Die Galloway-Rinder auf dem Hofgut Reußenstein leben in der Herde im Freien. Die männlichen Tiere werden mit einem Kugelschuss auf der Weide in der gewohnten Umgebung getötet und dann in einen Schlachthof in der Nähe gebracht.

Wiesensteig - Keine Angst, die tun nichts.“ Normalerweise behaupten das Herrchen von ihren Hunden. David Rothfuß und seine Lebensgefährtin Katrin Fischer aber sprechen von weit gewichtigeren Tieren. Ihre zurzeit 32 Galloway-Rinder auf dem Hofgut Reußenstein auf der Alb bei Wiesensteig scheinen einen Narren an Menschen gefressen zu haben. Vor allem die Kälbchen nuckeln mit Vorliebe an Jacken und Hosen herum – könnte ja sein, dass es irgendwo Milch gibt. Vor drei Jahren haben Rothfuß und Fischer angefangen, die robuste schottische Rinderrasse zu züchten, und das nicht nur aus Liebhaberei. Sie vermarkten das Fleisch der Tiere.

 

Dennoch läuft bei ihnen manches anders als auf einem traditionellen Bauernhof. Denn sie geben ihre Tiere erst aus der Hand, wenn sie tot sind. David Rothfuß und sein Bruder Manuel schießen die zumeist männlichen Rinder selbst, die zur Schlachtung bestimmt sind. Auf der Weide. „Das geht ganz schnell, sie sind sofort tot“, sagt er. Ihr Betrieb ist der erste und bisher einzige im Kreis Göppingen, der diese Art der Schlachtung praktizieren darf.

Rinder werden im Freien gehalten

David Rothfuß ist auf dem Hofgut Reußenstein groß geworden, das schon sein Vater von seinem Großvater übernommen hat. Das Gehöft liegt oben auf der Schwäbischen Alb, dort, wo sich die Kreise Göppingen und Esslingen ganz nahe kommen. Auf dem väterlichen Hof hat sich der 29-Jährige eine Nische gesucht: die Zucht von Galloway-Rindern. Ihm gefiel die Idee, diese robuste Rasse im Freien zu halten. Anders als die hochgezüchteten Rinderrassen in den Massentierhaltungen brauchen die Galloways nur Gras und Heu. Getreide und anderes Kraftfutter findet sich nicht auf ihrem Speisezettel. Entsprechend lange braucht es, bis sie wachsen und an Gewicht zulegen. Geschlachtet werden sie deshalb erst mit 26 oder 28 Monaten. Dann wiegen sie um die 350 Kilogramm – weit weniger, als ihre Artgenossen aus intensiver Haltung, die mit 18 Monaten bereits „schlachtreif“ sind und mehr als 400 Kilogramm auf die Waage bringen.

Am sogenannten Schlachttag wird auf einem abgetrennten Bereich einer großen Weide direkt am Hof ein mobiler Hochsitz aufgestellt. Manuel Rothfuß, der den Jagdschein hat, wartet dort so lange, bis sich ihm das Tier zuwendet und er den Schuss sicher mitten auf der Stirn platzieren kann. „Das kann dauern“, sagt David Rothfuß. Die Kugel dringe direkt ins Stammhirn ein, so dass die Atmung und der Herzschlag sofort aussetzten. Er ist davon überzeugt, dass dieser Tod für die Tiere ein sanfter ist. „Das geht völlig ohne Stress ab.“ Es werde auch immer nur ein Rind getötet.

Ein dreiviertel Jahr hat David Rothfuß mit dem Veterinäramt verhandelt, bis er die Genehmigung für den sogenannten Kugelschuss bekommen hat. Der junge Landwirt versteht das. Schließlich müsse sichergestellt werden, dass hygienische und tierschutzrechtliche Vorschriften eingehalten würden. So muss das getötete Rind sofort „entblutet“ werden, wie es heißt, und binnen einer Stunde beim acht Kilometer entfernten Metzger sein, der das Tier fachgerecht zerlegt.

Kälber bleiben bei ihren Müttern

Als Gulasch, Steak, Siedfleisch, Rouladen und Rostbraten kommen die Tiere zwei Wochen später vakuumverpackt wieder zurück. Dann können die Kunden ihre bestellten Fleischpakete abholen. Obwohl das erste Tier erst im Frühjahr geschlachtet wurde, ist der Kundenkreis schon beachtlich. „Es kommen Leute von Leonberg bis Neresheim“, sagt Katrin Fischer.

David Rothfuß und Katrin Fischer sind von dieser Form der Tierhaltung und Schlachtung überzeugt. Das Leben in der Herde ermögliche den Tieren die Sozialkontakte, die es benötige. Zehn Monate bleiben die Kälber bei ihren Müttern, die auf Namen wie Blume, Marie oder Vicky hören. Umso schwerer fällt es ihnen, die Tiere zu schießen. „Man ist jedes Mal angespannt. Die sind schließlich bei uns auf die Welt gekommen, sie vertrauen uns und fressen uns aus der Hand“, sagt Katrin Fischer. Doch sie und David Rothfuß nehmen das in Kauf. Für sie ist es eine Frage der Verantwortung, die Tiere bis zum Schluss zu begleiten. „Wir geben sie nicht aus der Hand, das ist uns lieber.“

Das Fleisch ist begehrt

Die Galloway-Rinder stammen aus dem Südwesten Schottlands. Sie gelten als die älteste Fleischrinderrasse der britischen Inseln. Schon die Römer entdeckten im zweiten Jahrhundert nach Christus die Vorzüge des Galloway-Fleisches. Seit den 1980er-Jahren erobert diese Rinderrasse auch Deutschland.

Das Fleisch dieser robusten Rinderrasse wird als nussig beschrieben. Es ist gekennzeichnet durch eine feine Struktur mit intramuskulärer Fetteinlagerung. Da die Tiere in der Hauptsache von Gras leben, ist das Fleisch reich an Omega-3-Fettsäuren.

Die Züchter des Galloway-Rindes sind in einem Bundesverband mit Sitz im niedersächsischen Bösel organisiert.