Die StZ hat mit Gegnern der Windkraft in der Region Stuttgart gesprochen und deren Argumente zusammengestellt. Befürworter der Räder, darunter der Bundesverband Windenergie, nehmen zu diesen Punkten Stellung.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Infraschall, Wirtschaftlichkeit, Tier- und Umweltschutz: Windkraft spaltet die Bevölkerung. Wir geben einen Überblick über die Standpunkte der Gegner zu den wichtigsten Themen und die Erwiderungen der Befürworter.

 

Ist der von den Windrädern ausgehende Infraschall eine Gefahr?

Die Gegner: Nicht hörbarer Schall mit einer Frequenz unter 20 Hertz kann krank machen. Solcher In-fraschall geht von allen Windrädern aus. In Dänemark sind jetzt die meisten geplanten Windmühlen zurückgestellt worden, bis die Ergebnisse einer großen Studie zur Gesundheitsgefahr von Infraschall vorliegt.

Die Befürworter: Infraschall ist ein weit verbreitetes Phänomen, das auch Autos oder die Meeresbrandung erzeugen. In allen bisherigen Studien konnte eine gesundheitliche Gefährdung nicht nachgewiesen werden. Bei Windrädern wird der Infraschall des Rades sowieso meist überlagert vom Infraschall, der direkt vom Wind ausgeht.

Wird für Windräder viel Wald zerstört?

Die Gegner: Für jede Anlage wird dauerhaft ein Hektar Wald gerodet. Das ist ökologischer Unsinn. Zudem wird die Naherholungsfunktion durch die Räder erheblich beeinträchtigt.

Die Befürworter: Der Lebensraum der meisten Tiere befindet sich weit unterhalb der Rotoren. Eine Störung besteht daher in der Regel nur während der Bauphase.

Schadet der rhythmisch wiederkehrende Lärm der Rotoren der Gesundheit?

Die Gegner: Da die Rotorblätter ständig am Mast vorbeirauschen, entsteht ein rhythmisches Wupp-wupp-wupp. Dieser nicht konstante Lärm ist für die Gesundheit deutlich schädlicher als ein gleich lautes Dauergeräusch.

Die Gegner: Es gibt Grenzwerte beim Schall, die jeder Betreiber einhalten muss. In Volllast hat ein Windrad in 200 Metern Entfernung einen Geräuschpegel von 50 Dezibel – eine ruhige Unterhaltung erzeugt 60 Dezibel.

Weht in Baden-Württemberg zu wenig Wind?

Die Befürworter: Es ist ein Schildbürgerstreich, Baden-Württemberg zum Windenergieland machen zu wollen. Das ist, als wolle man Alaska zum Weinanbauland machen.

Die Gegner: Baden-Württemberg kann nicht den gleichen Beitrag zur Windenergie leisten wie die Bundesländer im Norden; dafür weht tatsächlich zu wenig Wind. Doch gibt es gute bis sehr gute Standorte, wie im Hohenlohischen. Diese guten Standorte sollte man nutzen.

Schreiben wirklich viele Windrad-Betreiber rote Zahlen?

Die Gegner: Selbst der Bundesverband Windenergie, also der Bund der Windkraft-Lobbyisten, hat errechnet, dass rund die Hälfte der Windparks in Deutschland Verluste einfährt.

Die Befürworter: Die Rechnung ist richtig, sie berücksichtigt aber nur ältere Windparks bis 2011. Die Prognosen, was die Wind-erträge angeht, sind heute sehr viel genauer als in der Frühphase der Windkraft. Mit Windenergie kann man Geld verdienen.

Töten die Rotoren viele Vögel und Fledermäuse?

Die Gegner: In Deutschland sterben jährlich 250 000 Fledermäuse und 100 000 Vögel in den Rotoren der Windräder.

Die Befürworter: Im Planungsverfahren wird genau geprüft, ob ein Windrad sensible Arten gefährdet; teilweise wird das Windrad dann gar nicht zugelassen oder nur unter bestimmten Auflagen. So kann es sein, dass ein Windrad zum Schutz der Fledermäuse in der Dämmerung ausgeschaltet bleiben muss.

Müssen Windräder so nah an den Wohnhäusern gebaut werden?

Die Gegner: Der Abstand von 700 Metern zur nächsten Wohnbebauung ist zu gering. Auch in Baden-Württemberg sollte der Abstand gelten, den Bayern eingeführt hat: die zehnfache Höhe des Windrades muss der Mindestabstand zu den nächsten Häusern sein.

Die Befürworter: Jeder Betreiber eines Windrades muss Grenzwerte beim Lärm und beim Schattenwurf einhalten. So muss eine Anlage vorübergehend abgeschaltet werden, wenn ihr Schatten länger als 30 Minuten pro Tag auf ein Wohnhaus fällt. Die nächtliche Befeuerung wird bei modernen Rädern nur eingeschaltet, wenn sich ein Flugzeug nähert.

Ist Windenergie überhaupt ein Beitrag zum Klimaschutz?

Die Gegner: Wegen des CO2-Zertifikatehandels der EU wird jede Tonne CO2, die durch die Windräder eingespart wird, an anderer Stelle zusätzlich ausgestoßen. Zudem ergibt sich durch den Preismechanismus im Strommarkt, dass Gaskraftwerke durch ökologisch schwierige Braunkohlekraftwerke verdrängt werden.

Die Befürworter: Es ist richtig, dass der Zertifikatehandel diese Folge hat. Doch darf man dafür nicht die Windenergie verantwortlich machen. Vielmehr muss die Politik die Regeln so ändern, dass vermiedenes CO2 aus Windkraft nicht als Zertifikat weitergegeben werden darf. Grundsätzlich wird durch die Windräder natürlich CO2 vermieden.