Nicht nur Ihr Vater hat den Kopf geschüttelt, viele Menschen standen Ihrer Idee skeptisch gegenüber. Man hat Ihnen sogar vorgeworfen, das Zelten in Zeiten der Flüchtlingskrise sei zynisch. Wie erklären Sie sich das?
Mit Draußen-Schlafen assoziiert man wohl in erster Linie Obdachlosigkeit. Viele Menschen haben offenbar Angst davor, eines Tages auf einer Parkbank übernachten zu müssen. Das schwingt da mit und deshalb distanziert man sich von dem Gedanken, so etwas auch noch freiwillig zu tun, man findet die Idee geradezu abstrus. Es gab aber auch Leute, die davon angetan waren.
Ihr Umfeld fürchtete bereits, Sie seien obdachlos geworden.
Ja, meine Mutter zum Beispiel. Sie meinte: „Was auch immer dir passiert ist, mein Sohn, ich bin an deiner Seite.“ Ich habe es ihr dann erklärt.
In Berlin haben Sie einmal dem Friseur Udo Walz von Ihrem Experiment erzählt. Auch der konnte es nicht fassen, dass Sie in einem Zelt schlafen. Erzählen Sie mal!
Dem ist wirklich die Kinnlade runter gefallen. Wie man sich freiwillig im Zelt einquartieren kann und nicht schön im vom Veranstalter gebuchten Hotelzimmer übernachtet – das gab ihm zu denken. Und er sprach auch ganz leise mit mir, so als ob ich schwer krank wäre.
Sind es gerade die Reichen und Schönen, die mental Lichtjahre von einer solchen Idee entfernt sind?
Die Skepsis habe ich sowohl bei sehr reichen Menschen als auch bei Durchschnittsverdienern bemerkt. Ein Bekannter von Udo Walz war zum Beispiel ganz angetan und meinte „Coole Idee, da kann man mitreden!“ Was auch immer er damit meinte. Aus dieser Skepsis spricht vielleicht grundsätzlich eine gewisse Existenzangst. Es ist eine Art Schreckensbild: man muss draußen im Zelt übernachten wegen einer Naturkatastrophe oder des wirtschaftlichen Niedergangs. Ich kann allgemeine Entwarnung geben: Zelten macht Spaß!
Warum geht es beim Zelten auch immer um Politik?
Weil die Sesshaftigkeit einen Haufen politischer Fragen nach sich zieht. Zum Beispiel ist damit auch die Landnahme verbunden, andere Leute begehren das Grundstück des anderen, man wird geplündert, belagert. Es kommt zu Kriegen, man verteidigt sein Land. Ein Großteil der Menschheitsgeschichte hat mit der Auseinandersetzung um Land zu tun. Wenn wir nomadische Völker wären, dann gäbe es sicher weit weniger Auseinandersetzungen.

Info:

 

Wigald Boning wurde 1967 in der Nähe von Oldenburg geboren und wuchs nach eigenen Worten in einem „gutbürgerlichen Reihenhaushalt“ auf. Zu Beginn der Neunziger Jahre gehörte er neben Esther Schweins und Olli Dittrich zum Gründungsteam der Comedy-Show „RTL Samstag Nacht“. Anschließend moderierte er eine Vielzahl von Sendungen. 1995 startete das Erfolgsteam Boning-Dittrich als Gesangsduo „Die Doofen“ durch. Wigald Bonings Buch „Im Zelt – Von einem der auszog, um draußen zu schlafen“ ist im Rowohlt-Verlag erschienen (10,99 Euro).