gehen. Friendscout hat ihn auf Dauer auch nicht glücklich gemacht, sagt der 48-Jährige. Und dann werden die beiden auch ein bisschen wehmütig. Damals, in ihrer Jugend. Da sei das noch einfacher gewesen. Man habe sich abends nach dem Arbeiten irgendwo getroffen, beim Tanz, beim Dorffest und sei ins Gespräch gekommen, habe sich langsam kennen gelernt und im besten Fall wurde eine neue Liebe daraus. Klaus ist geschieden, bei Fred hat eine Beziehung noch nie lange gehalten. "Ich habe wohl  immer zu viel gearbeitet", so sein Erklärungsversuch. Das bereut er jetzt in seinem Alter fast ein bisschen.

In einer Beziehung muss es knistern

Auch, weil wer in ihrem Alter noch einmal Single wird, er doppelt schwer hat, jemanden kennen zu lernen. „Man trifft ja immer die gleichen Menschen in seinem Umfeld“, schildert Klaus sein Problem. Und bei den Damen, die man schon ewig kenne, da entwickele sich dann ja auch nicht plötzlich noch etwas, so seine Erfahrung.

Denn, egal wie alt man ist, bei einer neuen Beziehung, da muss es „knistern“, findet Fred. „Es gibt nichts Schöneres, wenn man jemand kennenlernt und der berührt einen so, ja, dass es einfach knistert“, sagt er. Darauf warte er. Ohne dieses Gefühlt geht es für ihn nicht. Aber was machen, wenn es einfach nicht kommt? Das wissen Fred und Klaus nun auch nicht so recht. „Also an diesen Schmu mit diesen ‚Alle elf Minuten verliebt sich ein Single‘, den glaub ich wirklich nicht“, sagt Fred entrüstet.

Keine gute Auswahl

Und die Auswahl ist wahrlich nicht so recht gut an dem Abend, finden die beiden. „Die eine Blonde, die tingelt nun schon von Mann zu Mann, seit sie da ist“, sagt Fred. Das käme nicht gut. Und überhaupt, sie rede auch viel zu viel. Das sei nun wirklich nicht ansprechend.

Enttäuscht sind Fred und Klaus am Ende des Abends aber dann doch nicht so richtig. Man sei mal rausgekommen und habe sich nett unterhalten. Und das sei doch alle Mal besser als alleine daheim vor dem Computer oder dem Handy zu sitzen.