Jäger glauben, einen guten Job zu machen, was 60 heimische Wildtierarten betrifft. Die Naturschützer wollen dabei das letzte Wort haben. Auch bei streunenden Hunden und Katzen.

Stuttgart - Die Novellierung des Landesjagdgesetzes in Baden-Württemberg erweist sich als ungewöhnlich schwierig. Das muss selbst der altgediente Abgeordnete der SPD, Alfred Winkler, zugeben. Mehr als ein Jahr lang läuft bereits das Beteiligungsverfahren, bei dem nicht nur die Jäger und die kommunalen Spitzenverbände, sondern auch Natur- und Tierschützer mit am Tisch sitzen. Entsprechend unterschiedlich sind die Vorstellungen von den Aufgaben der Jagd und des neu geplanten Wildtiermanagements. Ein Entwurf soll im Januar vorgelegt werden.

 

Insbesondere der Landesjagdverband hat mit einer groß angelegten Postkartenaktion und Diskussionsrunden auf Kreisebene versucht, Einfluss zu nehmen. Die hitzigen Debatten dort machen Eindruck auf die Abgeordneten, die das Regierungsvorhaben verteidigen. So hat sich etwa jüngst in Lauffen am Neckar der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel entgegen der bisherigen Einigung im Verfahren dafür ausgesprochen, dass Jäger weiterhin streunende Katzen und wildernde Hunde erschießen dürfen. Das hat den Landestierschutzverband empört. Unnötigerweise, wie Alfred Winkler betont und auch Reinhold Pix (Grüne) bestätigt. Denn das Problem mit streunenden Katzen werde mit kommunaler Hilfe über das vom Bundestierschutzgesetz ermöglichte Kastrationsrecht geregelt, bei den Hunden sollen wie vereinbart die Hürden höher gelegt werden.

Im Ministerium hängt der Haussegen schief

Tatsächlich ist der „Abstimmungsbedarf“, wie man das Ringen um die Eckpunkte des Gesetzentwurfs im zuständigen Agrarministerium beschwichtigend nennt, groß, und zwar nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Fraktionen. Aber auch im Ministerium hängt offensichtlich der Haussegen schief – es geht um Kompetenzen und damit um Personalstellen und um Geld. Das Problem ist: Wer wird künftig zuständig für das Wildtiermanagement – die oberste Jagdbehörde oder die Naturschutzbehörde?

Für die Natur- und Tierschutzverbände ist dies keine Frage. „Bedrohte Tierarten müssen in der Zuständigkeit der Naturschutzverwaltung bleiben“, fordern jetzt der Naturschutzbund Nabu, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Landestierschutzverband in einer gemeinsamen Mitteilung. Für sie steht „das Landesjagdgesetz auf der Kippe“ sollte künftig allein die Jagdbehörde dafür zuständig sein. Dies wäre ein „fataler Konstruktionsfehler“, das Land würde teure Doppelstrukturen aufbauen und einen Kompetenzwirrwarr schaffen, argumentieren sie.

Jagd ist keine reine Schädlingsbekämpfung

Die Jäger wehren sich. Ein Wildtiermanagement nach dem Motto „Jäger leisten und bezahlen, Natur- und Tierschutz entscheiden“, werde es mit dem Landesjagdverband nicht geben. Bislang seien die Jäger im Jagdrecht für 60 heimische Wildtierarten zuständig. Mit Erfolg, wie sie betonen. Die Jagd dürfe nicht zu „reiner Schädlingsbekämpfung“ verkommen, also der Regulierung der Population von Wildschwein, Rehen, Hirschen. Im Grundsatz stimmen alle beteiligten Verbände zwar dem sogenannten Schalenmodell zu, wonach die Tiere ins Schutz-, Entwicklungs- oder Nutzungsmanagement übernommen werden, strittig ist aber auch die Liste der Tiere und der Umgang mit den nach EU-Richtlinien streng geschützten Arten wie Luchs, Biber, Wildkatze.

CDU: Bonde zwischen allen Stühlen

Das Ministerium sieht sich nun bemüßigt, alle Beteiligten zur Mäßigung aufzurufen und den Dialog „so konstruktiv, sachlich und unaufgeregt weiterzuführen, wie das in den vergangenen Monaten erfreulicherweise der Fall war“. Ansonsten wolle man „Gerüchte oder taktische Verhandlungs-PR“ nicht kommentieren. Die CDU hingegen sieht Minister Alexander Bonde (Grüne) „zwischen allen Stühlen sitzen“. Ihm sei es offensichtlich trotz nicht gelungen, einen von allen akzeptierten Konsens herbeizuführen, meint der jagdpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Reuther.