Ein balzendes Milanpaar hat in letzter Sekunde die Pläne der EnBW für einen Windpark im Kreis Sigmaringen zunichte gemacht. Wo kam es nur her?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Gammertingen - Eigentlich war alles schon in trockenen Tüchern. Das Umweltschutzgutachten war fertig, die Windmessung erschien vielversprechend, der Genehmigungsantrag war eingereicht. Doch jetzt hat der Energieversorger EnBW sein Windkraftprojekt auf der Albhochfläche bei Gammertingen im Kreis Sigmaringen auf Eis gelegt. Seit mitten im Projektgebiet eine neue Generation hoffnungsfroher Rotmilane heranwächst, sehen die Projektierer schwarz für ihr bis zu 15 Millionen Euro umfassendes Investment.

 

Es müsse sich um eine frisch zugezogene Greifvogelfamilie handeln, meint der Projektleiter Michael Hubmann. Seit 2012 hatte ein Gutachter das kleine Waldstück untersucht, war aber innerhalb des gesetzlichen 1000-Meter-Radius um die drei geplanten Windräder niemals auf ein Brutpaar gestoßen. Und nicht nur das. Selbst die Bürgerinitiative „Mensch und Umwelt“, die gegen das Projekt kämpft, war nicht fündig geworden.

Lediglich einen verlassenen Horst hatte die eigens beauftragte Expertin der Bürgerinitiative am Rande des Plangebiets kartieren können. Weil er in den EnBW-Gutachten bis dahin nicht berücksichtigt worden war, hatte das Landratsamt die bereits für das vergangene Jahr in Aussicht gestellte Genehmigung aber noch einmal ausgesetzt. Man wolle auf Nummer sicher gehen und den potenziellen Brutplatz noch ein Jahr lang beobachten, verfügte der Fachbereichsleiter Umweltschutz, Adrian Schiefer.

Im März sorgte dann ein Hubschraubereinsatz für Aufregung. Im Tiefflug war ein Helikopter über die Wipfel gefegt, just als der Gutachter der EnBW wieder auf Milansuche war. Man habe die Tiere vertreiben wollen, riefen die Windkraftgegner. Wie sich herausstellte, flog der Hubschrauber im Auftrag der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt und sollte lediglich den Waldzustand erheben. Hätte er den Milan vertreiben sollen, wäre er höchst ineffektiv gewesen. Denn auch im leerstehende Horst wurde dieses Jahr gebrütet. Zwei Brutpaare innerhalb der Bannmeile: nach der aktuellen Rechtslage sei der Genehmigungsantrag chancenlos, sieht die EnBW nun ein. Ob das Projekt, das Strom für 7000 Haushalte liefern sollte, später noch einmal aufgerufen wird, weiß ganz allein der Wind.