Mehr Windräder für die Energiewende oder besserer Schutz für die Milane? Diesen Konflikt hat Tübingens OB Palmer in der StZ thematisiert, jetzt schaltet sich auch der Ministerpräsident Kretschmann ein. Und positioniert sich klar.

Stuttgart - Die Behauptung des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer (Grüne) in der Stuttgarter Zeitung, der Konflikt zwischen dem Ausbau der Windkraft und dem Artenschutz ginge zu Ungunsten der Windkraft aus, macht Wirbel in der Landespolitik. Palmers Parteifreund Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte, er nehme die Kritik ernst und werde sich bei den zuständigen Behörden für den Ausbau der Windkraft einsetzen. Es könne nicht sein, dass der Naturschutz als Hebel missbraucht werde, um den Windkraftausbau zu blockieren. Für den Ministerpräsidenten sei klar, dass die naturschutzrechtlichen Bestimmungen gelten. Zugleich verlange er von den Behörden, „die Spielräume, die sich in dieser Rechtslage auftun, zu Gunsten des Windkraftausbaus zu nutzen“.

 

Palmer hatte kritisiert, es sei kaum noch möglich, neue Windkraftanlagen zu errichten. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte zuvor wegen einer Population von Rotmilanen das Aus für einen Windpark in Horb erklärt. Dort hatten die Tübinger Stadtwerke investieren wollen, deren Aufsichtsratschef Palmer ist.

Trittin plädiert für Augenmaß

Zur Betrachtung jedes einzelnen Falles rät auch der Spitzenkandidat der Grünen bei der Bundestagswahl, Jürgen Trittin. Pauschalregelungen seien nicht immer angemessen. „Wenn man das mit Augenmaß abwägt, dann kriegt man unter Wahrung naturschutzfachlicher Belange durchaus einen ambitionierten Ausbau der Windenergie hin“, so Trittin. Das zeigten die Erfahrungen aus Norddeutschland. Dort sei in den Windparks die Artenvielfalt sogar gestiegen. Für ein Industrieland wie Baden-Württemberg sei es von zentraler Bedeutung, die wegfallende nukleare Energie „nicht ausschließlich durch zugeführten Strom aus anderen Bundesländern zu ersetzen“. Deswegen sei Kretschmanns Ansatz richtig, „die Produktion von Windstrom in Baden-Württemberg nach langer Blockade anzuschieben“.

Auch der Verband kommunaler Unternehmen fordert eine bessere Planung. „Die Politik muss eine Güterabwägung vornehmen und klare Prioritäten setzen“, heißt es in einer Stellungnahme. Der Naturschutzbund Nabu kündigte an, gemeinsam mit der Stadt Horb artenverträgliche Standorte für Windräder zu suchen. „Wir wollen, dass sich bei Horb Windräder drehen“, sagt der Nabu-Landeschef Andre Baumann.

Ob die Stadt Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Oberbehörde einlegt, will sie im September entscheiden, erklärt Oberbürgermeister Peter Rosenberger in der StZ. Horb habe als eine der ersten Kommunen einen Nutzungsplan für Windenergie erstellt. „Nun hätte das Land die Chance gehabt, den überall bestehenden Konflikt zwischen Energiewende und Artenschutz im Petitionsausschuss exemplarisch aufzuarbeiten“, sagt Rosenberger. „Diese Chance wurde vertan.“

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