Die Gläubigerversammlung des insolventen Windkraftunternehmens Prokon hat sich mit großer Mehrheit für einen Neustart als Genossenschaft entschieden. Die EnBW, die 550 Millionen Euro für Prokon geboten hatte, geht leer aus.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Die EnBW ist mit ihren Übernahmeplänen für das insolvente Windkraftunternehmen Prokon gescheitert und will sich nun auf ihre eigenen Ausbaupläne für erneuerbare Energien konzentrieren. Bei der Gläubigerversammlung in Hamburg votierten am Donnerstag alle acht Gläubigergergruppen für den Genossenschaftsinsolvenzplan, wie Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin nach der Abstimmung mitteilte. Insgesamt hätten rund 80 Prozent der vertretenen Forderungen für diese Variante gestimmt. Damit können die Prokon-Genussrechteinhaber Mitglieder eine Genossenschaft werden, die das Geschäft weiterführt. Ein Teil ihrer bisherigen Prokon-Beteiligungen wird dabei in Genossenschaftsanteile verwandelt, ein anderer in eine Anleihe, die bis 2030 läuft und mit 3,5 Prozent verzinst werden soll. Die EnBW hatte den Prokon-Anlegern dagegen eine Barabfindung von insgesamt 550 Millionen Euro angeboten.

 

EnBW bedauert Entscheidung der Gläubiger

„Wir bedauern natürlich diese Entscheidung, denn Prokon und EnBW hätten gut zusammengepasst und gemeinsam die Windkraft in Deutschland noch stärker voranbringen können“, sagte der EnBW-Vorstandsvorsitzende Frank Mastiaux. Gleichzeitig habe die EnBW „großen Respekt“ für die Verbundenheit der Genussrechteinhaber mit Prokon. An der Strategie des Konzerns ändere sich durch die missglückte Übernahme nichts: „Wir werden uns jetzt, wie ursprünglich geplant, auf Maßnahmen vor allem des organischen Wachstums konzentrieren, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte Mastiaux. So würden in den kommenden Jahren 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert. Deren Anteil an der Stromerzeugung soll bis 2020 auf gut 40 Prozent steigen und sich damit mehr als verdoppeln. Aktuell verfügt die EnBW an Land über Windparks mit einer Leistung von knapp 200 Megawatt, mit den Prokon-Anlagen wären auf einen Schlag 537 Megawatt sowie etliche Standorte für projektierte Windparks hinzugekommen.

Die GLS-Bank, die neben dem Verein „Die Freunde von Prokon“ für das Genossenschaftsmodell geworben hatte, sieht in der Entscheidung der Gläubiger „eine gute Nachricht für die Energiewende“. Zehntausende couragierte Bürger hätten sich gegen einen Großkonzern durchgesetzt und bewiesen, dass sie ihre Überzeugung für eine nachhaltige, dezentrale Energiewende nicht durch Bargeldangebote von EnBW brechen lassen, sagte Lukas Beckmann, Vorstand der GLS Treuhand. Die GLS-Bank hatte zuletzt angeboten, Prokon-Anlegern, die auf eine schnelle Rückzahlung angewiesen sind, Anteile an der künftigen Genossenschaft abzukaufen.

Der Genossenschaft, die nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans an den Start gehen kann, stehen nach Angaben des Insolvenzverwalters Kapitalzusagen der Genussrechteinhaber von 865 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind gut 200 Millionen Euro mehr, als der Rheinisch-Westfälische Genossenschaftsverband für eine Gründung für erforderlich gehalten hatte. Damit werde das Eigenkapital der neuen Gesellschaft zusätzlich gestärkt. Die EnBW hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Prokon-Genossenschaft finanziell auf wackeligen Füßen stehe, weil sie angesichts hoher Zins- und Tilgungslasten kaum noch Luft für notwendige Investitionen in neue Windparks habe. Nun wünscht der Konzern „dem Unternehmen Prokon, seinen Mitarbeitern und Eigentümern alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft“.

Anleger haben 1,4 Milliarden Euro in Prokon investiert

Rund 75 000 Menschen hatten insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro in Prokon-Genussrechte investiert. Bei dieser Anlageform sind Investoren zwar am unternehmerischen Risiko beteiligt sind, haben aber – anders als bei einer Genossenschaft – keinerlei Entscheidungsbefugnisse. Dafür erhielten die Genussrechtezeichner im Jahr Zinsen von sechs Prozent und mehr. Einschließlich anderer Gruppierungen wie Banken, Lieferanten oder des Pensionssicherungsvereins liegt die Zahl der Prokon-Gläubiger bei rund 100 000.

Genussrechteinhaber, die sich an der Prokon-Genossenschaft beteiligen, können damit rechnen, dass sie rund 57 Prozent ihrer Forderungen zurückerhalten. Allerdings nur, wenn die Geschäfte sich wie geplant entwickeln. Beim EnBW-Angebot lag die Quote bei rund 52 Prozent.