Am Freitag ist erneut ein Auto auf der Problemstrecke in den Gegenverkehr geraten – dieses Mal in Magstadt. Zwei Frauen wurden verletzt. Kommt man nun einer Lösung für das Unfallproblem näher?

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Böblingen - Man hat sich an die Schlagzeilen über die B 464 schon fast gewöhnt: Ein Auto kommt auf die Gegenfahrbahn, es kracht, Wrackteile fliegen durch die Gegend, Rettungskräfte bergen Schwerverletzte oder Tote aus ihren zertrümmerten Fahrzeugen. Der jüngste Unfall am Freitag forderte keine Toten, aber zwei Frauen wurde schwer verletzt. Ein Unglück aber, das erneut verdeutlicht, dass dringend etwas für die Sicherheit der Strecke gemacht werden muss.

 

Eine 56 Jahre alte Frau war am Freitagfrüh mit ihrem Citroën Berlingo laut der Polizei aus unbekannten Gründen auf die Gegenfahrbahn geraten. Dort wäre sie fast mit einem Fahrzeug des Winterdienstes zusammengestoßen, dann aber prallte sie frontal auf Wagen einer 39-Jährigen. Die Unfallverursacherin wurde in ihrem Auto eingeklemmt, beide Frauen erlitten schwere Verletzungen. Die B 464 wurde für drei Stunden gesperrt.

B 464 forderte 2019 fünf Tote

Nach ähnlichem Muster passierten im vergangenen Jahr schon mehrere Unfälle. Ein BMW-Fahrer krachte am 9. Dezember bei Renningen in den Gegenverkehr, sein Wagen wird einen Tanklaster geschleudert – er wurde tödlich verletzt. Eine 57-Jährige kam am 29. November in Maichingen auf die Gegenspur und prallte gegen einen Autotransporter. Der Fahrer verlor die Kontrolle und donnerte in zwei weitere Autos. Drei Menschen starben. Eine 18-Jährige kam im Juli auf die Gegenfahrbahn, als sie ihr Navi aufheben wollte, das heruntergefallen war. Sie rammte einen Motorradfahrer. Auch er: tot. Fünf Todesopfer in sechs Monaten, und jedes Mal war ein Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn geraten.

Landrat Roland Bernhard kennt die Probleme der B 464. Aus seiner Sicht sei die Straße für ihre Verkehrsdichte zu klein dimensioniert. Die B 464 verbindet die A 81 und die A 8. Schon jetzt wird sie als Ausweichstrecke genutzt. Die Fahrzeugzahlen könnten steigen, wenn der Ausbau der A 81 begonnen hat und dort der Verkehr stockt. Der Ausbau der A 81 beginnt in diesem Jahr und dauert bis 2026. „Eine langfristige Verbesserung der Sicherheit auf der B 464 können nur bauliche Maßnahmen erreichen“, sagt Bernhard.

Ausbau: Der Landkreis ist von Bund und Land abhängig

Nach seiner Vorstellung soll die Straße auf zwei Spuren pro Fahrtrichtung ausgebaut werden und eine Mittelleitplanke die Richtungsfahrbahnen trennen. Das Problem: Weil es sich um eine Bundesstraße handelt, ist der Bund zuständig. Der Landkreis musste sich mit kleineren Maßnahmen behelfen. Das Landratsamt ließ im Dezember Banner aufstellen. „Runter vom Gas“ liest man derzeit etwa auf vier großen Plakaten am Straßenrand, wenn man auf der B 464 an Sindelfingen vorbeifährt, oder „Abstand halten!“. Damit sollte an die Autofahrer appelliert werden, ihre Fahrweise anzupassen, sagte Landrat Bernhard damals. Dazu wurde das Überholverbot ausgedehnt, und die Geschwindigkeitskontrollen sollen verstärkt werden.

Um größere Maßnahmen anzugehen – also zweispuriger Ausbau und Mittelleitschiene – bräuchte Roland Bernhard den Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Der müsste das Projekt vorantreiben, und zwar beim Bund, der letztendlich für die Bundesstraße verantwortlich ist. Das passiere aber kaum, kritisierte etwa der parteilose Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt schon vor knapp drei Jahren. Nun wandte sich Landrat Bernhard mit einem Brief an Andreas Scheuer (CSU) und schrieb: „Ich bitte Sie, Mittel für etwaige bauliche Veränderungen zur Verfügung zu stellen.“ Dazu gab der Böblinger Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz (CDU) an, mit dem Verkehrsministerium Kontakt wegen der B 464 aufgenommen zu haben.

Das Unfallproblem der B 464 ist in Berlin angekommen

Die alarmierende Häufung schwerer Unfälle auf der B 464 dürfte also in Berlin angekommen sein. Von einer Rückmeldung ist noch nichts bekannt. „Während der Feiertage hat sich nichts getan“, heißt es aus dem Landratsamt. Allerdings befindet sich Landrat Bernhard noch im Urlaub. Und wie soll es danach weitergehen? Anfang des Jahres will das Landratsamt gemeinsam mit der Polizei, dem Stuttgarter Regierungspräsidium und den Städten Böblingen und Sindelfingen weitere Schritte abstimmen. Man sei bestrebt, Lösungen zu finden, sagt Simone Hotz, die Sprecherin im Landratsamt. Und: „Man wird sicher dranbleiben.“