Auch wenn die Kinder zurzeit wegbleiben, muss auf dem Erlebnisbauernhof von Susanne Hansen in Waldenbuch der Betrieb weiterlaufen. Das wird ohne die Einnahmen aus den Ferienfreizeiten allerdings zum finanziellen Kraftakt.

Waldenbuch - Homeoffice, Überstunden abbauen, Kurzarbeit oder Urlaub nehmen – in vielen Branchen wird die Arbeit wegen der Corona-Krise verlagert oder zurückgeschraubt. Wer mit Tieren arbeitet, hat dazu keine Möglichkeit. Die Ponys brauchen Bewegung. Die Hühner legen ihre Eier wie gewohnt. Die Alpakas müssen auf die Weide, und die Schafe und Schweine warten auf ihr Futter. Susanne Hansen, die in Waldenbuch einen Erlebnisbauernhof betreibt, ist derzeit als Krisenmanagerin gleich doppelt gefordert. Während ihr die Buchungen für Kindergeburtstage und Ferienfreizeiten wegbrechen und das finanzielle Polster schrumpft, muss die Versorgung der tierischen Mitbewohner ohne Einschränkungen weiterlaufen.

 

Zu einem Erlebnisort für Kinder ausgebaut

Die Freizeit-Oase in der Unteren Raumühle zwischen Schönaich und Waldenbuch ist ein Ort wie aus dem Bilderbuch. An den Wochenenden wuseln Kinder zwischen den Hasenställen und Hühnern umher, misten Pferdeboxen aus, striegeln Ponys oder drehen ihre Runden auf dem Reitplatz. In den Ferien kann das Angebot ganztags gebucht werden. Traktor- und Kutschfahrten, Alpaka-Wanderungen oder Kindergeburtstage ergänzen das Konzept. Seit sie den Hof im Jahr 2014 übernommen haben, bauen Susanne Hansen und Christian Wilde die „Wilde Ranch“ konsequent zu einem Erlebnisort für Jungen und Mädchen im Alter von drei bis acht Jahren aus.

Die Geschwister erfüllen sich damit einen Traum: „Wir hatten schon lange den Wunsch, in der Natur und mit Tieren zu leben und ein niederschwelliges Freizeitangebot für Familien mit kleinem Geldbeutel und auch für Kinder mit Handicap zu bieten“, erzählt die 39-jährige Betriebsleiterin. Viele Tiere kommen aus dem Tierschutz und haben hier eine neue Heimat gefunden. Auf große Erträge ist das Konzept des Familienbetriebs nicht ausgerichtet. „Wir könnten expandieren. Aber dann würde der ursprüngliche und familiäre Charakter leiden. Genau dafür aber sind wir angetreten. Wir haben diese Nische ganz bewusst gewählt“, so Hansen.

Nach einer schwierigen Startphase schreibt der Erlebnisbauernhof mittlerweile schwarze Zahlen. Die Zahl der Pensionspferde, die zu Beginn der Selbstständigkeit als finanzielle Basis dienten, wurde immer weiter reduziert. Die Kinder sollen im Vordergrund stehen. Seit Dezember vergrößern die beiden Hängebauchschweine Amy und Penny die Tierfamilie. Vor wenigen Wochen kamen dann die vier Alpakas Oleander, Pherb, Nepomuk und Velour dazu.

Ein finanzieller Ausfall im vierstelligen Bereich

Alles war bereit, um von den kleinen Tierfreunden während der Osterferien entdeckt zu werden – dann kam Corona. Seit dem 16. März heißt es auch auf dem Erlebnisbauernhof: Publikumsverkehr ist nicht erlaubt. Die Osterfreizeit ist abgesagt. „Das ist ein Ausfall im mittleren vierstelligen Bereich. Den können wir aber noch verschmerzen“, sagt Susanne Hansen. Doch weil keiner weiß, wie es weitergeht, bleiben auch die Buchungen für Pfingsten und die Sommerferien jetzt aus. „Da geht es dann ans Eingemachte“, erklärt die Betriebsleiterin. Es gibt Stammgäste, die haben angeboten, den Betrag zu überweisen und die Leistung dafür erst später abzurufen. „Das tut uns gut, ist aber auf Dauer keine Lösung“, sagt Susanne Hansen. Denn die Einnahmen im Frühjahr und Sommer machen den Großteil des jährlichen Umsatzes aus.

Viel Zeit zum Probleme wälzen und Grübeln hat die Chefin der „Wilden Ranch“ jedoch nicht. Die Tiere müssen versorgt werden. Das ist von der Logistik her zum Glück noch kein Problem. Lieferengpässe und Hamsterkäufe gibt es von den Tierfuttermittelherstellern nicht zu vermelden. Auf die Unterstützung ihrer Angestellten muss Susanne Hansen derzeit jedoch weitgehend verzichten. Jetzt hilft die Familie aus. Ehemann, Bruder und Schwägerin – sie alle wohnen gemeinsam auf dem Hof – teilen sich die Aufgaben so gut es eben geht.

Den Draht zu den Kunden halten

Susanne Hansen übernimmt neben der Arbeit im Stall auch die Kommunikation nach außen und kümmert sich um staatliche Hilfen, die das wirtschaftliche Überleben sichern sollen. Sie bemüht sich darum, den Draht zu den Kunden zu halten. Und sie schreibt Anträge und hofft darauf, dass der kleine Familienbetrieb mit den angekündigten Soforthilfen des Landes über die Runden kommt. „Es wäre toll, wenn wir an Pfingsten wieder Angebote machen könnten. Doch wahrscheinlich müssen wir froh sein, wenn wir in den Sommerferien schon wieder Einnahmen haben,“ sagt sie.

Bis dahin versucht die Unternehmerin, das Beste aus der Situation zu machen. „Es gibt so einiges, das während des laufenden Betriebs liegenbleibt. Das erledigen wir jetzt“, sagt sie. Bis die Kinder den Erlebnisbauernhof zurückerobern, werden die Anlagen in Schuss gebracht, Zäune repariert und Holz gemacht. Und wenn sich in einer ruhigen Minute doch die Sorgen melden, sind da Amy, Penny, Oleander oder Pherb, die sie mit einem wohligem Grunzen oder einem tiefen Blick aus ihren dunklen Knopfaugen darüber hinweg trösten, dass auf der „Wilden Ranch“ momentan einfach viel zu viel Ruhe herrscht.