Das neue Menschenaffenhaus in der Wilhelma wird deutlich teurer. Die Fertigstellung der Anlage verzögert sich. Das ist nicht das einzige Problem.

Stuttgart - Wenn ihnen etwas nicht passt, grunzen oder knurren Gorillas schon mal. Gemeinhin sollte man den Tieren auch mit besonderem Respekt begegnen, wenn sie ihre Zähne fletschen. Dagegen dienen Rülpslaute den Affen lediglich zur Kontaktaufnahme.

 

Wie gut, dass die in der Wilhelma lebenden Gorillas nichts von jenem Hick-Hack mitbekommen haben, der nun schon seit Jahren den Neubau des Menschenaffenhauses begleitet. Noch prägt den oberen Bereich der Wilhelma eine gewaltige Baustelle - und diese bleibt dem Zoo länger erhalten als geplant. Teurer wird die Anlage ebenfalls. In beiden Fällen ist es nicht das erste Mal, dass sich rund um das Projekt schlechte Nachrichten einstellen.

Vor fünf Jahren hatte der Zoodirektor Dieter Jauch bei den Kosten für das Projekt eine Höchstgrenze festgelegt, die keinesfalls überschritten werden dürfe: "Es muss hundertprozentig gesichert sein, dass die Kosten nicht höher werden als 13Millionen Euro." Die Vorgabe erwies sich als zu ehrgeizig für die neue Anlage, die vom Architekturbüro Hascher & Jehle entworfen wurde und Gorillas und Bonobos allein im Außengehege rund 2000 Quadratmeter Platz bieten soll. Als im Jahr 2009 die Finanzierung endlich gesichert war - das Land und der Förderverein teilten sich die Kosten - sollte das Projekt, das unter dem Titel "Tal der Affen" vermarktet wurde, 14,5 Millionen Euro kosten.

Der Affenumzug wird verschoben

Davon, dass die Affen eigentlich schon im Oktober 2009 in ihre neue Anlage umziehen sollten, war zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Rede mehr. Das Projekt stockte, es verzögerte sich, zuletzt mussten Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg geräumt werden, die Arbeiten auf dem Baugrund erwiesen sich als komplizierter als gedacht. Hinter den Kulissen knirschte es mehrfach vernehmlich, auch wenn Dieter Jauch und der damalige Finanzminister Willi Stächele (CDU) im April 2010 wohlgemut den Spaten für den Baubeginn schwangen. Nun war sogar die Rede von einem "Fünf-Sterne-Hotel" für die Affen.

Doch "all inclusive" ist manchmal teurer als gedacht. Nun bestätigt ein Sprecher des Finanzministeriums, dass die zuletzt als Kostengrenze angesehenen Baukosten in Höhe von 15 Millionen Euro ebenfalls nicht mehr zu halten seien-wegen der komplizierten Bauarbeiten. "Es entstehen zusätzliche Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro." Man gehe davon aus, dass auch die Mehrkosten je zur Hälfte zwischen dem Land und dem Förderverein der Wilhelma geteilt werde. Eine schriftliche Vereinbarung gebe es jedoch noch nicht dazu.

Fest steht jedenfalls, dass die Gorillas und Bonobos nicht wie noch Ende 2010 angekündigt im Oktober dieses Jahres in die neue Anlage einziehen werden. "Das Haus soll im April 2012 fertig sein", sagt Jauch. Anschließend sollen sich die Tiere unter Ausschluss der Öffentlichkeit drei Monate akklimatisieren. Für die Besucher beginnt die lange angekündigte Affenshow damit frühestens im nächsten Juli.

Das nächste Großprojekt - die Elefantenanlage

Auf den Tag der Eröffnung freut sich auch der Flughafenchef Georg Fundel, der als Vorsitzender dem Förderverein vorsteht. Aus seiner Sicht ist es jedoch noch nicht entschieden, dass sich der Verein an den Mehrkosten in der vom Land gewünschten Höhe beteiligt. "Wir wollen nicht weitere große Summen in die Anlage investieren", sagt Fundel. Der Manager hält sich nicht ohne Grund bedeckt: "Wir sparen bereits für die Elefantenanlage. Das wird unser nächstes Großprojekt."

Tatsächlich steht eine neue Anlage für die Dickhäuter schon seit langem weit oben auf der Wunschliste des Zoos und seiner Förderer. Doch auch hier bahnt sich eine Hängepartie an, die womöglich noch länger dauern könnte, als jene um das Menschenaffenhaus: Ob, wann genau und an welchem Ort die Elefantenanlage gebaut werden kann, hängt zunächst davon ab, wie sich die Stadt beim Bau des Rosensteintunnels entscheidet. "Erst dann können wir mit unserer Planung beginnen", sagt Dieter Jauch.

Falls der Tunnel gebaut würde - worauf momentan vieles hindeutet - müsste nach dessen Fertigstellung eine Betonplatte oberhalb der Röhre eingelassen werden. Auf dieser Grundlage könnte die Elefantenanlage entstehen. Falls sich die endgültige Entscheidung über den Rosensteintunnel weiter verzögert, würde die Wilhelma in die Röhre schauen. "Dann hängen wir in der Luft", sagt Jauch.

 Eine finanzielle Mammutaufgabe

Infolgedessen wäre nach der Eröffnung der 17-Millionen-Euro-Anlage für Menschenaffen jahrelang keine größere Weiterentwicklung möglich. Zumindest keine, die einen Besucheransturm erwarten lässt. "Eigentlich braucht die Wilhelma jedes Jahr ein Highlight", sagt Georg Fundel, der nicht nur an die Gehege, sondern auch an die Bedürfnisse der Besucher denkt: "Ich wünsche mir, dass dabei jeder Wunsch von der Wilhelma als Chance begriffen wird."

Schon heute zeichnet sich ab, dass die neue Elefantenanlage für den Förderverein eine Mammutaufgabe wird. Fundel schätzt, dass die Baukosten "über 20 Millionen Euro liegen werden". Falls es auch in diesem Fall zu einer Kostenteilung käme, würde sich die benötigte Spendensumme auf mehr als zehn Millionen Euro belaufen. Doch momentan sind das für die Wilhelma nur Gedankenspiele. Bis auf weiteres muss es der Zoo den Gorillas nachmachen und sich so gut es geht durchhangeln.