Als Sänger von Feine Sahne Fischfilet gab es für Monchi immer viel von allem, bis die Waage mehr als 180 Kilo anzeigte. Jetzt hat er abgenommen – wie er das gemacht hat, warum er Body Positivity nicht nur gut findet und woher seine Maßlosigkeit kommt.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Jan Gorkow, besser bekannt als Monchi, Sänger von Feine Sahne Fischfilet, sitzt irgendwo in Vorpommern auf dem Dorf in Quarantäne. Die Verbindung ist schlecht, seine Mutter reicht Snack-Karotten. Ein Gespräch über diese Zeit der Coronapandemie, Maßlosigkeit und Fressattacken.

 

Guten Mittag Monchi, Sie waren vor drei Jahren noch zu schwer für eine Waage, die 160 Kilogramm anzeigt. Kennen Sie Ihr Maximalgewicht?

Es zeigte mal kurz 183 an, dann habe ich meine Klamotten ausgezogen, und es waren 182 Kilo. Aber vielleicht waren es auch mal mehr. Ich habe mich eigentlich nie gewogen. Diese Zahl 182 aber hat sich mir eingeprägt.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie etwas ändern müssen?

Es gab nicht diesen einen Moment. Es waren viele Faktoren. Aber zu Beginn der Coronapandemie hatte ich auf einmal Ruhe. Das war der richtige Zeitpunkt, das endlich mal anzugehen, Sport zu machen, zu Hause zu sein und nicht die ganze Zeit auf Tournee an Raststätten Mist zu fressen. Ich hatte endlich die Zeit, über mich und meine Maßlosigkeit nachzudenken. Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, 65 Kilo ohne Operation abzunehmen.

Sie lieben Badewannen, haben aber kaum mehr in eine reingepasst.

Das ist leider wahr.

Sie mussten auf vieles verzichten, über das sich Normalgewichtige gar keine Gedanken machen.

Paragliden oder Stand-up-Paddeln geht natürlich nicht, aber das sind ja Luxusdinge. So etwas ist zwar bitter, aber wirklich frustrierend wird es ganz woanders, eben im richtigen Alltag. Wenn man eben merkt, dass man sich kaum noch die Schuhe binden, die Nägel schneiden, Klamotten kaufen oder aufs Klo gehen kann. So könnte ich ewig weiter aufzählen. Richtig hart war es für mich, als ich mir nicht mal den Po abwischen konnte. Das Tollste ist, dass so alltägliche Sachen wieder funktionieren. Aber es ist auch die größte Angst, dass es wieder anders wird.

Doch Body Positivity sagt, dass man jedem Körper mit Respekt entgegentritt.

Da gibt es durchaus gute Aspekte, aber eben auch viel Mist. Ich konnte mich hinter dem Begriff Body Positivity selbst ganz gut verstecken. Doch es macht einen großen Unterschied, ob ich 120 oder eben 180 Kilo wiege. Es ist der Geist der Zeit, dass alles total cool, schick und schön ist. Bei mir ging es aber nicht mehr um ein Schönheitsideal. Meine Innenschenkel waren nach zwei Stunden Konzert blutig. Und das war eben nicht mehr cool für mich.

Sie wollten abnehmen, doch erst hat wenig funktioniert. Was war der Trick?

Ich habe erkannt, was meine Muster sind. Klar, dass da Sport und Ernährung wichtig sind, um abzunehmen. Aber an erster Stelle stand, mich selbst zu verstehen, warum ich eine Fressattacke bekam. Aber dennoch bin ich heute kein Heiliger. Ich sündige immer wieder mal. Nur früher habe ich darüber einfach nie darüber nachgedacht.

Ans Ziel sind Sie durchs Intervallfasten gekommen.

Ich kann besser gar nichts als wenig essen. Mahlzeiten auszulassen fällt mir nicht schwer. Jetzt ist’s 12.30 Uhr, und ich habe heute noch nichts gegessen. Ich mache 16 Stunden zu acht. Solange ich mich daran halte, ist’s gut. Aber ich mache das nicht immer.

War Essen ein Ventil für Sie?

Fressen, Saufen, Drogen und Abstürze, das war immer von allem zu viel. Das waren Ventile in Stresssituationen. Ich hatte eigentlich nie Hunger. Heute ist Sport für mich die Ersatzdroge geworden.

Vor allem konnten Sie zu Beginn nur schwimmen.

Geschwommen bin ich immer. Im Wasser ist man schwerelos und fühlt sich nicht dick. Tischtennis ging auch noch. Fahrradfahren war dann auch irgendwann möglich. Jetzt kann ich sogar wieder regelmäßig joggen gehen, das ist ein Gefühl von Freiheit.

Würden Sie sagen, dass Zucker die schlimmste Droge ist?

Zucker ist auf alle Fälle meine Droge. Ich kann mit zwanzig saufenden Leuten zusammensitzen und nichts trinken. Aber wenn ich zwischen naschenden Menschen sitze, werde ich zum Junkie. Es ist eine Droge, die überall immer zu kaufen ist, das wird ständig überall angeboten. Das macht etwas mit mir.

Welche Antworten haben Sie gefunden, warum Sie überhaupt so dick wurden?

Ich bin der ganz oder gar nicht Typ. Da bin ich familiär geprägt. Dieses Maßlose habe ich in mir. Ich kannte keinen Genuss. Essen war immer: Viel ist geil. Das wurde zum Problem. Irgendwann ist mir nicht einmal mehr aufgefallen, wenn ich wieder 15 Kilo zugenommen hatte.

Die Pandemie hat Sie zum Abnehmen gebracht, viele andere Leute aber wurden in den vergangenen zwei Jahren dicker.

Absurd, dass ich mal wieder das Gegenteil machen muss. Diese Pandemie ist für alle Leute schlimm. Auch wenn wir hier natürlich im Paradies leben. Mein kleiner Bruder ist 16, spielt im Verein Handball, ständig fallen Turniere aus. Er war noch nie in der Disco. Erst auf der Langstrecke werden wir sehen, wie schlimm das alles für unsere Gesellschaft ist.

Zur Person

Monchi
heißt mit bürgerlichem Namen Jan Gorkow und wird am 9. September 1987 geboren und wächst in Jarmen, einer vorpommerschen Landstadt in der Nähe von Greifswald, auf. Er ist streitbarer Sänger der streitbaren Punkband Feine Sahne Fischfilet.

Das Buch
Über sein Leben als Dicker und seinen Weg zum Abnehmen hat Monchi ein Buch geschrieben. „Niemals satt. Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ (Kiwi) ist jetzt erschienen. Er geht auch auf Lesetour und ist am 3. Mai im Wizemann in Stuttgart zu Gast.