Mit dem Deutschen Wetterdienst und der Deutschen Flugsicherung kommt es auch nach vielen Gesprächen nicht zu einer Einigung. Etwa 35 der 85 geplanten Standorte stehen deshalb auf der Kippe – und es könnten weitere Flächen wegfallen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Gleich dreifach ist der Ausbau der Windenergie in der Region Stuttgart zuletzt bedroht gewesen. Der Bund will die EEG-Vergütungen kürzen, was Windräder für Investoren weniger attraktiv macht. Wetterradar und Flugsicherung geben keine Zustimmung für rund 35 von 85 Standorten in der Region. Und mit dem Land hat es nochmals Debatten darum gegeben, ob die vorhandene Windstärke, ab der ein Standort ausgewiesen werden darf, und ob der Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung verändert werden müssen.

 

Zumindest für den letzten Punkt konnte Thomas Kiwitt, der technische Direktor des Verbandes Region Stuttgart, nun Habhaftes verkünden. Es bleibe dabei, so Kiwitt, dass der Wind in 100 Metern Höhe mindestens 5,3 Meter pro Sekunde stark sein müsse. Auch der Abstand von 700 Metern zu Wohnhäusern werde, obwohl in anderen Bundesländern teils andere Regeln gelten, nicht angetastet. Damit sind weiter 85 Standorte im Rennen; der Regionalverband muss keine Flächen streichen.

Bei manchen Standorten stehen die Investoren nicht Schlange

Dies gilt auch in Bezug auf das neue EEG-Gesetz, bei dem sich Länder und Bund vergangene Woche angenähert haben. Es bleibt zwar die Begrenzung auf 2500 Megawatt Zubau pro Jahr in ganz Deutschland; aber bestehende Räder dürfen aufgerüstet werden, ohne dass dies auf die Gesamtzahl angerechnet wird. In der Region Stuttgart betrifft diese Regelung aber lediglich etwa zwei Dutzend alte Anlagen, so dass dieses Zugeständnis der Bundesregierung keine allzu großen Auswirkungen haben dürfte angesichts von bis zu 300 geplanten Rädern auf den 85 Flächen.

Dennoch könnte das EEG-Gesetz Auswirkungen haben – denn ob sich später wirklich für alle Standorte Investoren finden, die trotz gesunkener Vergütungen Windräder bauen wollen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es kann durchaus sein, dass manche Standorte mangels Wirtschaftlichkeit nie bebaut werden.

Ein ganz großes Problem sind für Thomas Kiwitt das Wetterradar des Deutschen Wetterdienstes in Türkheim im Kreis Göppingen und die Leuchtfeuer der Deutschen Flugsicherung im weiten Umkreis des Flughafens. Trotz intensiver Gespräche habe es keine Einigung gegeben, so Kiwitt; es würden weiter alle Windräder im Umkreis von 15 Kilometern der Anlagen abgelehnt. Der Wetterdienst sieht die Aussagekraft seiner Vorhersagen in Gefahr, wenn Windräder im Radius des Wetterradars stehen. Bis zu 15 Windkraftstandorte, und zwar die größten und windstärksten in der gesamten Region, sind deshalb fraglich. Die Flugsicherung fürchtet, dass die Windräder die Signale ablenken könnten; bis zu 20 Windkraftstandorte wackeln deshalb.

Vielleicht wird der Konflikt durch Musterklagen entschieden

Der Regionalverband lässt alle diese Standorte jetzt im Plan, doch muss jedes Windrad später in die Einzelfallprüfung, wenn ein Investor konkrete Bauabsichten hat. Erst dann erklären Wetterdienst und Flugsicherung, ob sie im konkreten Fall einem Standort doch zustimmen. Manche Regionalräte waren in der letzten Sitzung darüber recht erbost – ein Investor müsse also bis zu 250 000 Euro für Vorprüfungen ausgeben, ohne zu wissen, ob er am Ende eine Genehmigung vom Wetterdienst oder von der Flugsicherung erhalte, sagte Alfred Bachofer von den Freien Wählern. Thomas Kiwitt könnte sich vorstellen, dass es auf Musterklagen hinauslaufe, um diesen Konflikt grundsätzlich zu klären.

Insofern kann man derzeit von höchstens der Hälfte aller Standorte sagen, dass dort mit hoher Wahrscheinlichkeit bebaut werden darf. Und selbst das ist nicht sicher: Der Regionalverband hat nun mit einer artenschutzrechtlichen Prüfung begonnen. Kiwitt geht davon aus, dass auch dadurch noch manche Flächen in Frage gestellt werden. Noch in diesem Jahr soll aber klar sein, welche Standorte grundsätzlich für Windkraftanlagen geeignet sind und deshalb im Regionalplan ausgewiesen werden.