Schon wieder hat ein Lkw-Unfall an der A-8-Baustelle Stuttgart-Möhringen den Autobahnverkehr für Stunden lahm gelegt. Wie lange noch hält der Unfallbrennpunkt Autofahrer und Rettungskräfte in Atem?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Die Frage wird immer drängender: Wie hält man mehr als vier Stunden im Dauerstau hinter einer Unfallstelle durch – wenn man immer spürbarer auf die Toilette muss? Das bewegte nicht nur einen 49-jährigen Passat-Fahrer und Tausende Stauopfer, die am Montag auf der A 8 zwischen Kreuz Stuttgart und dem Echterdinger Ei gefangen waren. Denn über allem liegt die Frage: Wie lange noch lösen offenbar überforderte Lkw-Fahrer an der Autobahn-Baustelle bei Stuttgart-Möhringen ein Unfallchaos nach dem anderen aus?

 

Diesmal ist es ein Sattelzug aus dem Raum Marseille in Südfrankreich. Der 24-jährige Fahrer steuert seinen Renault-Truck am Montag gegen 10.25 Uhr vom Kreuz Stuttgart in Richtung München. Die vielen Schilder, die darauf hinweisen, dass man auf allen vier Spuren nach München kommt, beachtet er offenbar nicht. Auch die Fahrbahnmarkungen mit dem Schriftzug „A 8“, die ihm anzeigen, dass er auf der richtigen Spur ist, scheinen ihn zu verwirren. „Offenbar in letzter Sekunde wollte er nach links, weil das Navi es so ansagte“, sagt Polizeisprecher Peter Widenhorn. Die Navis kennen die Baustelle nämlich nicht – obwohl es sie seit dem 20. Juni gibt.

Und wenn man im Stau mal muss?

Das Fahrmanöver des 24-jährigen Franzosen hat Folgen. Er prallt mit seinem Laster gegen einen nebenan fahrenden Sattelzug eines 48-Jährigen. Die tonnenschweren Fahrzeuge schleudern, der Lkw des Verursachers reißt sich am Fahrbahnteiler die Flanke auf. Beide Fahrer kommen mit dem Schrecken davon. Doch ihre Fahrzeuge sind demoliert – die Polizei schätzt den Schaden auf 150 000 Euro. Das dicke Ende aber kommt erst noch: Weil Diesel und Betriebsstoffe auslaufen und die schweren Kolosse aufwendig geborgen werden müssen, wird der Unfall den Autobahnverkehr bis 15.40 Uhr lähmen.

Dumm nur, wenn dahinter Tausende Autofahrer auf drei Fahrspuren festsitzen. Und irgendwann einem dringenden Bedürfnis nachkommen müssen. 24 Feuerwehrleute aus Degerloch und Vaihingen sind im Einsatz, die Autobahnpolizei ist mit sieben Streifenwagenbesatzungen am Unfallort. „Wir mussten die Fahrbahnen wegen Bergung und Reinigungsarbeiten mehrfach vollständig sperren“, sagt Polizeisprecher Widenhorn.

Schaden summiert sich auf 800 000 Euro

Seit dem Baubeginn am 20. Juni hat es auf dem Streckenabschnitt schon mehr als 50 Unfälle gegeben. Ganz genau ist das nicht registriert, weil die Polizei mit der Erfassung schon gar nicht mehr hinterherkommt. Mit der jüngsten Karambolage dürften die Unfälle insgesamt gut 800 000 Euro Schaden verursacht haben. 18 Personen wurden verletzt. Dabei haben die Verantwortlichen bei den Baustellenmarkierungen immer wieder nachgebessert.

Das Leiden soll bald ein Ende haben. „Die Belagsarbeiten sind weitgehend abgeschlossen“, sagt Désiree Bodesheim vom Regierungspräsidium Stuttgart, „die Baustellensicherungen und Verschwenkungen sollen bis Freitag abgebaut werden.“ Damit sei die Stelle entschärft. Es gebe noch vereinzelt Restarbeiten, etwa an der B 27. „Anfang Dezember soll alles vollständig fertig sein.“ Ein Weihnachtsgeschenk.

Am Montag hat der 49-jährige Passat-Fahrer dann doch den Standstreifen aufgesucht. „Auch viele Frauen hatten keine andere Möglichkeit mehr“, sagt er. Dieser Stau jedenfalls ließ sich nicht aufhalten.