Im Staatswald werden künftig systematisch Pfützen und Tümpel angelegt, um die kleine Unke zu retten. Ob das allerdings ausreicht für das Überleben der Art, ist noch offen.
Gelbbauchunken sind weder süß noch kuschelig, noch haben sie große Knopfaugen, und einen direkten Nutzen für den Menschen besitzen sie auch nicht – warum also sollte man sich um sie kümmern? Diese Frage hält Forstminister Peter Hauk (CDU) für ziemlich abwegig. Grundsätzlich besitze jedes Tier und jede Art ein Existenzrecht, sagt er, und gerade für die Gelbbauchunke hätten Baden-Württemberg und Bayern eine besondere Verantwortung. Denn im Süden Deutschlands liegt der letzte große Verbreitungsschwerpunkt in ganz Europa dieser stark im Abnehmen begriffenen Art.
Der Landesbetrieb Forst-BW hat deshalb jetzt ein Konzept erarbeitet und eingeführt, um die letzten Populationen der nur gut fünf Zentimeter kleinen Unken zumindest zu stabilisieren. Überall im Staatswald werden vier Pfützen oder kleinere Tümpel pro 200 Hektar angelegt, in Schutzgebieten sogar doppelt so viele. „Wir garantieren damit 372 Habitate à vier Pfützen übers gesamte Land verteilt“, sagte Forst-BW-Vorstand Felix Reining jetzt bei der Vorstellung des Konzepts und der ersten Tümpel im unkenreichen Wald bei Wüstenrot (Landkreis Heilbronn). Darin schwimmen munter und ziemlich unerschrocken viele Tiere. Mit ihrer braunen Oberseite sind sie im brackigen Wasser kaum zu erkennen; nur die Unterseite ist zur Warnung knallgelb.
In Fahrrillen der Waldfahrzeuge fühlen sich die Unken am wohlsten
Das Schöne an den Gelbbauchunken: sie sind sehr anspruchslos und legen ihren Laich am liebsten in die Fahrrillen der Waldfahrzeuge. In manchen Jahren brauche man deshalb gar nicht extra Pfützen anlegen, erklärt Reining; ansonsten erledige das ein Bagger nebenher. Die landesweiten Kosten von 150 000 Euro im Jahr sind überschaubar. Doch müssen die Pfützen alle zwei Jahre neu entstehen; sonst siedeln sich dort Räuber an, die den Laich der Unken wegfressen.
Kritik an dem Konzept gibt es dennoch, und zwar gerade vom unbestrittenen Gelbbauchunken-Experten Martin Dieterich von der Universität Hohenheim. Er hält die Anzahl der Habitate für viel zu gering; es müssten zehn Mal so viele sein, sagt er, um die Population zu stärken und um die Art auf Dauer zu retten. „Die Bestände sind schon am Zusammenbrechen“, warnt er. Dieterich kann nicht verstehen, warum die Pfützen in Fahrspuren teils mit Absicht wieder zugeschüttet werden. Zur Besichtigung in Wüstenrot war er nicht eingeladen.
Das Konzept reicht nicht aus, um die Zahl der Tiere wieder zu vergrößern
Felix Reining erklärt: „Wir sind bei den Fahrspuren in einer Zwickmühle zwischen Naturschutz, Bodenschutz und auch der Kritik der Öffentlichkeit, die die zerfahrenen Forstwege ungern sieht.“ Hans-Joachim Bek, der sich als Leiter des Reviers Reichenberg im Rems-Murr-Kreis schon seit Jahren stark um die Gelbbauchunke kümmert, räumt ein, dass das jetzige Konzept höchstens dazu ausreicht, die Zahl der Tiere zu stabilisieren, aber nicht, um sie wieder zu vergrößern. „Aber wir können nicht alles alleine machen“, betont Bek, „der Staatswald umfasst nur 24 Prozent des Waldes in Baden-Württemberg.“ Kommunale und private Waldbesitzer seien aber eingeladen, das Konzept zu übernehmen. Um dies zu befördern, habe das Forstministerium für die Etatberatungen zusätzliche 45 Stellen für den Naturschutz beantragt, sagt Minister Peter Hauk; sie sollen Kommunen und Privatleute beraten.
Alle, auch Martin Dieterich, sind froh, dass der Schutz der Gelbbauchunken nun überhaupt systematisch angegangen wird. Denn die Gefahren für die kleine Unke sind groß. So hat der Waschbär als einziges Tier eine Methode entwickelt, um die Unke fressen zu können – er reißt die giftige Haut der Unke auf und zuzelt das Tier aus wie eine Weißwurst. Ein Problem ist auch der Klimawandel. Acht Wochen sollte das Wasser in den Pfützen stehen, damit sich der Laich entwickeln kann. In den langen Hitzephasen trocknen die Pfützen aber oft zu schnell aus.