Der 80-jährige Denkendorfer Unternehmer Willi Drechsler ist seit 14 Jahren Honorarkonsul von Sierra Leone. Für die westafrikanische Republik stellt er unter anderem Visa und Reisedokumente aus. Außerdem hat er in dem Staat viele Hilfsprojekte angestoßen.

Denkendorf - Willi Drechsler zählt nicht zum Typ Rentner, der sich die Zeit mit spazierengehen, lange ausschlafen, fernsehen oder Kreuzworträtseln vertreibt. Nein, der 80-jährige Denkendorfer ist ein Macher, der sich auch im Ruhestand für die Gesellschaft einbringt. Und das auf eine ganz außergewöhnliche Weise: der ehemalige Geschäftsmann ist seit dem Jahr 2004 ehrenamtlicher Honorarkonsul der westafrikanischen Republik Sierra Leone und hat in dieser Zeit viele Hilfsprojekte in dem Land angestoßen. Unter anderem hat er sich maßgeblich dafür eingesetzt, dort das Feuerwehrwesen voranzubringen, indem er mehrfach Lieferungen gespendeter Lösch- und Mannschaftsfahrzeuge sowie von Feuerwehr-Equipment in das Land organisiert hat.

 

Ein „Brückenbauer“ zwischen dem Land und Sierra Leone

Das Schild am Eingang zum Haus von Willi Drechsler in Denkendorf beeindruckt Besucher durchaus. Denn man sieht auf den ersten Blick: Hier ist das baden-württembergische „Honorar Konsulat der Republik Sierra Leone“ beheimatet. Und der Konsul ist Willi Drechsler. Wobei man sich für ein solches Amt nicht bewerben kann, wie der 80-Jährige betont, „man wird von der Botschaft angefragt“. Bei Willi Drechsler war das vor rund 14 Jahren der Fall, als er gerade dabei war, sein von ihm gegründetes Denkendorfer Autohaus an seinen Sohn zu übergeben. Sich für Menschen einzubringen, war ihm schon immer ein Anliegen, zahlreiche Ehrenämter hat er schon bekleidet. „Aber ich hatte weder einen Bezug zu der Aufgabe, noch zu dem Land, für das ich sie erledigen sollte“, sagt Drechsler. Und dennoch war er neugierig, was ihn erwarten würde. Als ihn dann noch seine Frau Marta ermutigte, sich „wenigstens für fünf Jahre“ als Honorarkonsul zu engagieren, sagte er zu.

Und Drechsler hat es nie bereut, denn er hat erkannt, dass er in seiner Funktion etwas für das Land und die dort lebenden Menschen bewirken kann. Als „Brückenbauer“ zwischen Baden-Württemberg und der westafrikanischen Republik engagiert er sich für Wirtschaftsbeziehungen, den kulturellen Austausch und setzt sich für die humanitäre Hilfe in dem Land ein, das von 1992 bis 2003 von einem Bürgerkrieg gebeutelt wurde.

Nachhaltigkeit steht an erster Stelle

Bei Drechsler laufen aber auch die Fäden zusammen, wenn Menschen – auch aus anderen europäischen Ländern – ein Visum für den Besuch von Sierra Leone benötigen oder wenn Bürger der afrikanischen Republik beglaubigte Dokumente vorlegen müssen – etwa dann, wenn sie hierzulande heiraten möchten. Auch die Betreuung von Reisenden oder von Studenten, die beispielsweise an einer der beiden Universitäten in Sierra Leone studieren wollen, übernimmt der Denkendorfer – sozusagen als verlängerter Arm der Botschaft. Drei bis vier Stunden Büroarbeit kommen ihm zufolge täglich schon zusammen. Und immer wieder besucht er die Republik.

Eine „Herzensangelegenheit“ sei ihm die Entwicklungspartnerschaft mit Sierra Leone. Dabei stehe „Nachhaltigkeit an erster Stelle“, sagt Drechsler. Beispielsweise hat er in Kooperation mit der Denkendorfer Ludwig-Uhland-Schule den Bau einer Schule in Rotifunk initiiert. Inzwischen betreut die Denkendorfer Schule mit ihrem Förderverein das Projekt in Eigenregie.

Unterstützung der Feuerwehr

Ganz besonders hat er sich um den Aufbau einer schlagkräftigen Feuerwehr in Sierra Leone verdient gemacht. Nicht nur die Bereitstellung von Fahrzeugen und Ausrüstung wie Helme, Pumpen, Rohre, Schläuche und Leitern hat er organisiert, sondern er hat auch die Ausbildung von Feuerwehrleuten vorangebracht. Auf seine Initiative hin konnte sich der National Chief Fire Officer von Sierra Leone, in Stuttgart informieren, wie hierzulande Feuerwehren funktionieren, wie sie geschult werden und worauf es beim Brandschutz im Flughafen ankommt. Letzteres sei beim Ausbau des Airports in der sierra-leonischen Hauptstadt Freetown eingeflossen. Für diesen Einsatz wurde Drechsler jüngst anlässlich seines 80. Geburtstags die goldene Medaille des Deutschen Feuerwehrverbands für internationale Zusammenarbeit verliehen.

Sein Engagement in Kooperation mit verschiedenen Hilfsorganisationen habe zum Ziel, für die Menschen „Strukturen zu schaffen“, um so keine Fluchtgründe aufkommen zu lassen. Das scheint gut zu gelingen: „Bisher gibt es kaum Flüchtlinge aus Sierra Leone“, sagt Willi Drechsler.

Rund 70 Honorarkonsulate gibt es im Land

Aufgabe
Die Voraussetzung für eine Ernennung zum Honorarkonsul ist, dass der Bewerber nach seiner Persönlichkeit, seiner beruflichen Erfahrung und seiner Stellung im Empfangsstaat Deutschland für das Amt geeignet erscheint. Unter anderem repräsentiert er – wie Willi Drechsler – beispielsweise die Republik Sierra Leone in Baden-Württemberg und stellt für deren Botschaft Dokumente aus. Zudem fördert ein Honorarkonsul wirtschaftliche und kulturelle Kontakte und engagiert sich für einen Bildungsaustausch mit dem jeweiligen, von ihm betreuten Land. Allein in Baden-Württemberg gibt es rund 70 Honorarkonsulate.

Sierra Leone
liegt an der westafrikanischen Atlantikküste. In der Republik, die einst eine britische Kolonie war, leben zurzeit rund 7,5 Millionen Menschen – allein eine Million davon in der Hauptstadt Freetown. Von 1992 bis 2003 tobte in dem Land ein Bürgerkrieg, in dem etwa 100 000 Menschen starben.