Nach dem Tod zweier Bonobos will die Wilhelmaleitung mit einer Strömungsanalyse klären, warum es im nagelneuen Affenhaus gefährlich kalte Luftzüge gibt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Es gibt aus dem Affenhaus der Wilhelma dieser Tage auch eine gute Nachricht: „Alle Tiere sind fit“, sagt der Zoochef Thomas Kölpin. Doch die Ursache für die tödlich verlaufene Erkältungen zweier Bonobos ist bislang nicht einwandfrei identifiziert und somit auch nicht beseitigt. Es wird vermutet, dass die Affen aufgrund kalter Zugluft, die durch die Lüftungsklappen ins Gebäude strömte, krank geworden waren. Für Kölpin ist es höchste Zeit, dass sich etwas ändert. „Es ist bekannt , dass die Affen extrem zugluftempfindlich sind“, sagt er. Zwei Affen hat es erwischt, einen in diesem Jahr und einen im Winter 2013/14. Auf jeden Fall ist es laut dem Wilhelma-Chef auffällig, dass seit dem Umzug ins zugige neue Affenhaus vermehrt Erkältungskrankheiten bei den Tieren aufgetreten seien. In der vergangenen Woche hatte ein weiteres Bonoboweibchen Husten, es habe sich jedoch schnell wieder erholen können, nachdem die Pfleger der Affendame Hustensaft verabreicht hatten.

 

Die Wilhelma-Leitung, das Land, vertreten durch Vermögens- und Hochbauamt, und Bauphysiker werden sich in der kommenden Woche mit Lufstrommessungen in dem 2013 eröffneten Menschenaffenhaus befassen, um zu ergründen, wie man kalte Zugluft vermeiden kann. In der dritten Februarwoche, so hofft der Biologe Kölpin, werde man Ergebnisse dieser Messungen vorliegen haben.

Pfleger bedienen die Lüftung nun manuell

Bis dahin bleibe den Pflegern nur, die Lüftungsklappen manuell zu bedienen. Denn der kalte Zug sei entstanden, als die Klappen von einer Steuerung automatisch geöffnet und geschlossen wurden – und so vielleicht zu lang oder zur falschen Zeit, als sich die Tiere direkt darunter aufhielten, offen standen. „Das geht vorübergehend, ist aber keine Dauerlösung“, sagt Thomas Kölpin. Eine Lehre zieht der Zoochef aus den Vorfällen: Bei künftigen Bauprojekten im zoologisch-botanischen Garten werde man sich Planungsbüros aussuchen, die sich mit Bauten für Tiere auskennen. „Man muss sich zuerst um die Bedürfnisse der Tiere kümmern, dann um die Gestaltung – nicht umgekehrt“, erläutert Kölpin. Als nächstes Großprojekt ist der Neubau eines Elefantenhauses im zoologisch-botanischen Garten geplant.

Die Architekten fühlen sich zu Unrecht kritisiert. „Wir bekommen schon böse Mails und werden als Affenmörder beschimpft“, sagt der Geschäftsführer Sebastian Jehle vom Berliner Büro Hascher und Jehle, das den Bau geplant hat. Über diese Beschimpfungen regen sich die Planer auf: „Wir wollen ja schließlich nicht, dass den Tieren was passiert.“ Fehler in der Ausführung könnten natürlich passieren. „Das kann man nicht immer vermeiden, und dann muss man sie eben beheben“, kommentiert Jehle. Die Klappen zum Belüften des Affenhauses seien auf Wunsch des Bauherren eingebaut worden. Dazu habe man sich lange und intensiv mit dem Bauherren (Land) und dem Nutzer (Wilhelma) abgestimmt. „Für die Entscheidung, welche Lüftung man wählt, sind wir als Architekten nicht originär zuständig“, fügt der Architekt hinzu. Grundsätzlich gebe es immer die Möglichkeit, natürlich – also mit Lüftungsklappen oder Fenstern – Frischluft einströmen zu lassen, oder über eine mechanische Lüftung. Letztere sei günstiger, für erstere habe man sich bei der Wilhelma im Affenhaus entschieden, erläutert der Planer Sebastian Jehle.

Vermögen und Bau kümmert sich selbst um die Mängel

Die Mängelbeseitigung, die die Bauherren auch in die Hände der Architekten legen können, habe das Land Baden-Württemberg respektive das Amt Vermögen und Bau selbst übernehmen wollen. „Wenn sie sich selber darum kümmern wollten, dann sollen sie jetzt aber auch nicht sagen, dass wir verantwortlich sind“, fügt Jehle hinzu.

Wer letztlich für die Fehler am Bau die Schuld trägt und für deren Beseitigung auch zahlen muss, das wird zurzeit geprüft. „Da gibt es noch keine Ergebnisse“, sagt Vera Schnatmeyer, Sprecherin des Finanzministeriums, zu dem das Vermögens- und Hochbauamt zählt. Neben den Lüftungsklappen respektive deren Steuerung sind zudem Stücke von der Betonverkleidung abgeplatzt. Die Tierpfleger hatten Sorge, dass ihre Schützlinge das Material aus Versehen aufheben und fressen könnten. Ob dies schon vorgefallen ist, ist nicht bekannt.