Vertikale Kleinwindräder werden zunehmend nachgefragt. Nun läuft auch in Göppingen ein Genehmigungsverfahren für solche Windräder.

Göppingen - Zwischen Streuobstwiesen und Neubaugebieten könnte bald eine ganz andere Art von Windrädern aufgestellt werden als bisher am Albrand üblich. Es sind sogenannte vertikale Kleinanlagen, wie sie die Region bisher wohl noch nicht gesehen hat. Die Nabenhöhe ist knapp unter zehn Metern. Samt den Rotoren, deren Anordnung an ein liegendes Hamsterrad erinnert, beträgt die Höhe aber knapp 15 Meter. Dass ausgerechnet bei Hattenhofen im Kreis Göppingen bald vier dieser Anlagen stehen könnten, die sich besonders für die siedlungsnahe Nutzung von Windkraft eignen sollen, hat aber eine etwas verzwickte Vorgeschichte.

 

Eigentlich will nämlich nur ein einzelner Anlieger des Baugebiets Langer Morgen im Norden Hattenhofens eine Vertikalanlage aufstellen. Das findet aber sein Nachbar Karl-Heinz Greiner nicht gut. Der Abstand der Anlage zur Wohnbebauung betrage nur 30 bis 40 Meter. Außerdem seien in unmittelbarer Nähe Streuobstwiesen, ganz abgesehen davon, dass sich der Standort in einem europäischen Vogelschutzgebiet befinde, wo besondere Einschränkungen herrschten, so Greiner. Er hätte kein Verständnis dafür, sollte das Windrad genehmigt werden.

Antrag wird derzeit geprüft

Würde aber sein Nachbar eine Genehmigung dafür bekommen, dann wäre er nicht abgeneigt, seinerseits auf dem Nachbargrundstück, das ihm gehört, gleich drei dieser kleinen Vertikalanlagen zu errichten. Greiners Bauantrag ruht jedoch vorerst. "Denn wir wollen abwarten, wie es mit der Anlage des Nachbarn weitergeht", sagt er.

Dessen Antrag wird zurzeit geprüft. Zuständig ist das Göppinger Landratsamt. Im Gemeinderat von Hattenhofen kommt die Windanlage dennoch heute Abend kurz zur Sprache. "Wir sind als Anlieger auch zu einer Stellungnahme aufgefordert", erklärt der Bürgermeister Jochen Reutter, der sich ansonsten bedeckt hält. Er will die Räte nur davon unterrichten, dass die Gemeinde erst das Ergebnis der Prüfung durch das Landratsamt abwartet.

Weil mit dem Bau einer solchen Kleinwindanlage Neuland betreten würde, müsse man sehen, wie die Privilegierung solcher Anlagen gegen Anwohnerschutz und Naturschutz aufgewogen werde, erläutert Jochen Reutter. Von vornherein verteufeln will er das Vorhaben nicht. "Wenn man eine Energiewende will, muss man sich damit auseinandersetzen", sagt er.

Standort muss vorher genau analysiert werden

"Die Kleinwindanlagen sind im Kommen", berichtet Rolf Weiß. Mit seiner Firma winDual, deren Sitz in Nürtingen (Kreis Esslingen) ist, vertreibt und projektiert er deutschlandweit Windkraftanlagen verschiedener Bauarten. Die Anzahl der Anfragen habe sich innerhalb der letzten sechs Monate verzehnfacht, sagt er. Geeignet seien die Kleinwindanlagen grundsätzlich für den Außenbereich, am Siedlungsrand oder in Gewerbegebieten.

"Aber jeder Standort muss vorher genau analysiert werden, auch im Hinblick auf die Wahl der Anlage", sagt Weiß. Denn Technik und Effizienz unterscheiden sich von Anlage zu Anlage, von Hersteller zu Hersteller extrem. Am Ende bräuchten auch die besten Anlagen vor allem "ausreichende Windgeschwindigkeit und wenig Turbulenzen." Sein Vertriebsgebiet sieht er deshalb bis jetzt vornehmlich andernorts. "Ich bin viel in Norddeutschland unterwegs."

Vertikale Kleinwindanlagen drängen auf den Markt

Hoch und quer Windkraftanlagen mit herkömmlichen, an Windmühlen erinnernde Rotoren sind weitverbreitet und werden auch als horizontale Windanlage bezeichnet. Daneben gibt es die vertikalen Anlagen. Die Bezeichnung richtet sich nach der Ausrichtung der Drehachse. Vertikalanlagen sind weniger effizient als Großwindanlagen, haben jedoch den Vorteil, dass sie leiser sind. Daher eignen sie sich primär für die Nähe von Wohngebäuden. Im Außenbereich, vor allem in der Landwirtschaft, sind Rolf Weiß zufolge die effizienteren horizontalen Windkraftanlagen vorzuziehen.

Klein, aber fein Kleinanlagen produzieren bis zu 50 Kilowatt Strom. Sie sind Weiß zufolge nur dann wirtschaftlich, wenn der erzeugte Strom auch überwiegend selbst genutzt und lediglich der Überschuss in das Netz eingespeist wird. Er empfiehlt einen Eigenverbrauchsanteil von mindestens 80 Prozent. In Hattenhofen sind Anlagen mit einer Leistung von zehn Kilowatt geplant, womit sich je nach Wind und Auslastung etwa der Energiebedarf von ein bis drei Einfamilienhäusern gewinnen ließe.

Recht und gut In Baden-Württemberg sind Windräder bis zu einer Nabenhöhe von zehn Metern genehmigungsfrei, aber es gilt, andere bau- und naturschutzrechtliche Vorgaben wie den Abstand zum Nachbargrundstück und Ähnliches zu beachten und im Einzelfall zu prüfen. Außerhalb von Ortschaften ist ein Vorhaben zulässig, wenn ihm keine öffentlichen Belange entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient, also der erzeugte Strom am Standort auch verbraucht wird. Sonstige Vorhaben können aber nach Prüfung im Einzelfall ebenfalls zugelassen werden.