Gereizte Stimmung in der Bürgerfragestunde: Der Gemeinderat hat sein Einvernehmen für drei Windräder am Standort Goldboden erteilt.
Winterbach - Der Sitzungssaal im Alten Rathaus Winterbach ist am Dienstagabend aus allen Nähten geplatzt. Die Stühle reichten bei Weitem nicht für die Zuhörer aus; die allermeisten waren wegen der Entscheidung zum Windkraftstandort Goldboden gekommen. Die Stimmung war schon gereizt, bevor die Bürgerfragestunde angefangen hatte, die Kluft zwischen Windkraftgegnern und der Verwaltung war groß. Letztere hatte vorgeschlagen, das Einvernehmen für den kleinen Windpark der EnBW am Goldboden zu erteilen. „Es ist kein Verstoß gegen öffentliche Belange gegeben“, hieß es in der Vorlage.
„Judas hat 30 Silberlinge bekommen, was bekommt die Gemeinde?“
Die Projektkritiker sahen das anders. Entsprechend erregt waren viele Fragesteller. „Judas Ischariot hat Jesus für 30 Silberlinge verraten. Was bekommt die Gemeinde, dass sie sich auf so was einlassen will?“, wollte ein älterer Herr aus Remshalden wissen. Er schlug damit in eine ähnliche Kerbe wie andere Kritiker – ihr Tenor: Winterbach gewinne durch die Anlagen nichts. Ein Punkt, den Bernd Waibel von der Bürgerlichen Wählervereinigung (BWV) später aufgriff: „Der Nutzen ist für mich, dass dieses Ding in Neckarwestheim irgendwann abgeschaltet werden kann.“
Vor allem Anwohner aus Manolzweiler wenden sich gegen die drei Windräder, welche die EnBW am Goldboden bauen will. Sie befürchten, ihr Teilort könne umzingelt werden, denn auch auf dem rund zweieinhalb Kilometer entfernten Nonnenberg könnten einmal Windräder stehen. Die Bürgerinitiative Pro Schurwald hatte in einem offenen Brief behauptet, ein Einvernehmen für das Windkraftprojekt am Goldboden sei „rechtswidrig“. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, das die Windkraft-Kritiker in Auftrag gegeben haben. Die Expertise bemängelt vor allem, dass der Bauantrag der EnBW nicht vollständig sei: unter anderem fehlten Gutachten zur geologischen und hydrologischen Situation sowie fachbehördliche Stellungnahmen. „Das Einvernehmen ist derzeit nicht zu erteilen“, schreiben die Juristen.
Der scheidende Bürgermeister ist im Urlaub
Der BWV-Rat und stellvertretende Bürgermeister Rudolf Rörich und der Bauamtsleiter Rainer Blessing verteidigten die Meinung der Verwaltung. Der scheidende Bürgermeister Albrecht Ulrich war im Urlaub – ein Detail, das vielen Zuhörern negativ auffiel. „Uns liegen alle Gutachten vor, die wir für das gemeindliche Einvernehmen brauchen“, sagte Blessing. Man könne nicht feststellen, dass das Gemeinwohl durch die Windräder beeinträchtigt werde. Daher sei der Gemeinde ein Veto unmöglich. „Der Gesetzgeber hat der Windkraft in Deutschland den Weg bereitet – und wir haben einen Eid geschworen, uns an Gesetze zu halten“, so Blessing. Auch ein Gutachten zur Windhöfigkeit, wie es die Projektgegner fordern, sehe das Landratsamt als Genehmigungsbehörde nicht als notwendig an. Die meisten Ratsmitglieder folgten dieser Auffassung: 16 von ihnen stimmten für den Windpark, drei dagegen. Dieses Einvernehmen ist zusammen mit den Stellungnahmen der Fachbehörden des Landes die Grundlage für ein Ja oder ein Nein des Landratsamts. Bauamtsleiter Blessing rechnet mit einer Entscheidung in diesem Sommer.
Die Winterbacher Zustimmung zum Standort Goldboden ist allerdings verknüpft mit einer Empfehlung, keine Windräder am Standort Nonnenberg zuzulassen. Dieser Absatz, so räumt auch Blessing ein, hat aber keine bindende Wirkung.
Umstrittenes geplantes Windkraftprojekt
Projekt:
Der Standort WN-34 liegt südlich von Winterbach auf einem Gelände am Rand des Schurwalds, das dem Land Baden-Württemberg gehört. Nachdem die Kommunalwind GmbH den Standort als unrentabel aufgegeben hatte, will die EnBW dort drei Windanlagen mit einer Leistung von jeweils 3,3 Megawatt aufstellen. Im Juli ist eine Infoveranstaltung geplant.
Bedenken: Kritiker befürchten Lärmbelästigung. Laut einem von der EnBW beauftragten Gutachten wird in den betroffenen Wohngebieten der gesetzliche Grenzwert von 45 Dezibel eingehalten. Die Furcht einiger Anwohner vor Infraschall ist dennoch groß. Laut dem Landratsamt stellen diese besonders tiefen Schallfrequenzen aber ab einem Abstand von 300 Metern keine Gefahr dar. Ein von Kritikern als fehlend bemängeltes Amphibiengutachten hat die EnBW kurzfristig nachgereicht. Ein in der Bürgerfragestunde angesprochenes Thema waren auch die Kosten für einen eventuellen Rückbau der Anlage. „Der Antragsteller muss eine Bürgschaft hinterlegen, die für den Rückbau ausreicht“, so der Bauamtsleiter Rainer Blessing. (