Sundar ist das neue Gibbonmännchen ins Schwingaffenhaus – seine Partnerin ist Kedua, die in der Wilhelma zur Welt kam. Sind Männchen und Weibchen miteinander vertraut, stimmen sie ein gemeinsames Lied an. Ob sich Kedua von ihrem neuen Gefährten wohl schon zu einem Duett überzeugen ließ?

Stuttgart - Jeden Morgen stimmen die Weißhandgibbons der Wilhelma in Stuttgart ihren charakteristischen Reviergesang an. Wer aufmerksam lauscht, kann vielleicht die feinen Veränderungen im sonst so gewohnten Klang wahrnehmen. Im Januar zog mit dem sechsjährigen Sundar ein neues Gibbonmännchen ins Schwingaffenhaus ein, das seine ganz eigene Melodie in den Zoologisch-Botanischen Garten gebracht hat.

 

Denn alle Gibbons singen ein individuelles Lied, das bei jedem einzelnen Tier anders klingt. Mit dem eindrucksvollen Gesang grenzen die Primaten ihr Revier gegenüber benachbarten Paaren und Familien ab. In ihrem Herkunftsgebiet, den dichten Regenwäldern Südostasiens, tragen die Töne kilometerweit. Gibbonweibchen Kedua, das 2011 in der Wilhelma zur Welt kam, ließ sich von ihrem neuen Gefährten allerdings noch nicht zu einem Duett überzeugen. „Sundar ist noch etwas schüchtern und verhalten“, berichtet Tierpflegerin Thali Bauer. „Er hat sich aber schon gemerkt, welches Futter Kedua mag und bringt ihr Früchte, um sie mit ihr zu teilen.“ Sogar den winterlichen Temperaturen, an die er sich eigentlich schrittweise gewöhnen soll, hat er ihr zuliebe getrotzt. „Sundar kommt aus dem Zoo Emmen und hat dort im Tropenhaus gewohnt“, sagt Bauer. „Obwohl er gefroren hat, saß er schon am ersten Tag in unserer Freianlage sehr lange draußen, um in der Nähe seines Weibchens zu sein.“

Gibbons bleiben sich ein Leben lang treu

Vor seiner Ankunft teilte sich Kedua das Revier mit ihrem Bruder Narumol. Er konnte im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms nach England in den Exmoor Zoo vermittelt werden, wo er von seiner zukünftigen Partnerin bereits mit Neugier willkommen geheißen wurde. Zeit zum Kennenlernen haben die Tiere nun reichlich. Gibbons leben – bis auf wenige Ausnahmen – monogam und bleiben sich ein Leben lang treu. Sind Männchen und Weibchen miteinander vertraut, stimmen sie auch ein gemeinsames Lied an, indem sie ihre Strophen abwechselnd in einer festen Reihenfolge singen.

In den ursprünglichen Habitaten sind die Melodien der Gibbons jedoch immer seltener zu hören. Ihre natürlichen Lebensräume werden durch Abholzung, Straßenbau und landwirtschaftliche Flächennutzung zunehmend vernichtet. Hinzu kommt die illegale Jagd für den Heimtierhandel oder die traditionelle chinesische Medizin. Wie ihre großen Verwandten, die Gorillas oder Orang-Utans, sind diese sogenannten „kleinen Menschenaffen“ daher stark gefährdet.

Der bedrohte Gibbon ist „Zootier des Jahres 2019“

Um auf die Bedrohung aufmerksam zu machen, wurde der Gibbon von der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. und dem Verband der Zoologischen Gärten e.V. zum „Zootier des Jahres 2019“gewählt. Im Mittelpunkt der Kampagne stehen zwei Projekte in Laos und Vietnam. Ziel ist es, den Lebensraum der dort beheimateten Gibbons großflächig unter Schutz zu stellen und ihre Existenz damit dauerhaft zu sichern. Durch Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit wird zudem die Bevölkerung intensiv in die Arbeit vor Ort eingebunden. Daneben fördert die Wilhelma ein Projekt im vietnamesischen Kon Ka Kinh Nationalpark zur Rettung des Nördlichen Gelbwangen-Schopfgibbons.