In der Wilhelma wurden Orang-Utans 2016 mit einem Verfahren verkuppelt, das an Dating-Apps erinnert. Mit einem ähnlichen Verfahren versucht man nun auch in Holland, zwischen Affen die Liebe zu entfachen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Liebe ist eine universelle Sprache, offenbar auch im Tierreich. Dafür spricht jedenfalls ein Experiment, das in der Wilhelma startet und über Ländergrenzen hinweg Schule macht: 2016 wurde mittels Video-Dating erstmals die Orang-Utan-Dame Sinta mit dem Affenmännchen Gempa verkuppelt. Im Tierparks Apenheul in den Niederlanden gehen Forscher jetzt ähnlich vor. Dem elfjährigen Orang-Utan-Weibchen Samboja werden aktuell Prachtkerle von Primaten auf dem Tablet vorgestellt. In Wirklichkeit wird Samboja ihre Traumaffen – anders als Sinta – vermutlich nie zu Gesicht bekommen.

 

Es war eine arrangierte Liebelei, als Sinta ihre Reise nach Belgien vergangenes Jahr zu Zuchtzwecken antrat. Doch wollte man sich vorher vergewissern, dass ihr ein Partner zugeteilt wird, der dem Affenweibchen optisch zusagt: Tierpfleger zeigten ihr in der Wilhelma Filmschnipsel von infrage kommenden Orang-Utan-Männern. Gempa hat Sinta offenbar am besten gefallen. Der erste Eindruck hat nicht getäuscht: Ende vergangenen Jahres konnten die beiden überhaupt nicht mehr voneinander lassen. Doch auch wenn Gempa Sinta im belgischen Zoo Pairi Daiza regelmäßig deckt, ist Sinta noch nicht schwanger geworden.

Laut WWF noch 65 500 Tiere

Grund für die Kupplungsaktion ist, dass Orang-Utans extrem gefährdet sind. Es gibt insgesamt nur noch rund 63 500 Tiere. Um den Bestand zu erhalten, bemüht sich das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) um Nachwuchs. Marianne Holtkötter, Kuratorin für Menschenaffen in der Wilhelma, versteht nicht, warum das Dating-App-Verfahren nicht längst systematisch angewendet wird. „Die Methode scheint zu funktionieren“, sagt sie. Beim nächsten EEP-Treffen zum Thema Menschenaffen Ende März in Münster will sie die Forschungsergebnisse der Wilhelma einer breiten Öffentlichkeit vorstellen.

Tablet aus Frust zerstört

Während Sinta und Gempa eine unvergessliche Zeit miteinander haben, wird es für Samboja in den Niederlanden wohl bei Träumereien bleiben. Denn die Biologen sind weniger an Abenteuern für die Affendame interessiert denn an Erkenntnissen über das Verhalten und die Emotionen der Tiere. Aber auch die daraus gewonnenen Lehren sollen am Ende der Arterhaltung dienen. Erste Ergebnisse nannte der Zoo „vielversprechend“. Zumindest ließen die Bilder von stattlichen Affenmännern Samboja nicht kalt: Womöglich frustriert davon, dass sie die Männchen nur aus der Ferne anhimmeln konnte, zerstörte Samboja das Tablet – und das, obwohl der Zoo das Gerät extra mit Stahl verstärkt hatte.