Mit großem Aufwand und begleitet von heftigen Protesten örtlicher Bürgerinitiativen hat der Verband Region Stuttgart vor drei Jahren 41 Gebiete für Windkraft reserviert. Doch was als Anstoß zur Energiewende gedacht wird, verpufft.

Stuttgart - Schon fast drei Jahre ist es her, dass die Regionalversammlung nach kontroversen Debatten und begleitet von Protesten von Nachbarn 41 sogenannte Vorranggebiete für Windkraftanlagen ausgewiesen hat. Nur an diesen Standorten sollten Windräder gebaut werden dürfen, alle anderen Flächen sind tabu. Bisher stehen nach einer aktuellen Auflistung des Verbands Region Stuttgart nur an acht Standorten insgesamt 41 Windräder. Die Mehrzahl davon sind indessen Altanlagen. Neu gebaut wurden seit 2015 nur 22 Windräder auf drei Vorranggebieten.

 

Problem Landschaftsschutzgebiet

Besondere Schwierigkeiten gibt es für 13 der 41 Standorte, die in Landschaftsschutzgebieten liegen, wo eigentlich nicht gebaut werden darf. Ob diese Areale für Windkraft genutzt werden dürfen, muss in eigenen Planungsverfahren von den betroffenen Landkreisen entschieden werden. So sind im Rems-Murr-Kreis zuletzt die drei Gebiete Jux bei Rudersberg, Hörnle bei Winnenden und Kaiserstraße bei Schorndorf als Windkraftstandorte gestrichen worden. Eine Hängepartie gibt es am Standort Buocher Höhe. Dort hängt eine Entscheidung davon ab, ob die Deutsche Flugsicherung ein sogenanntes Funkfeuer wie vorgesehen in den Jahren 2020/2021 modernisiert. Momentan ist der Standort zumindest nicht genehmigungsfähig.

Auch im Kreis Göppingen fielen die Gebiete Horn-Unterdübel bei Aichelberg und Hungerberg bei Geislingen an der Steige aus der Windkraftkulisse, da das Landschaftsschutzgebiet weiter besteht. Für die Areale Raller/Pferchfeld/Pfitzer bei Wiesensteig im Kreis Göppingen und Sümpflesberg bei Ebersbach im Kreis Esslingen laufen die Verfahren noch. Somit bleiben gegenüber den regionalen Plänen von den 13 Standorten maximal acht übrig, es können aber auch nur sechs sein.

Genehmigungen vor allem im Kreis Göppingen

Andere Windkraftstandorte blieben erhalten, obwohl sie im Landschaftsschutzgebiet liegen. So wurden im Kreis Göppingen bei Lauterstein und Tegelberg bei Donzdorf bereits 19 Windräder errichtet. Am sehr umstrittenen Standort Goldboden bei Winterbach im Rems-Murr-Kreis stehen drei Windräder. Im Gebiet Harlachen bei Drackenstein im Kreis Göppingen sind fünf Anlagen genehmigt, der Bau steht noch aus. Und am Standort Hohenstadt im Kreis Göppingen werden wegen des Naturschutzes nur drei statt neun Anlagen geplant, die Genehmigung steht noch aus. Alle anderen Windräder in der Region – beispielsweise das einzige auf Markung Stuttgart am Grünen Heiner in Weilimdorf – drehten sich schon vor dem Windkraft-Beschluss der Region im September 2015.

Diese ernüchternde Bilanz wurde vor kurzem in der Regionalversammlung unterschiedlich beurteilt. „Nicht erfreulich“, so CDU-Regionalrat Jürgen Lenz. Besonders das neue Energieeinspeisegesetz (EEG), das die Förderhöhe für Strom aus erneuerbaren Energien im Wettbewerb ausschreibt, bremse, da bisher kein Gebiet aus der Region einen Zuschlag erhielt. „Der Ertrag hat sich halbiert, die Kosten sind gleich hoch“, kommentierte Lenz die Zurückhaltung von Investoren. Auch Regina Traub von der SPD machte die EEG-Gebotsrunden für die Entwicklung verantwortlich, musste sich aber wie die CDU von Christoph Ozasek (Linke) vorhalten lassen, dass es „die Berliner Koalition aus CDU und SPD ist, die die Energiewende in der Region zum Stillstand bringt“. Darüber könnten sich nur Windkraftgegner und Klimawechselleugner freuen – eine Aussage, die von den Vertretern örtlicher Bürgerinitiativen, die sich gegen einzelne Standorte stemmen, murrend zur Kenntnis genommen wurde.

Viel Wind – und jetzt Flaute

Beifall gab es dagegen für den FDP-Regionalrat Kai Buschmann. Die aktuelle Entwicklung folge der „simplen Wahrheit und dem Gesetz der Wirtschaftlichkeit, dass man Windräder nicht dort baut, wo wenig Wind weht“, sagte er – und das gelte eben für die Region Stuttgart. Für Wilfried Wallbrecht von den Freien Wählern ist es „sehr schade, wie wenig herausgekommen ist“. Zumal eine Verbesserung nicht in Sicht sei. „Die Politik hat viel Wind gemacht, jetzt herrscht Flaute“, resümierte sein Fraktionskollege Reiner Ruf.

Wegen der Hängepartie bei den Landschaftsschutzgebieten ist der geänderte Regionalplan noch nicht rechtskräftig. CDU und FDP forderten, dass das Verfahren noch in dieser Legislaturperiode bis Frühjahr 2019 zu Ende gebracht werden müsse. Die Grünen-Regionalrätin Dorothee Kraus-Prause betonte dagegen, es gebe keinen Zeitdruck. Der regionale Planungsdirektor Thomas Kiwitt kündigte, dass frühestens Ende Mai 2019 ein Beschluss gefasst werden könne. Dann fallen mindestens sechs der 41 Vorranggebiete heraus, vielleicht sogar mehr. Buschmann prophezeit: „Am Ende sind wir bei 30.“ Gestartet war die Region mit mehr als 90.