Burger-Butzen gibt es in Stuttgart inzwischen an fast jeder Ecke. Im Osten hat mit dem Round House Burger wieder eine neue aufgemacht. Wir haben uns gefragt: Wie steht‘s eigentlich um den Patty-Hype?

Stuttgart – Es gab eine Zeit, da schossen die Burgerbrater in der Stuttgarter City wie Callshops aus dem Boden. Wo zuvor nur die amerikanischen Riesen mit eiserner Hand, matschigen Pattys und überforderten Mitarbeitern regierten (Ausnahme und nicht zu vergessen Udo!), gab es urplötzlich ein allumfassendes Burger-Begehren. Ganz ähnlich wie bei Gin und Tonic war urplötzlich jeder ein Burger-Meister, ein Gourmet, der besser als alle anderen wusste, was zwischen zwei halbe Brötchen gehört. Aus einer kleinen Burger-Kette mit märchenhaftem Namen wurde plötzlich das neue Fast-Food-Imperium - aus einem Gastrotrend ein Hype. Und unter den Burger-Grills brach durchaus so etwas wie ein Konkurrenzkampf aus: Wer hat das beste Fleisch, wer hat die coolste Einrichtung, wer karamellisiert die Buns am besten?

 

Der Burger ist immer noch so beliebt wie zuletzt in den frühen Achtzigern, als das goldene M erstmals aus dem gelobten Land nach Deutschland übersetzte und uns ein völlig neues Essen beibrachte. Fairerweise muss gesagt werden, dass die Qualität dieser zweiten großen Burger-Welle um einiges höher ist.

Burger-Brachland Stuttgart-Ost

Im Lichtblick im Stuttgarter Westen gibt es schon seit mehr als drei Jahren Burger auf der Karte, durchaus zu den Anfangszeiten des Burger-Booms also. „Bei uns hat sich der Burger-Umsatz in den letzten eineinhalb Jahren locker verdoppelt“, so Inhaber Dirk Geiger dazu. „Was anfänglich eher eine witzige Idee war, ist heute nicht mehr wegzudenken.“ Er sieht den Trend zum hochwertigen Burger durchaus positiv, findet, er habe eine „Renaissance“ hingelegt. „Ich meine, der Burger ist ja sogar bei Highclass-Firmenevents ein gern gesehenes Essen.“ Ein wenig amüsant findet er diese Manie aber durchaus: „Einerseits gibt es immer mehr Vegetarier und Veganer und gleichzeitig explodiert die gehobene Fastfood-Burger-Mania“, lacht er. Irgendwann werden aber auch dieser Hype auslaufen, ist er sich sicher. „Nur wann, weiß ich nicht.“

Noch ist die Spitze nicht erreicht, wie es scheint: Erst vor wenigen Tagen hat am Stöckach der Round House Burger in dem zuvor eher verwahrlosten Kiosk-Rondell eröffnet. Hier wenden jetzt Ioannis Chronakis und sein Geschäftspartner fleißig frisch gewolftes Fleisch. Chronakis kennt man vom Barbershop Jack the Ripper, bei dessen Gentleman-Abenden auch Burger angeboten wurden. „Für die war mein jetziger Business-Partner verantwortlich“, erzählt er. „Diese Burger fand ich so geil, sie waren frisch, hochwertig und saftig. Also kam eins zum anderen – und jetzt schmeißen wir gemeinsam den Round House Burger.“

Die Hype-Fahnenstange

Im Jahr 2017 noch einen Burger-Laden zu eröffnen, mag entweder sehr mutig oder sehr naiv klingen. Weise zumindest nicht. Chronakis hat lang und gut darüber nachgedacht: „Ehrlich gesagt, war ich anfangs selbst gar nicht so begeistert von der Idee. In letzter Zeit gab es einfach zu viele Burger-Neueröffnungen in der Stadt“, stellt er fest. Dann fiel ihm eines auf: „Viele machen ihre Sache eher schlecht als recht. Richtige Qualität findet man in wenigen Läden, die meisten versuchen, so günstig und so schnell wie möglich zu arbeiten.“

Das sei beim Round House anders – letztlich natürlich eine Floskel, die bei jedem Burger-Brater zu hören ist. Chronakis betont dennoch: „Ich lege sehr großen Wert auf Frische und Qualität. Unser Fleisch beziehen wir von einem Metzger, das Gemüse holen wir selbst vom Großmarkt, die Brötchen backt der Bäcker Frank frisch für uns. Wenn das Fleisch aus ist, ist es aus. Einfrieren und am nächsten Tag wiederverwenden kommt für uns nicht in Frage.“ Außerdem ist da natürlich noch die Position am Stöckach. Nicht gerade die beste Lage, denkt man – aber gerade deswegen Gold wert. „Hier im Osten gibt es nichts Vergleichbares“, meint er. „Wenn ich in der Innenstadt einen Laden angeboten bekommen hätte, hätte ich ihn nicht genommen.“

Hippe Foodblogger ziehen weiter

Obschon selbst ein Neuling, sieht auch Chronakis die große Zeit der Neueröffnungen vorüber. „Ich glaube, dass in nächster Zeit einige Läden verschwinden werden.“ Das sei ein wenig wie mit den Barbershops. „Noch vor zwei Jahren gab es nur einen richtigen Barbershop in Stuttgart, der aber eher traditionell unterwegs war. Dann kam ich dazu und habe alles in eine Retro-Richtung gelenkt, habe den Laden als Männerhöhle mit Zigarren und Drinks aufgezogen und hier eine kleine Wellness-Oase für Männer eingerichtet. Mittlerweile gibt es unzählige davon – und es werden sich nur die durchsetzen, die durchgehend hohe Qualität bieten.“ An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. Aber wahrscheinlich braucht man das in einer hart umkämpften Branche – Lage hin oder her.

Einer, der diese Branche recht gut kennt und sich von Ost nach West und von Süd nach Nord durch alle Burger-Etablissements gefuttert hat, ist Michael Weh. Auf seinem Blog Stuttgarter Burger katalogisiert er akribisch den Trend um das Fleischbrötchen – und hat etwas Entscheidendes festgestellt: „Das Thema ist für hippe Foodblogger nicht mehr so spannend.“ Für das Gros der Kunden allerdings schon, findet er: „Das Bewusstsein, dass es bessere Burger als die der großen Ketten gibt, setzt sich durch. Neue und erfolgreiche Burger-Läden bestätigen das. Wichtig ist aber die Qualität passend zum Preis. Wer da nichts bieten kann, muss wieder schließen.“

Für ihn ist auch das Ende der Hype-Fahnenstange noch nicht erreicht. „Das sieht man an dem blinden Rieseninteresse an diesem Fake-Burger-Festival auf Facebook“, so Weh. „Ich denke, gute Burger werden sich mittelfristig so etablieren wie Döner, Pizza und Co.“ Bis dahin wird es sicherlich noch einen Burger-Krieg nach darwinistischen Maßstäben geben. Das Überleben des Leckeren, oder so.

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