Windkraft in Baden-Württemberg Noch herrscht Flaute bei der Windkraft

Windräder bei Burladingen im Zollernalbkreis – der Ausbau der Windkraft soll jetzt beschleunigt werden. Foto: Imago//Werner Dieterich

Die Zahl der neuen Windräder ist im ersten Halbjahr 2021 in Baden-Württemberg leicht gestiegen – insgesamt aber ist das Wachstum weiter gering. Das Land hat nun eine Vermarktungsoffensive gestartet, um 500 Windräder im Staatswald zu errichten. Auch daran gibt es Kritik.

Stuttgart - Der Ausbau der Windkraft in Deutschland hat im ersten Halbjahr 2021 um 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugelegt, insgesamt sind auf dem Festland 240 neue Anlagen errichtet worden. Diese Zahlen sind am Dienstag vom Bundesverband Windenergie vorgelegt worden, einem Verbund von Herstellern.

 

Baden-Württemberg liegt mit 21 neuen Windenergieanlagen (im gesamten Vorjahr waren es zwölf) immerhin auf dem fünften Platz. Insgesamt haben die 30 000 Windräder in Deutschland eine Leistung von 56 000 Megawatt; der Beitrag von Baden-Württemberg mit seinen 800 Windrädern, die rund 1700 Megawatt erzeugen, ist da relativ bescheiden. Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) reagierte dennoch „hocherfreut“ auf die neuesten Zahlen und den Platz fünf für das Land: „Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Sie zeigt, dass wir im Land die Energiewende hin zu sauberem Strom weiter ehrgeizig vorantreiben.“

Baden-Württemberg liegt abgeschlagen weit hinten im Bundesvergleich

Dabei verschweigt die Ministerin allerdings, dass die letzten Jahre für die Windkraft in Baden-Württemberg miserabel waren – in den Jahren 2016 und 2017 gingen im Südwesten jeweils 120 Anlagen in Betrieb, danach nur noch zwischen fünf und 35. Der massive Rückgang hatte aber auch bundespolitische Gründe. Zudem liegt Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer nach wie vor abgeschlagen weit hinten – nur das kleine Flächenland Saarland sowie die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin haben noch weniger Windräder als Baden-Württemberg in Betrieb.

In der nächsten Legislaturperiode will das Land deshalb 1000 neue Windräder bauen, 500 davon im Staatswald. Bislang gibt es 85 im Staatswald. Forstminister Peter Hauk (CDU), der sich zuletzt eher skeptisch zu den Ausbauzielen geäußert hatte, hat nun am Dienstag im Kabinett vorgestellt, mit welchen Maßnahmen man den Ausbau beschleunigen wolle. Dazu gehört ein starkes Windkraftteam im Landesbetrieb Forst BW, das von drei auf zwölf Personen aufgestockt werden soll. Zunächst wird jetzt geprüft, welche Flächen sich im Staatswald grundsätzlich für die Windkraft eignen. Dann soll auch das gegenwärtige Vergabeverfahren vereinfacht und beschleunigt werden.

FDP und SPD lassen kein gutes Haar an den Plänen

Der FDP-Landtagsabgeordnete Frank Bonath übte heftige Kritik an den Plänen. Grün-Schwarz könne derzeit weder sagen, welches Potenzial es im Staatswald für die Windkraft überhaupt gebe, noch, wie stark der Artenschutz den Ausbau behindern werde. „Die Landesregierung plant den Ausbau der Windkraft ins Blaue hinein“, sagt Bonath. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte, man müsse leider davon ausgehen, dass die großen Ankündigungen der Regierung wieder kaum oder gar nicht umgesetzt würden – so dauerten die Genehmigungsverfahren derzeit oft sechs Jahre. Der Nabu befürwortet den Ausbau der Windkraft im Wald grundsätzlich, da dies wegen des Klimawandels notwendig sei. Allerdings müssten Natur- und Artenschutz bei jeder Planung angemessen berücksichtigt werden – da dürfe es keine Schnellverfahren geben.

Umweltministerin Thekla Walker verwies darauf, dass die Landesregierung in den ersten Monaten seit der Wahl bereits wichtige Schritte unternommen habe, um die Windkraft zu stärken. So sei das Klimaschutzgesetz überarbeitet worden; zwei Prozent der Landesfläche sollten für Windenergie und Freiflächen-Fotovoltaik reserviert werden.

Bundesweiter Ausbau reicht für Klimaziele nicht aus

Deutlich wird in den neuen Zahlen des Bundesverbands Windenergie übrigens auch, dass die neuen Windkrafträder immer stärker und größer werden. Jede zweite Anlage hat bereits eine Leistung von mehr als vier Megawatt. Die durchschnittliche Gesamthöhe von Windrädern wuchs auf 207 Meter.

Trotz der bundesweit positiven Zahlen äußerte sich Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbandes Windenergie, unzufrieden: „Das erneute Marktwachstum reicht nicht aus, um die Zielvorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von knapp 4000 Megawatt pro Jahr zu erfüllen.“ Auf das ganze Jahr 2021 gerechnet erwartet der Verband nur einen Zubau von 2200 bis 2400 Megawatt Leistung. Tatsächlich werde der Aufschwung der Windkraft durch „mangelnde Flächenausweisungen, unsäglich verkomplizierte Genehmigungsprozesse und den ungeklärten Artenschutzkonflikt“ gebremst.

Sylvia Pilarsky-Grosch, Landeschefin des BUND, sagte: „Über viele Jahre wurden bundesweit erst die Solar- und dann die Windenergie systematisch ausgebremst.“ Nun sei es endlich an der Zeit, konsequent Klimaschutz zu betreiben. Die Zahlen für Baden-Württemberg machten dabei Hoffnung.

Die Klimaziele im Südwesten

Programm
 Die grün-schwarze Landesregierung hat den Klimaschutz nach der erneuten Koalitionsbildung im März in den Mittelpunkt der nächsten Legislaturperiode gestellt. Bis zum Jahr 2040 soll Baden-Württemberg klimaneutral sein – das ist zehn Jahre früher als bisher geplant.

Fotovoltaik
 Ein zentrales Element, um die CO2-Emissionen zu senken, ist eine Solardachpflicht für Privatgebäude ab dem 1. Mai 2022. Auch bei größeren Dachsanierungen könnte eine Fotovoltaikanlage zur Pflicht werden. Die genauen Modalitäten sind aber noch nicht bekannt.

Windkraft
 Auch die geplanten 1000 zusätzlichen Windräder in den nächsten fünf Jahren sind ein wichtiger Baustein im Klimaschutzkonzept des Landes. Zudem sollen alle Förderprogramme künftig einen Klimavorbehalt besitzen. Geplant ist auch die Gründung eines Rats der Klimaweisen.

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